Lindauer Autobahn:Germeringer fordern mehr Lärmschutz

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Die Autobahndirektion stellt den Stadträten die Pläne für den sechsspurigen Ausbau der A 96 vor. Politiker und Anwohner sind unzufrieden.

Petra Fröschl

Der sechsspurige Ausbau der Lindauer Autobahn zwischen den Anschlussstellen Germering-Süd und Oberpfaffenhofen rückt näher, doch die damit verbundenen Lärmschutzmaßnahmen gehen vielen Bürgern nicht weit genug: Eine Interessengemeinschaft fordert, die 965 Meter lange Galerie nach Westen zu verlängern und die Geschwindigkeitsbegrenzungen, die bei Germering momentan gelten, beizubehalten. Außerdem befürchten die Anlieger und einige Stadträte, dass der Ausbau der beiden Parkstreifen zu großen Rast- und Ruheplätzen mit Toiletten zusätzlichen Lärm mit sich bringt.

Dass der Ausbau der 8,9 Kilometer langen Strecke den Germeringern auf den Nägeln brennt, zeigte der große Andrang bei der Stadtratssitzung am Dienstag: Etliche Zuhörer waren ins Rathaus gekommen, um den Ausführungen von Rüdiger Hanke von der Autobahndirektion Südbayern zu lauschen. Hanke machte zunächst deutlich, wie schwierig es war, beim Bund die Zustimmung für das 64 Millionen Euro teure Projekt zu bekommen, bei dem allein 41 Millionen Euro auf den Lärmschutz entfallen. Freilich ist mit der Bedarfsanerkennung noch nicht gesagt, ob und wann der Ausbau kommt. "Wir sollten erst das Baurecht abwarten, bevor wir um die Mittel kämpfen", sagte Hanke.

Seit 2006 der A-99-Westring eröffnet wurde, ist der Verkehr auf der A96 im Bereich Germering von 56 000 auf 64 400 Fahrzeuge am Tag angestiegen. 2011 waren es bereits 71 500 Fahrzeuge (davon 4400 Lastwagen), bis 2025 wird mit 78 700 Fahrzeugen (davon 5133 Lkw) gerechnet. Wie sehr sie unter dem Lärm leiden, haben die Germeringer in der Vergangenheit immer wieder betont. Laut Hanke kann die aktuelle Belastung von etwa 70 Dezibel durch die mit dem Ausbau verknüpften Maßnahmen tagsüber auf 59 und nachts auf 49 dB(A) gesenkt werden.

Kernstück bildet eine 6,5 Meter hohe Galerie, also ein halbseitiger, nach Süden geöffneter Tunnel, der vom SCUG-Sportplatz 965 Meter bis nach Osten reicht (siehe Grafik). Westlich und östlich davon werden unterschiedlich hohe Wände auf die bestehenden Wälle gesetzt. Hinzu kommt offenporiger Asphalt, der langfristig fünf dB(A) schlucken soll. Damit können die geforderten Grenzwerte überall eingehalten werden - außer im vierten und fünften Stock des Hochhauses an der Pestalozzistraße 1, was bei den Bewohnern auf Unmut stößt. Sie fordern, die Galerie deshalb bis zum Freibadende zu verlängern, doch Hanke machte ihnen wenig Hoffnung. Das koste zwei Millionen Euro mehr und stehe in keinem Verhältnis.

Die Wohnungen könnten stattdessen mit Schallschutzfenstern ausgestattet werden, sagte der Fachmann. Insgesamt habe die Galerielösung, die sonst nur im Gebirge vorkomme, den Vorteil, dass sie städtebaulich viel ansprechender sei als etwa 14 Meter hohe Wände. Das Bauwerk soll begrünt werden und auf Wunsch der Stadt eventuell Platz für Fotovoltaikanlagen bieten. Daneben entsteht ein Weg, außerdem erhält der halbe Tunnel Fluchttüren für den Ernstfall. Um die "hochmoderne Technik", so Hanke, steuern zu können, entstehen an beiden Enden eingeschossige Betriebsgebäude.

Im Zuge des Ausbaus muss die Brücke an der Otto-Wagner-Straße erneuert werden. "Eigentlich wollten wir sie abreißen und an der jetzigen Stelle wieder aufbauen", sagte Hanke. Doch das scheitere an der Viktoria-Gruppe als Eigentümer des Tanklagers im Kreuzlinger Forst, die auf diese Zufahrt "aus Gründen des Katastrophenschutzes" nicht verzichten will oder kann. Deshalb sieht die aktuelle Planung vor, die Brücke ein Stück nach Westen zu verschwenken. Die Stadt Germering will sich aber dafür einsetzen, dass sie am jetzigen Standort bleibt, und prüft alternative Zufahrten zum Tanklager.

Einigen Stadträten und Bürgern stieß bitter auf, dass die beiden Parkstreifen westlich von Germering auf beiden Seiten ausgebaut werden sollen. Statt acht Lastwagen sollen dort künftig bis zu 21 Laster, drei Busse und 39 Autos parken können. Auch Klohäuschen sind geplant. Laut Hanke ist das wichtig, weil es auf Bayerns Autobahnen zu wenig Rastanlagen gibt. Die Flächen werden eingezäunt, um Wildpieseln zu vermeiden; ein Mehr an Lärm sei nicht zu erwarten, da die Wohnbebauung mindestens einen Kilometer entfernt sei.

Besonders umstritten war am Dienstag die Tatsache, dass Tempo 80 aufgehoben werden soll, um die Autobahn leistungsfähiger zu machen. In Fahrtrichtung München soll es künftig gar keine Begrenzung mehr geben, in der Galerie soll 100 gelten. Das ärgerte vor allem die Grünen, denn mit Tempo 80 ließen sich die Grenzwerte in den zwei obersten Stockwerten des Hochhauses einhalten. Die Stadt will in ihrer Stellungnahme eine Begrenzung auf 100 Stundenkilometer fordern.

Für die Versiegelung sollen zwei große Ausgleichsflächen mit insgesamt 3,5 Hektar im Kreuzlinger Forst auf Kraillinger und Gilchinger Flur entstehen.

© SZ vom 19.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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