Landtagswahl in Bayern:Die Linke wittert Morgenluft

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Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Bundestagsfraktion, unterstützt in Bruck den Wahlkampf der Stimmkreiskandidaten

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Der groß gewachsene Dietmar Bartsch nimmt zwischen den beiden Landtagskandidaten der Linken Platz. Hinter ihm steht auf einer schwarzen Tafel im Brucker Bräuhaus groß geschrieben "Empfehlung". Das ist dann auch das Stichwort des Fraktionssprechers der Linken im Bundestag, der seinen Auftritt in der Kreisstadt Donnerstagmittag um 12 Uhr angesetzt hat. "Es wäre sensationell, wenn die Linke in Bayern in den Landtag kommt", sagte Bartsch werbend, "dann wird am Wahlabend über uns geredet und nicht über die AfD." Der Applaus der 30 Besucher zeigte, dass diese wohl ihr Kreuz in seinem Sinne machen werden.

Um erstmals in den Landtag zu kommen, ist noch viel Werbung nötig. Das wissen Bartsch, der am Donnerstag noch zwei weitere Wahlkampfauftritte in Bayern absolvierte und auch die örtlichen Kandidaten. Sehen doch die Umfragen die Partei noch bei vier bis fünf Prozent und damit nicht im Landtag. "Bayern braucht eine echte Opposition", propagiert Hansjoachim Sprinz, der Direktkandidat der Linken im Stimmkreis Landsberg/Fürstenfeldbruck-West. Sprinz ist 73 Jahre alt, ehemaliger Betriebsrat und kommt aus Dießen. Er hatte einst nach 30 Jahren die SPD verlassen und sich vor zehn Jahren der Linken angeschlossen. 2013 hat er schon mal für den Landtag kandidiert und etwa zwei Prozent der Stimmen erhalten. Das könnte diesmal günstiger für ihn ausgehen. Sprinz kritisiert vor allem die SPD und ihre Hartz IV-Politik und die Folgen. "Es gibt immer noch mehrere Hunderttausend Gerichtsverfahren der Betroffenen", beklagt er, "man kann sich gar nicht vorstellen, welches Leid man den Menschen da antut." Die Grünen sieht der ehemalige Ingenieur und heutige Berater in Sachen Programmierung von Internetauftritten nicht als Wahlalternative: "Die können es doch kaum erwarten, sich Söder nach der Wahl als Steigbügelhalter anzubieten."

Hansjoachim Sprinz (von links), Dietmar Bartsch und Ernestine Köppl-Martin werben im Brauhaus Bruck um jede Stimme. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ernestine Martin-Köppl ist die Direktkandidatin im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost. Die 58-jährige Bürokauffrau aus Emmering ist 2013 in die Partei eingetreten. "Ich war politisch immer links, aber zuvor nie in einer Partei gewesen", sagte Martin-Köppl. Komme die Linke in den Landtag, würde dort endlich eine Partei sitzen, die die soziale Verantwortung für die Menschen ernst nehme. Sie würde sich dort für kostenfreien Nahverkehr einsetzen. Eine auskömmliche Rente für jedermann nach österreichischem Vorbild favorisierte Martin-Köppl ebenfalls. Dazu zitierte sie die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann: "Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar."

Bartsch striff in seinem halbstündigen Vortrag viele Politikfelder. Frontal greift er die Bundesregierung an: "Merkel, Seehofer und Nahles, das hat die Causa Maaßen gezeigt, sind weit weg von den Menschen." Leider entlade sich der Frust der Menschen darüber in eine völlig falsche Richtung. Gemeint ist die AfD. "Die Herrschenden im Lande spielen die Schwachen gegen die Schwächsten (Flüchtlinge) aus", so Bartsch. Er übte aber auch Selbstkritik: "Es ist auch unser Versagen, dass die AfD so stark geworden ist."

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Es entwickelte sich eine lebhafte Debatte. Eine 49-jährige Besucherin, die in der E-Commerce-Branche tätig ist, kritisierte die kürzlich beschlossene Datenschutzverordnung, der auch die Linke zugestimmt hat. "Sie treffen nicht nur Google und Facebook, sie treffen damit vor allem die Kleinen", monierte sie. Bartsch musste zugestehen, dass auch die Linke nicht alles bedacht habe.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen sieht der 60 Jahre alte Politiker, der in Stralsund an der Ostsee geboren ist, eher skeptisch. Er halte eine Motivation zur Erwerbsarbeit für wichtig, "das muss der Kern sein." Und weiter: "Hätte ich mit 17 Jahren ein bedingungsloses Grundeinkommen bekommen, wäre ich damit zufrieden gewesen und wäre nicht da, wo ich heute bin." Kämen jedoch klügere Vorschläge, würde er sich jedoch gerne überzeugen lassen.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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