Mammendorf/Puchheim:Pferde, Kühe, Yoga

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Die Erlebnisbäuerinnen Dragica Langmann und Michaela Höfel bringen Kindern, Senioren und Menschen mit Behinderungen das Leben auf einem Hof nahe. Zu diesem Zweck haben sie noch einmal eine Ausbildung gemacht

Von Johanna Pfaffenzeller, Mammendorf/Puchheim

Die Pferde des Pensionsstalls der Familie Langmann in Mammendorf stehen gelassen in der Kälte, ab und zu hört man das Blöken zweier Schafe aus einem Holzgehege. Das alte Bauernhaus ist umrahmt von knorrigen Bäumen. Zu diesem Szenario gehören mittlerweile viele Kinder, denn der Hof ist jetzt offiziell eine Lern- und Erlebniswelt. Seit Dragica Langmann die Ausbildung zur Erlebnisbäuerin erfolgreich absolviert hat, darf sie ihren Bauernhof so nennen. Oft begrüßt sie nun Kinder auf ihrem Hof, die einen Tag lang das Leben auf dem Bauernhof hautnah erleben können.

Die 50-Jährige ist nicht nur Erlebnisbäuerin, sondern auch Yoga-Lehrerin. Das lässt sie in ihr Konzept einfließen. Außerdem hat sie sich, bei einem Pferdehof naheliegend, auf die Arbeit mit Pferden spezialisiert. Auch bietet sie nur Gruppen für Kinder an. Ihr ist es besonders wichtig, dass die Besucher mit der Natur in Berührung kommen. Ihrer Meinung nach können sie im direkten Umfeld mit viel mehr Spaß lernen. "Vieles, was die Kinder hier erfahren, vergessen sie nie wieder", sagt die Bäuerin. "Sie werden nie versuchen, einem Pferd Gummibärchen zu füttern."

Landleben besonders: Wenn Dragica Langmann ihre Yoga-Übungen macht, schauen nicht nur Pferde interessiert zu. (Foto: Günther Reger)

Marianne Heidner, Leiterin der Landwirtschaftsschule Fürstenfeldbruck, sagt, dass die Erlebnisbauernhöfe spielerisch Wissen über Landwirtschaft vermitteln. "Die Kinder haben oft überhaupt keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft und wissen nicht, woher die Lebensmittel überhaupt kommen", erklärt Heidner. Die Ausbildung können alle aktiven Landwirte mit eigenem Hof antreten. Die Ausbildung umfasst 16 Unterrichtstage, die über ein Jahr verteilt sind. Dabei werden den Bauern und Bäuerinnen Wissen aus den Bereichen Pädagogik, Kundenbetreuung und Marketing vermittelt. Außerdem lernen sie, ihre Programme den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer Besucher anzupassen. Mit dem Konzept werden gezielt drei Gruppen angesprochen: Kinder, Senioren und Menschen mit Behinderung. Fünf Erlebnisbauernhöfe gibt es im Landkreis, alle mit unterschiedlichem Programm. Meistens, so Heidner, spezialisieren sich die Höfe auf ein Themengebiet. Betriebe mit Milchkuhhaltung beispielsweise behandeln Milch und ihre Verarbeitung, Getreidebauern die Ernte. Oft, so die Schulleiterin, werden die Produkte auch zusammen verarbeitet und gegessen.

Michaela Höfel, die ebenfalls die Ausbildung abgeschlossen hat, bietet auf dem familieninternen Biobauernhof Unglert in Puchheim Erlebnistage für Kinder, Behinderte und ältere Menschen an. Da der Hof sehr viele Schweine, Kühe, Pferde und Schafe, hält, hat sie sich nicht spezialisiert, sondern passt ihr Konzept der Vielfalt an. Sie ändert sie ihr Programm für jede Gruppe. Senioren wollen viel über die Geschichte des Bauernhofes erfahren und suchen eher das Gespräch. Für geistig Behinderte ist der Kontakt mit den Tieren wichtiger. "Bei Kindern mischt sich das alles etwas", erklärt Höfel. "Wir hatten aber auch schon mal eine reine Bubengruppe da, die waren dann eher an den Maschinen interessiert", erzählt sie. Immer wichtig sei es aber, die Sinne der Besucher anzusprechen. Sie dürfen die verschiedenen Tiere des Hofes anfassen, füttern und auf die Weide treiben.

Die Besonderheit bei Langmanns Konzept ist, dass auch Yoga ein wichtiger Bestandteil des Programms ist. Sie hat dafür extra ein Zimmer mit Matten, Kissen und Decken eingerichtet. Die dichten, roten Vorhänge dämmen das Licht. In den Yoga-Stunden garantiert der Holzofen eine angenehme Atmosphäre. Bei schönem Wetter weicht Langmann aber auf die Terrasse aus. Umrahmt von Büschen und Bäumen können Buben und Mädchen, passend zum Thema Bauernhof, nach Tieren benannte Übungen machen, wie Katze, Hund oder auch Pferd. Meditation kann man, so Langmann aber auch mit dem Reiten verbinden. Die Kinder sollen sich dabei auf den Rhythmus des Pferdes konzentrieren und dessen Bewegungen spüren. Außerdem kann man das Gleichgewicht auf dem Pferderücken trainieren und auch leichte Dehnübungen machen.

Grundsätzlich versucht die Erlebnisbäuerin die Aufmerksamkeit der Kinder auf bestimmte Dinge zu lenken. Sie fordert sie auf, der Umwelt zu lauschen oder das Fell der Pferde zu fühlen. Dadurch schärft sie die Wahrnehmung der Kinder. "Ich will vor allem ihre Achtsamkeit stärken. Sie sind hier auch mal still und nachdenklich, wenn sie sich auf die Geräusche im Pferdebauch konzentrieren müssen", erklärt die Erlebnisbäuerin. Bei den Erlebnistagen geht es aber nicht allein um die Tiere. Auch wird gemeinsam gekocht und gegessen. "Sie sind wie meine Kinder, nur muss ich sie nicht erziehen", erzählt Langmann mit einem Lächeln. In der Küche hängt sogar ein Plakat, auf dem die Kinder mit Bildern und bunten Stiften festgehalten haben, was ihnen besonders gefallen hat.

Auch Michaela Höfel weiß Besuchern das Hofleben nahe zu bringen. (Foto: Günther Reger)

Dragica Langmann bietet solche Erlebnistage schon einige Jahre lang an. Mit der Ausbildung wollte sie dazulernen. Jetzt, sagt sie, sei ihr Konzept rund und lückenlos. Auch Höfel hat die Ausbildung viel geholfen. "Man fühlt sich fit bei dem, was man macht", erklärt sie. Am Montag überreicht Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner den beiden Bäuerinnen ihre Urkunden.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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