Literatur:Schuld ist der Mond

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Fürstenfeld gibt es nun, weil Herzig Albrecht der Strenge der Klosterbau als Buße auferlegt wurde. (Foto: Matthias F. Döring)

Zeitschrift "Amperland" widmet sich Klöstern Fürstenfeld und Indersdorf

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die ehemaligen Klöster von Fürstenfeld und Indersdorf (Landkreis Dachau) haben einiges gemeinsam. Die jeweilige Gründungslegende besagt, dass ein Papst einem Wittelsbacher die Einrichtung als Sühne auferlegt habe. Die Stiftung von Fürstenfeld 1263 wäre demnach ein Akt tätiger Reue von Herzog Albrecht dem Strengen gewesen, der aus Eifersucht seine Frau ermorden ließ, während Papst Calixtus II. dem Pfalzgrafen Otto I. ein Kloster in Indersdorf nahelegte, weil dieser Heinrich V. begleitet hatte, als der König anno 1111 in Rom seinen Vorgänger auf dem Stuhl Petri kidnappte, um ihm im Streit um die Einsetzung von Bischöfen und Prälaten seine Bedingungen aufzuzwingen.

Tatsächlich trafen die Wittelsbacher Herzöge in beiden Fällen eine strategisch motivierte Standortentscheidungen im Dienste dynastischer Expansion. In Fürstenfeld handelte es sich um die Sicherung des Territoriums in Richtung Westen, in Indersdorf sei es um die Herrschaft im Schnittpunkt zwischen den damaligen Grafschaften von Dachau und Freising gegangen, schreibt Wilhelm Liebhart in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Amperland.

Die Doppelnummer ist dem 900. Jubiläum der Stiftung von Kloster Indersdorf durch Calixtus gewidmet, der am 25. Juni 1120 eine Urkunde ausstellte, in der er Otto bescheinigte, an der Entführung nicht persönlich beteiligt gewesen zu sein. Sämtliche Aufsätze in diesem Amperland-Heft widmen sich der Geschichte der Klosters und seiner Bewohner. Die Beiträge sind gut recherchiert und geschrieben, sehr informativ und ansprechend illustriert anhand von alten Stichen und Plänen sowie aktuellen Fotos der Anlage sowie aus dem Inneren der Klosterkirche.

Zwei weitere Parallelen stechen hervor: Fürstenfeld wie Indersdorf blieben dem bayerischen Herrscherhaus eng verbunden und dienten zeitweise als Hausklöster. So wurden in Indersdorf sieben Familienmitglieder der pfalzgräflichen Linie der Wittelsbacher beigesetzt. Die schon etwas maroden mittelalterlichen Anlagen beider Klöster wurden Ende des 17. Jahrhunderts, nachdem sich die Orden von den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges erholt hatten, durch prunkvolle barocke Neubauten ersetzt. Die Anlage von Indersdorf beschreibt der Historiker Lothar Altmann in einem gelungenen Beitrag.

Eine wesentliche Differenz beider Klöster bestand in den Aktivitäten der Mönche abseits der Sorge um das Seelenheil der Herrscher. Die Zisterzienser in Fürstenfeld waren vor allem geschäftstüchtig, wie die Dauerausstellung im Fürstenfeldbrucker Museum eindrucksvoll belegt. In Indersdorf waren die Augustiner Chorherren am Werke, die keinen so strengen Regeln unterlagen, als Adelige ihre gewohnte Lebensweise pflegen konnten, wie Liebhart schreibt, und sich später auch der Wissenschaft widmeten. So zählte der Pater Augustin Liebhard Michel (1652-1751) zu den angesehensten Rechtsgelehrten seiner Zeit.

Helmut Gier berichtet über die Bibliothek des Hauses, die mit etwa 500 Handschriften und 140 Büchern, die vor dem Jahr 1500 gedruckt wurden, zu den größten des Ordens in Altbayern zählte. Zur barocken Neuanlage zählte eine Bibliothek mit Regalen für rund 6000 Bänden. Außerdem legten die Chorherren Anfang des 18. Jahrhunderts eine physikalische Sammlung mit allerlei Geräten an und richteten einen Raum für astronomische Beobachtungen ein, wie Klaus Peter Zeyer schreibt.

Von dort aus registrierten und beschrieben die Mönche in den folgenden Jahren eine Reihe von Himmelserscheinungen wie Kometen, Nordlicht, Sonnen- und Mondfinsternis, wobei diese oft als Zeichen für irdische Ereignisse wie Kriege und Krankheiten gedeutet wurde. So ist in einer Chronik von einer sehr merkwürdigen Krankheit die Rede, einem "Catharrh", der nicht nur Bayern sondern ganz Europa geplagt habe - die Grippe-Pandemie von 1732 - und der deshalb ursächlich auf eine Mondfinsternis zurückgeführt wurde, die am 1. Dezember 1732 stattfand.

Amperland - Heimatkundliche Vierteljahresschrift für die Kreise Dachau, Freising und Fürstenfeldbruck, Heft 4, 2019, fünf Euro. Die Hefte können im Buchhandel bestellt werden.

© SZ vom 16.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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