Musik:Rasierblatt mit Raucherlunge

Lesezeit: 3 min

Zur Gröbenzeller Musiknacht kommen weniger Besucher, weil die Open-Air-Konzerte fehlen

Von Valentina Finger, Gröbenzell

Wer regelmäßig die Gröbenzeller Musiknacht besucht, dürfte mit einigen Konstellationen vor Ort vertraut sein: In vielen Lokalen setzt man seit Jahren auf dieselben Musikacts, und zumindest die zentralen Orte, an denen man mit einem Auftritt rechnen kann, bleiben Jahr für Jahr gleich. Bei der 14. Gröbenzeller Musiknacht, die am Samstag stattfand, gab es aber ein paar Überraschungen. Manche Neuheiten wie erstmalig oder wieder etablierte Veranstaltungslocations waren gut. Bei anderen Änderungen traf das allerdings eher weniger zu: Zwei normalerweise stark besuchte Open-Air-Konzerte fanden aufgrund des Wetters in diesem Jahr nicht statt. Wohl aus demselben Grund, und weil es am Wochenende einige konkurrierende Events im Landkreis gab, zogen mit circa 2000 Besuchern diesmal auch nur halb so viele Musikfans wie im vergangenen Jahr mit ihren Bändchen durch Gröbenzell.

Dass es am Veranstaltungsabend regnen würde, war den Wetterberichten zufolge absehbar. Deswegen hatte Thomas Breitenfellner, der die Musiknacht von Anbeginn an veranstaltet, den Aufbau der großen Freiluftbühne auf dem Bahnhofsplatz auch von vornherein von den Wetterverhältnissen am Samstagnachmittag abhängig gemacht. Was das Wetter an den Musiknacht-Samstagen angeht, hat Breitenfellner über die Jahre hinweg eine interessante Beobachtung gemacht. "Alle vier Jahre regnet es bei der Musiknacht und zwar immer dann, wenn wir sie wegen der WM ein paar Wochen nach hinten verlegen müssen", sagt er. Für das nächste Mal gibt es in diesem Sinne also bereits Entwarnung: 2019 wird die Musiknacht aller Voraussicht nach wieder an ihrem angestammten Termin Anfang Juli stattfinden können.

Am vergangenen Samstag wurde auf dem Bahnhofsplatz jedoch im Endeffekt nichts aufgebaut. "Live Time", die in diesem Jahr anstelle der beliebten Partyband "Rockaholixs Buam" auf der Bühne gestanden wären, traten nicht auf. Aus dem anhaltenden Regen zogen auch andere Teilnehmer bereits vorab Konsequenzen: Während die Gröbenzeller Band "The Rocks" gewöhnlich für Straßenfest-Stimmung vor dem Schmelzer's sorgt, war der Platz vor der Tagesbar dieses Mal leer. Das Eiscafé Ciccino war, wie bereits im vergangenen Jahr, generell nicht dabei und die Kirchenstraße, die eigentlich das Herz der Musiknacht bildet, folglich bis auf wenige Umherziehende quasi ausgestorben.

Einzig vor der Bühne am Dönerparadies rücken einige Besucher unter ihren Regenschirmen zusammen. Der kleine Imbiss war diesmal erstmals als Veranstaltungsort dabei. Dort spielt das Trio "Tequiba" aus Ecuador Latin-Musik und Traditionelles aus Südamerika inklusive Panflöten-Soli, in den Pausen legt ein DJ auf. Nach einer längeren Auszeit nahmen diesmal auch die Gröbenlichtspiele wieder einmal an der Musiknacht teil. Mit Saxofon und Cajon bringt das Quintett "Elkamomo" dort das nach Popcorn duftende Foyer des Programmkinos zum Klingen. Ebenso unbeeindruckt vom Regen zeigen sich auch die Gäste im Meteora. Jeder Tisch auf der überdachten Restaurant-Terrasse ist besetzt, während Kirios Giorgos und sein Kollege mit griechischen Melodien und Tänzen von Sirtaki bis Rembetiko aufspielen.

Am meisten los ist in den drei Lokalen um die Kirchenstraße herum, wo auch im Trockenen gefeiert werden kann. In der Hexe steht die Blues-Gruppe "Mel Canady & Chessboard" auf der Bühne. Die Stimme von Bandleader Mel klingt wie ein Rasierblatt mit Raucherlunge, wodurch sogar ein bisschen Jazz-Club-Flair aufkommt. Im Wirtshaus gibt es Rockiges von "Six Across", wozu einige Gäste, wenn auch von anderen noch etwas skeptisch beäugt, bereits ungeniert tanzen. In der Alten Schule haben sich "Brake Together" in einer Ecke des gut besuchten Gastraums eingerichtet. Dort wird zu Cover-Songs wie "Mustang Sally" getrunken, gegessen, gewippt. Eher andächtig gelauscht wird stattdessen um die Ecke im Bürgerhaus: Dort tritt das Puchheimer Jugend-Jazz-Streichorchester "Bluestrings" auf, in reduzierter Besetzung zwar, aber mit seinem charakteristischen Sound zwischen klassisch und cool.

Wiederbelebt wurde für die diesjährige Ausgabe das Gewerbegebiet um die Oppelner Straße. Die Gegend bildet bereits seit einigen Jahren neben der Kirchenstraße den zweiten Kern der Musiknacht. Jenseits der beiden Zentren liegen nur wenige teilnehmende Lokale. Zuletzt fiel das Konzertangebot im Industriegebiet jedoch eher überschaubar aus. Das war dieses Jahr anders. Vor einem gut gelaunten Publikum spielt im Stockwerk erwartungsgemäß die 13-köpfige Soulband "The Troubleshooters" und an der Harder-Völkmann-Orgel am hintersten Ende der Musiknacht-Route sitzt Christoph Hauser, der sich mit Marika Falk und ihren Trommeln durch die Musikgeschichte spielt.

Wieder dabei waren nun auch wieder der Gourmetpoint und das Tutti Gusti. Bei ersterem herrscht Lagerfeuerstimmung: Für den Südstaaten-Sound sorgt Erik Berthold mit seiner Gitarre, für den Rauch der große Barbecue-Smoker. Im Tutti Gusti riecht es vielmehr nach Fisch. Statt Piazza-Atmosphäre auf dem Parkplatz gab es in diesem Jahr nämlich ein Konzert zwischen Biertischen und Pasta-Regalen in der Markthalle. Dort tritt das "Duo Habanero's" auf. "Love is in the Air" singen die beiden Musiker ihren zahlreichen Zuhörern zu. Und jene tanzen so ausgelassen, dass sie gewiss für den Moment vergessen haben, dass draußen bei dieser Musiknacht eigentlich eher Regen in der Luft lag.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: