Lokalpolitik:Puchheimer dürfen mehr mitreden

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Monika Arzberger, Expertin für Konfliktklärung, hat die Stadt zum neuen Beirat beraten. (Foto: Marco Einfeldt)

Stadtrat stimmt dafür, einen "Beteiligungsbeirat" einzurichten. Die neun Mitgliedersollen prüfen, wie mit Vorschlägen aller Art weiter verfahren wird

Von Peter Bierl, Puchheim

In Puchheim gibt es künftig einen Rat für Bürgerbeteiligung. Das Gremium soll Eingaben und Vorschläge von Einwohnern anhand eines Kriterienkatalogs prüfen und über ihre weitere Behandlung entscheiden. Der Rat soll aus neun Personen bestehen, von denen vier ausgelost und fünf vom Stadtrat ernannt werden. Das neue Forum wurde am Dienstag einstimmig vom Stadtrat beschlossen. Bedenken gab es lediglich gegen einen so genannten Beteiligungscheck für alle städtische Vorhaben.

Die Kommune möchte eine "von allen Teilen der Stadt getragene Beteiligungskultur" schaffen, wie es in der Vorlage heißt. Die Verwendung des Begriffs Beteiligung statt Bürgerbeteiligung soll signalisieren, dass nicht nur wahlberechtigte, erwachsene Deutsche, sondern auch Kinder und Jugendliche sowie Geflüchtete mitmachen sollen, erklärte Bürgermeister Norbert Seidl (SPD). Der Stadtrat hatte bereits im Sommer 2020 beschlossen, dafür Leitlinien aufzunehmen.

Im Oktober 2020 nahm eine fünfzehnköpfige Arbeitsgruppe von Einwohnern unter Leitung von Monika Arzberger, einer Expertin für Konfliktklärung, die Diskussion auf und erarbeitete in mehreren Sitzungen das Konzept. Der Grundgedanke ist, dass Menschen aus der Stadt, aber auch Vereine und Verbände sowie die bestehenden Beiräte Vorschläge aller Art einbringen können, die von einem Büro für Bürgerbeteiligung geprüft werden. Handelt es sich um schlichte Mängel, etwa eine defekte Straßenlaterne, geht die Meldung an die zuständige Abteilung der Verwaltung weiter. Handelt es sich um Vorschläge, die in die Kompetenz des Stadtrats fallen, muss dieser sich damit beschäftigen. Bei Anregungen, die im eher privaten Bereich anzusiedeln sind, etwa dem Vorschlag, in einer privaten Wohnanlage einen Spielplatz einzurichten, könnte ein Runder Tisch oder eine Anwohnerversammlung einberufen werden. Für die Zuordnung der einzelnen Vorschläge ist der Beteiligungsrat verantwortlich. Dieser entscheidet auf der Grundlage eines Kriterienkatalogs, den Arzberger in der Sitzung im Detail vorstellte.

Dabei verwies die Expertin auch auf die gesetzlich ohnehin vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren etwa bei der Ausweisung neuer Baugebiete hin sowie die diversen Beiräte. Sowohl Arzberger als auch die Fraktionssprecherin der Grünen, Gisella Gigliotti, plädierten dafür, dass der Beteiligungsrat hinter verschlossenen Türen tagt. Arzberger argumentierte, das Gremium brauche einen "Schutzraum", während Gigliotti verhindern möchte, dass Stadträte teilnehmen und sich in die Debatten einmischen. Der Beteiligungsrat würde prüfen, was mit dem Vorschlag erreicht werden soll, welche Gruppen betroffen wären, wie die Rahmenbedingungen aussehen, wer einbezogen werden müsste, welche Methode am besten geeignet wäre, welche Kosten entstünden und wie lange der Prozess dauern würde. Daraus würde schließlich ein Vorschlag an den Stadtrat formuliert, der ohnehin das letzte Wort hat, weil er entscheidet, ob zu einer bestimmte Frage eine Bürgerbeteiligung eingeleitet wird oder nicht.

Der Beteiligungsrat soll zwei Jahre im Amt bleiben, sich alle drei Monate treffen oder wenn fünf Vorschläge eingegangen sind. Die Mitglieder würden eine Aufwandsentschädigung erhalten wie die Beiräte der Kommune. Die Geschäftsführung des neuen Gremiums würde eine Mitarbeiterin der Rathausverwaltung übernehmen, die auch für die Vorbereitung und Leitung der Sitzung zuständig sein soll.

Die CSU-Fraktionsvorsitzende Karin Kamleiter äußerte Bedenken gegen einen obligatorischen Beteiligungscheck für alle städtischen Vorhaben, zusätzlich zu einem Klima- und einem Nachhaltigkeitscheck. Das wäre "zu aufwendig", sagte sie. Der Bürgermeister ergänzte, dass auch ein Finanz- und ein "Bodycheck", also die Frage nach ausreichendem personellen Kapazitäten, notwendig seien, ist aber zuversichtlich, dass die Verwaltung das stemmen kann. Dennoch votierte fast ein Drittel der Stadtratsmitglieder gegen den Beteiligungscheck.

© SZ vom 02.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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