Beratung:Letzte Chance vor der Obdachlosigkeit

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Eingreiftruppe, wenn Verlust der Wohnung droht: Sozialpädagogin Irmgard Alefs und Leiter Heinrich Baumann von der Fachstelle Wohnen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Seit zehn Jahren hilft im Landkreis Fürstenfeldbruck die Fachstelle Wohnen, wenn Menschen Probleme mit ihrem Vermieter bekommen. Manchmal hilft aufklären, vor allem aber bitten.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Eine Scheidung oder Arbeitslosigkeit, eine lange andauernde Erkrankung - die Gründe, weshalb jemand seine Wohnung verlieren kann, sind vielfältig. Oft ist der Auslöser für eine Räumungsklage eine Anhäufung von Mietschulden. Um Menschen im Landkreis zu helfen, denen der Verlust ihrer Wohnung droht, gibt es seit zehn Jahren die Fachstelle Wohnen. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Oberbayern und der Caritas Fürstenfeldbruck, finanziert vom Landkreis Fürstenfeldbruck. In den meisten Fällen sind die fünf Sozialpädagogen bei ihrer Arbeit erfolgreich: Sie können eine Kündigung oder Räumungsklage abwenden.

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"Wir haben tatsächlich wirklich in den meisten Fällen Erfolg, die Wohnungslosigkeit zu verhindern", sagt Heinrich Baumann. Als Fachdienstleister für soziale Dienste im Caritaszentrum Fürstenfeldbruck ist er auch Leiter der Fachstelle Wohnen. "Es kommen junge Menschen zu uns, es kommen immer mehr Senioren zu uns - das hat sich in den letzten zehn Jahren verändert. Und wir haben festgestellt, dass es immer mehr die sogenannte Mittelschicht trifft". Das liege oft an den hohen Mieten im Großraum München und den stark gestiegenen Nebenkosten, fasst Baumann die Entwicklung seit der Gründung der Beratungsstelle zusammen. Der Grund für ihre Entstehung war auch schon vor mehr als zehn Jahren, dass im Landkreis rein statistisch ein großes Risiko für Obdachlosigkeit existierte, berichtet er weiter.

Empfohlen wird, nicht bis zur Räumungsklage zu warten

Daran hat sich in der vergangenen Dekade nichts geändert. Etwa 300 Fälle bearbeitet die Fachstelle Wohnen pro Jahr, wobei hinter einem Fall mehrere Einzelschicksale stecken können, da häufig Familien betroffen sind. "Wir sind sehr gut vernetzt, wir arbeiten eng zusammen mit dem Jobcenter und dem Sozialamt", erläutert Baumann, der bei der Caritas auch noch für die allgemeine Sozialberatung, das Kap - die Beratungsstelle und Unterkunft für wohnungslose Menschen - sowie die Juwo - die Beratungsstelle und Unterkunft für junge, akut wohnungslose Menschen - verantwortlich ist. Das ist praktisch, weil sich viele Probleme und Fälle in diesen Bereichen überschneiden und dann Synergieeffekte entstehen.

"Es gibt Beratungen wegen Wohnungssuche, Räumungsklage, ordentlicher oder fristloser Kündigung, Nebenkosten-Rückzahlungen", kurzum alles, was in den Themenbereich falle, zählt Baumann auf. Dabei hat er einen wertvollen Ratschlag: "Nicht warten, bis eine Räumungsklage kommt. Je früher jemand zu uns kommt, desto leichter kann man die Obdachlosigkeit verhindern", unterstreicht der Sozialpädagoge. Allerdings erreichen ihn und seine Kolleginnen auch Anfragen, wo eine Räumungsklage kurz bevor steht. Dann gilt es schnell zu handeln, Gespräche zu führen und Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Berater müssen mit dem Vermieter und Behörden sprechen und manchmal auch eine Institution finden, die kurzfristig einspringt mit einem zinslosen Darlehen oder einer anderen finanziellen Unterstützung. Die Berater, deren Büro an der Dachauer Straße 6 übrigens vom Landkreis finanziert wird, müssen vermitteln, aufklären und vor allem bitten. Und dabei immer nach kreativen Ansätzen suchen.

Im Büro in der Dachauer Straße in Fürstenfeldbruck gibt es offene Sprechstunden jeden Dienstag und Donnerstag von 8 bis 12 Uhr, in Germering, Planegger Straße 9 (Zimmer 212), jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat zwischen 9 und 11 Uhr, sowie in Puchheim jeden ersten und dritten Montag im Monat von 9 bis 11 Uhr, Alois-Harbeck-Platz 2, Amt 5

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