Olching/Gröbenzell:Wenn die Späne fliegen

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Die Schreiner im Landkreis öffnen ihre Werkstätten und zeigen den Besuchern, was den Reiz ihres Handwerks ausmacht. Das bringt zum einen neue Aufträge, zum anderen junge Interessenten an dem Beruf

Von Julia Bergmann, Olching/Gröbenzell

Seit einem Jahr steht für Tobias Breitinger fest, dass er später Schreiner werden will. Deswegen war für den 13-Jährigen klar, dass er den landesweiten Tag des Schreiners nutzen wollte, um seinen Traumberuf hautnah zu erleben. Zu den Schreinern aus dem Landkreis, die am Samstag und Sonntag ihre Werkstatttüren für Interessierte geöffnet hatten, gehören Heike Steinerstauch i9n Olching und Harald Volkwein in Gröbenzell. In Steinerstauchs Betrieb steht Tobias Breitinger mittlerweile an der Werkbank, fixiert ein Holzbrett und schnappt sich einen Hobel. "Ist es wichtig, dass man es mit Schwung macht?", fragt er und hält nach einer flotten Bewegung mit dem Werkzeug in der Hand inne. "So wie du es gemacht hast, war es schon ganz gut", sagt Steinerstauch, "bei dem braucht es eine Mischung aus Kraft und Dynamik", sagt sie mit Blick auf den Hobel. Die Schreinermeisterin, die seit 30 Jahren in ihrem Beruf arbeitet, gibt dem jungen Besucher einige Tipps, während immer wieder neue Besucher in die charmante alte Werkstatt kommen.

Für Steinerstauch und Volkwein ist der Tag der offenen Tür eine ideale Gelegenheit, um sowohl mit neuen als auch mit Stammkunden ins Gespräch zu kommen, ausführlich zu erklären, wie ihre tägliche Arbeit aussieht, und so auch bewusst zu machen, was ein handwerklich gefertigtes Möbelstück von industrieller Massenware unterscheidet. Beide sind mit der Resonanz zufrieden. Einige Besucher haben die beiden Tage bewusst genutzt, um ein neues Möbelstück in Auftrag zu geben. Bei Volkwein waren es um die 15 neue Aufträge. Zu jedem einzelnen der Kunden wird er nach Hause kommen, um die individuellen Wünsche und Bedürfnisse zu klären und Maß zu nehmen. Die Individualität, das nach Maß gefertigte Möbel mache die Arbeit des Schreiners schließlich zu etwas Besonderem.

Schreiner Harald Volkwein (an der Tafel) zeigt Besuchern und befreundeten Kollegen seine Werkstatt. (Foto: Günther Reger)

Die Art der Aufträge ist dabei völlig unterschiedlich, vom klassischen Bücherregal über einen Raumteiler bis hin zur neuen Außenfassadenverkleidung. Das gilt auch für Steinerstauch. Viele Arbeiten seien auch Änderungsarbeiten, erzählt sie und zeigt das Bilder eines düsteren massiven Schranks, den sie mit Hilfe hellen Holzes und eines modernen Entwurfs scheinbar in ein völlig neues Stück verwandelt hat. Volkwein fertigt sogar die Holzsockel für den Bayerischen Filmpreis an, die letztendlich mit Samt überzogen werden. Peter Ustinov, Doris Dörrie und Elmar Wepper haben somit eines gemeinsam: Sie alle sind im Besitz einer Volkwein'schen Anfertigung. "Ohne es zu wissen", sagt der Kreishandwerksmeister und lacht.

Was die alltäglicheren Arbeiten des Schreinermeisters angeht, seien diese zwar grundsätzlich sehr abwechslungsreich, aber es gebe seit einiger Zeit eine Tendenz weg von den noch vor einigen Jahren gefragten dunklen Hölzern, wie Nussbaum, hin zum Helleren, wie etwa Wildeiche. Auch Lackiertes wird nachgefragt, häufig in weiß. Allerdings betont Volkwein auch: "Jedes Holz hat seine Eigenarten." Auch danach richte sich, welches Material für welche Art von Arbeit geeignet ist.

Auch Heike Steinerstauch (im Hintergrund in der Mitte) zeigt den Besuchern seine Werkstatt. (Foto: Günther Reger)

In beiden Schreinereien nutzen gerade viele jüngere Besucher den Tag, um sich über eine mögliche Ausbildung oder Praktika zu informieren. Nach wie vor sei das Schreinerhandwerk bei Auszubildenden gefragt, sagt Volkwein. Mehr bei Männern als bei Frauen, weiß seine Innungskollegin Steinerstauch. Woran das aber liege, könne sie sich auch nicht erklären. Große Nachwuchssorgen wie in anderen Berufen, gebe es auf jeden Fall nicht. Diejenigen, die noch zu jung sind, um überhaupt schon ernsthaft an den Broterwerb zu denken, kommen beim Tag der offenen Tür auch nicht zu kurz. Zum einen weil es in den Werkstätten mit ihren Großmaschinen und Massen an Werkzeugen ohnehin viel zu entdecken gibt, zum anderen, weil sich die Besucher auch an kleinen Spielereien versuchen dürfen.

In Steinerstauchs Werkstatt hat die Musikerin Annette Frankowsky improvisierte und hervorragend funktionierende Xylofone aus Holzabschnitten und Schraubenschlüsseln aufgebaut. Bei Volkwein können sich Besucher an verschiedenen Stationen etwa daran versuchen, verschiedene Holzarten zu erraten oder zu schätzen, wie schwer die verschiedenen Hölzer sind. Während ihr Sohn seine Fähigkeiten auf die Probe stellt, schaut sich Sabine Kundler in Volkweins Werkstatt um. "Mich fasziniert, wie aus so einem rohen Holzschnitt etwas feines machen kann", sagt sie. In Steinerstauchs Werkstatt blickt sich Petra Juttner um, die eine neue Kommode in Auftrag gegeben hat. Den Tag der offenen Tür nutzt sie, um einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Was sie von dieser Gelegenheit mitnimmt? "Ich finde, man schätzt dann auch die Arbeit, die dahinter steckt, viel mehr", sagt sie.

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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