Nahverkehr:Viele Fahrgäste, wenig Züge

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Die S-Bahnlinie 4 in die Buchenau nutzen viele Menschen - trotzdem wird sie stiefmütterlich behandelt.

Peter Bierl

Der seit 20 Jahren angekündigte viergleisige Ausbau der Bahnstrecke bis in den Brucker Stadtteil Buchenau ist in weite Ferne gerückt: Gebaut wird nach dem aktuellen Stand frühestens von 2018 an-und nur bis Eichenau. Auch die Allianz der Bürgermeister, die sich bisher gemeinsam für einen Ausbau stark gemacht haben, bröckelt. Dafür ist nun die Diskussion darüber neu entflammt, ob sich das Angebot auf der Strecke auch ohne oder mit weniger zusätzlichen Gleisen schnell verbessern lässt.

Mit ausgelöst hat die neue Debatte der Brucker Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU), als er auf einer CSU-Mitgliederversammlung vor einem Ausbau bis Buchenau warnte, weil beim Kloster Fürstenfeld große Lärmschutzwände gebaut werden müssten. Vier Gleise bis Eichenau müssten genügen. Der Verkehrsreferent des Stadtrates, Mirko Pötzsch (SPD), sprach von einem "Paradigmenwechsel der CSU auf Ortsebene", dessen Motive "im Dunkeln bleiben", weil keine neuen sachlichen Erkenntnisse vorlägen. Die SPD hat eine Postkartenaktion für den Ausbau gestartet und allein in Bruck an die 4000 Karten am Bahnhof verteilt. Der OB habe der Stadt mit seinen Aussagen einen "kapitalen Bärendienst" erwiesen und sei der Bürgermeister-Allianz in den Rücken gefallen, rügt Pötzsch.

Das Problem des Lärm- und Landschaftsschutzes am Kloster ist nicht neu, sondern wurde im Stadtrat schon debattiert. Ebenso, dass der Bahndamm zwischen Eichenau und Emmering, der verbreitert werden müsste, sehr hoch aufragt und dass in Bruck die Trasse durch sumpfiges Gelände führt und über die Amper geführt werden muss. Das sind technische Probleme und finanzielle Fragen, vielleicht ginge es ja zwischen Bruck und Buchenau auch mit drei Gleisen oder moderner Steuerungstechnik.

Der Kreistag forderte am Donnerstag jedenfalls einstimmig vier Gleise bis in die Buchenau. Noch im Sommer 2009 hatte auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) einen Ausbau bis Buchenau als notwendig bezeichnet, um mehr als einen 15-Minutentakt anbieten zu können. Erst im Februar 2010 erklärte das Ministerium das für zu aufwendig und teuer. Nach Ansicht Pötzschs wäre ein Zehn-Minuten-Takt möglich, wenn bloß einige Gleisstellen gebaut würden, an denen Regionalzüge überholen können. Die S20 könnte im 20-Minutentakt als Verstärker fungieren. "Alles auf den Sankt-Nimmerleinstag mit nicht nachvollziehbaren Argumenten zu verschieben, keine Zwischenschritte zu planen und womöglich derzeit schon umsetzbare Verbesserungen außer Acht zulassen, das geht nicht", so Pötzsch.

Tatsächlich hat sich das Angebot auf der S4 in den letzten Jahren sogar verschlechtert. Seit Dezember 2009 setzt der MVV weniger Langzüge im Berufsverkehr ein. Und das, obwohl die S4 deutlich stärker frequentiert ist als andere, besser versorgte S-Bahn-Äste. Zählungen des MVV in der Zeit von 2007 bis 2009 haben ergeben, dass an Werktagen 27400Fahrgäste die Linie nach Herrsching benutzen und 22400 die Züge nach Mammendorf. Allein zwischen Geltendorf und Puchheim waren es damals 30300. Den neuen Zahlen des Wirtschaftsministeriums zufolge drängen sich auf diesem Abschnitt inzwischen rund 36700Fahrgäste in den Zügen der S4. Noch einmal mehr als 7000Pendler steigen in Aubing und an der Leienfelsstraße zu. Auf der Linie S8 (Herrsching) und der S3 (Mammendorf) verkehren aber mehr Züge-und das zum Teil im Zehnminutentakt.

Dass die Strecke nach Bruck im Vergleich zu der nach Mammendorf stiefmütterlich behandelt wird, hat auch mit der unterschiedlichen überregionalen Bedeutung zu tun. Die über Bruck führende Verbindung nach Lindau ist zwar für die Schweiz wichtig. Die Strecke zwischen Pasing und Augsburg aber, die bald durchgehend viergleisig ausgebaut sein wird, ist Teil der europäischen Magistrale Paris-Budapest - ein Großprojekt, zu dem auch Stuttgart21 gehört. Ein anderes Großprojekt ist mitverantwortlich dafür, dass der viergleisige Ausbau der S4 erneut zurückgestellt wurde: Der Bau der zweiten Stammstrecke in München verschlingt so viel Geld, dass für kleinere Projekte kaum mehr etwas übrig bleibt.

© SZ vom 26.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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