Grafrath:Abend mit den Gebrüdern Grimm

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Eine Ausstellung zum Thema Märchen gab es 2011 im Museum Fürstenfeldbruck. (Foto: Günther Reger)

In der Michaelkirche findet eine Märchenlesung statt. Kommen darf, wer mindestens zehn Jahre alt ist. Meistens aber interessieren sich Erwachsene.

Von Verena Lohr, Grafrath

Für die meisten liegen die Abende, an denen die Eltern eine Geschichte aus der Sammlung der Gebrüder Grimm vorlasen, schon lange zurück. Märchen werden oftmals als nicht mehr zeitgemäß angesehen und rücken daher immer weiter in den Hintergrund der Einschlafroutine. Oftmals steht die Frage im Raum, ob die Moral, die die Geschichte aufwirft, vertretbar ist, und ob diese ohne Bedenken weitervermittelt werden kann. Haben Märchen noch eine Daseinsberechtigung?

Martina Weigert ist ausgebildete Märchenerzählerin. Sie ist am Samstag, 25. Februar, 20 Uhr, Mitveranstalterin des zwölften Märchenabends von 20 Uhr an in der Michaelkirche Grafrath. Um nachempfinden zu können, warum ihr die Geschichten so am Herzen liegen, ist es wichtig zu verstehen, was Märchen eigentlich sind. Wie Sagen und Legenden waren sie bis ins 19. Jahrhundert ausschließlich Literatur für Erwachsene. Sie sind Geschichten, welche über Jahrtausende mündlich weitergegeben wurden.

Martina Weigert, Märchenerzählerin. (Foto: privat)

So verändern und entwickeln sie sich durch ihre Erzähler immer weiter und spiegeln deshalb in ihrer Sprache als auch der Symbolik gesellschaftliche Prozesse wider. Märchen hatten eine sehr wichtige sozialpolitische Funktion. "Sie konnten durch ihre Symbolik ungestraft Kritik an herrschenden Systemen üben", sagt Folke Tegetthoff von der Institution "Elternbildung". Erst die Gebrüder Grimm führten den Einsatz von Märchen in die Kinder-Erziehung ein, indem sie die ursprünglich erwachsenen Geschichten moralisierten und zensierten. "Grimms Märchen" vermitteln zwar nicht mehr die Themen, welche für die heutige Erziehung essenziell sind, jedoch lassen sie durch ihre alte Sprache und die besondere Erzählweise Bilder im Kopf der Zuhörer entstehen. Für Martina Weigert sind Märchen immer noch und gerade für Erwachsene "gegenwartsnah".

Das Thema des anstehenden Märchenabends lautet daher: "In den alten Zeiten, da das Wünschen noch geholfen hat ...". Dies ist der erste Satz des ersten Märchens in der Sammlung der beiden Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Auch wenn die Veranstaltung bereits von zehn Jahren an besucht werden kann, so ist das Publikum, welches Martina Weigert, Monika Bodenmüller, Jacqueline Jakob, Daniela Sutter, Monika Bartenstein und Michael Asmussen an diesem Abend zuhören wird, eher zwischen 30 und 80 Jahre alt. "Märchen sind Entwicklungsgeschichten. Sie erzählen von Erfahrungen, die jüngere Menschen noch nicht gemacht haben", so die ausgebildete Märchenerzählerin.

Was für Weigert aber für Märchen spricht, ist, "dass sie passend für die jeweilige Altersklasse ausgewählt und durch das Erzählen an die Dynamik angepasst werden können." Wenn ein Märchen also zu brutal ist, so kann sie es weniger gewaltsam erzählen. Jeder fühlt Märchen unterschiedlich. Je nach Lebenssituation berühren sie immer anders. So besuchen die Märchenabende immer wieder neue Interessierte.

Ziel ist es also nicht, den adäquaten Umgang mit Mobbing im Kindergarten, die Angst vor Trennungen oder die Eigenständigkeit zu vermitteln, sondern den Besuchern ein Bild in den Kopf zu zaubern, sich gemeinsam über die geweckten Gefühle zu unterhalten, die begleitende Musik mit Harfe und Hackbrett von Silvia Ippenberger und Stephan Weiser zu genießen und dem Publikum "einfach einen schönen Abend zu machen".

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