Literatur:Aus zwei Perspektiven

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Ihr Buch präsentieren Sofia Kirschner, Selina Seider, Nina Prasilik, Tim Christiansen, Amelie Echensperger und Vanessa Rinjes (von links). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Puchheimer Realschüler haben gemeinsam ein Buch geschrieben

Von Zoe Englmaier, Puchheim

Gerade in der Liebe kommt es oft zu unausgesprochenen Worten und Missverständnissen. Was der andere wohl gerade denkt und ob er denn dasselbe fühlt, sind Fragen, die man sich dann stellt. Einen interessanten Einblick in die Gedanken und Gefühle von Jugendlichen gibt das Doppelbuch "Ich Luisa - Ich Finn" von sechs Schülern der Realschule Puchheim.

Aus zwei Perspektiven erzählt das Autorenteam "Supreme Federspiel" von einem Schüler, der neu auf eine Schule kommt und sich verliebt. Der 15-jährige Finn zieht zu Beginn des neuen Schuljahres von Hamburg nach Puchheim. An seinem ersten Tag begegnet er Luisa, 14, die ihm hilft, die richtigen Klassenräume zu finden. Schon nach kurzer Zeit kommen die beiden sich näher. Der Leser bekommt einen Einblick in die Gefühlswelt von beiden Protagonisten. Beginnt er das Buch von der einen Seite, so lernt er die Geschichte aus der Sicht von Luisa kennen, wendet er das Buch, aus der Sicht von Finn. So endet das Doppelbuch nach je 87 Seiten in der Mitte.

Mit dem Projekt des Gachenau Verlages aus Herrsching "Schüler schreiben ein Buch" hatten die Realschüler die Möglichkeit mit der Unterstützung zweier Lehrkräfte und des Verlages ein Buch zu schreiben und individuell zu gestalten. Zusammen mit den beiden Projektleiterinnen Stefanie Hankhofer und Christiane Rosner gestalteten die jungen Autoren Illustrationen, entwickelten den Inhalt und schrieben die Geschichte in Textform nieder. Für die fachliche Beratung und die Produktion stand der Verlag zur Verfügung.

Obwohl der Schreibstil durch den einfachen Ausdruck verrät, dass die Autoren noch jung sind, wird der Leser auf angenehme Art durch die Geschichte geführt. Mit Anglizismen aus der Jugendsprache, wie zum Beispiel "skills" und "cute", wirken die Charaktere noch authentischer. Teilweise gleicht die Geschichte, mit plötzlichen Ausrufen des Erzählers wie "Ups" und "Gute Nacht" einem inneren Monolog. Tim Christiansen, 17, schrieb aus der Sicht von Finn und Nina Prasilik, 15, aus der von Luisa. Die beiden verdeutlichen, wie Mädchen und Jungen auf Gefühle reagieren und welche Gedanken der jeweils andere im selben Moment hat. So gleichen sich zwar die Gefühle und teilweise auch die Gedanken, jedoch reagieren und handeln beide Protagonisten unterschiedlich und fast schon klischeehaft.

Finn wird als ein "cooler", unnahbarer Junge dargestellt, der seine Gedanken und Gefühle vor Freunden zurück hält. In den Chatverläufen, verfasst von Vanessa Rinjes, 15, öffnet er sich nicht und gibt nur knappe Antworten, meist ohne Emojis. Nur in den Gesprächen mit Luisa beginnt er sich zu öffnen. Auch in seinen anonymen Beiträgen auf einem namenlosen Internetportal schreibt er herzloser als er eigentlich ist. Nur selten wird deutlich, dass Luisa ihm mehr bedeutet als er angibt.

Selina Seider, 15, hat die Comics des Protagonisten passend zu seinem äußeren Erscheinungsbild schlichter und hauptsächlich in Brauntönen gestaltet. Im Gegensatz dazu sind Luisas Comics, gemalt von Sofie Kirschner, 16, bunt, mit kräftigen Farbtönen und kleinen Symbolen wie Herzen gestaltet. Luisa ist, wie ihre Tagebucheinträge, auch in der Öffentlichkeit ehrlich, offen und nett. Mit langen gefühlvollen Texten, die durch viele Fragen und ungeordnete Gedanken ergänzt werden, scheint der Leser direkt in ihren Kopf blicken zu können. Auch in den Chatverläufen spricht sie, im Gegensatz zu Finn, mit ihren Freunden ehrlich über ihre Gefühle.

Hervorzuheben ist die außergewöhnliche Struktur des Doppelbuches. Jedes Kapitel beginnt mit einem Elfchen, ein kurzes Gedicht mit einer festgelegten Form, welches zum jeweiligen Inhalt passt. Auch die in Jugendsprache gehaltenen und mit Emojis versehenen Chatverläufe sind sehr authentisch und zeigen, dass die Geschichte eindeutig in der heutigen Zeit spielt, in welcher alles per Whatsapp und Co. übermittelt wird.

Mit Kleinigkeiten, wie diesen, wird deutlich, wie viel Mühe sich die Schüler bei dem Projekt gegeben haben. Obwohl die Geschichte nicht als spektakulär bezeichnet werden kann, ist es sehr interessant und spannend die Liebe zwischen Teenagern aus zwei Perspektiven zu betrachten. Mit einem eindeutigem Jugendbuchcharakter ist die Leserschaft eigentlich klar definiert, jedoch könnte es trotzdem für manche Eltern interessant sein, wie ihre Kinder denken und handeln.

Autorenteam Supreme Federspiel, "Ich Luisa - ich Finn", Gachenau Verlag, 160 Seiten, 12,95 Euro, erhältlich in: Realschule Puchheim , Buchhandlungen Bräunling (Puchheim) und Liter a (Gröbenzell)

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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