Landkreis Fürstenfeldbruck:Kulturpass im Dornröschenschlaf

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Seit Mitte Juni kann die Kulturpass-App heruntergeladen werden. Damit sollen junge Menschen zum Kulturbesuch vor Ort eingeladen und für die Vielfalt der Kultur begeistert werden. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Wer 2023 volljährig wird, kann vom 18. Geburtstag an über ein Budget von 200 Euro verfügen - für Kino- und Konzerteintritte, Bücher, Platten und vieles mehr. Anbieter wundern sich über die bislang geringe Resonanz.

Von Til Antonie Wiesbeck, Fürstenfeldbruck

Wenn es nach Nicola Bräunling ginge, würden in ihrer Buchhandlung in Puchheim mehr 18-Jährige mit dem Kulturpass einkaufen. "Da ist noch Potenzial nach oben." Bräunling beteiligt sich an der Initiative - so wie viele andere Läden, Kinos und Veranstalter. Alle, die in diesem Jahr volljährig werden, können sich von ihrem Geburtstag an in einer App für den Kulturpass registrieren und haben dann 200 Euro für Kulturangebote zur Verfügung. Der Staat bezahlt für sie. Für das Projekt von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) stellt die Bundesregierung 100 Millionen Euro zur Verfügung. So will sie junge Menschen für regionale Kultur begeistern und die Kulturbranche nach den harten Corona-Jahren unterstützen.

Buchhändlerin Nicola Bräunling aus Puchheim. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Nur hält sich die Nachfrage vielen Anbietern zufolge bisher in Grenzen. Sabina Stangenberg ist Mitarbeiterin im Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck. Zu ihrem Bedauern gibt es in dem Kino nur vereinzelt Kulturpassanfragen von Jugendlichen. Dabei kann das Guthaben für jeden gezeigten Film verwendet werden. Das Museum Fürstenfeldbruck hat sich laut seiner stellvertretenden Leiterin Verena Beaucamp kurz vor der Kulturnacht als Anbieter registrieren lassen, bekam aber überhaupt keine Anfragen. Das Veranstaltungsforum Fürstenfeld hat wegen des anscheinend geringen Interesses entschieden, sich gar nicht erst an der Initiative zu beteiligen. Als Alternative bietet es allen 18-Jährigen freien Eintritt zum Musikevent "Sound-of-Heimat-Fürstival" am 1. und 2. September.

Die jungen Erwachsenen können das Budget auch für Musikinstrumente nutzen

Dabei kommt die Idee des Kulturpasses bei vielen Betreibern sehr gut an. Nicola Bräunling lobt ihn als "großes Geschenk an Jugendliche". Verena Beaucamp vom Stadtmuseum hält ihn für ein gutes Mittel, Jugendliche auf die Breite des Kulturbereichs aufmerksam zu machen. Neben Büchern und Museumsbesuchen können 18-Jährige ihr Budget zum Beispiel auch für Konzerttickets, Kinokarten und Musikinstrumente nutzen. Auch die Inhaberin der Buchhandlung Treffpunkt Wagner findet die Initiative toll: "Das ist eine gute Gelegenheit, Jugendlichen Kultur näherzubringen, die zum Teil vielleicht sonst keinen Zugang haben, weil ihnen das Geld fehlt", so Kathrin Schmidt. Trotzdem würde auch sie sich mehr Nachfrage wünschen.

"Das trifft uns hart", sagt Norbert Leinweber, Geschäftsführer und Werkleiter des Veranstaltungsforums Fürstenfeld. (Foto: Reinhard Wieland/Veranstaltungsforum)

Warum holen viele ihr Geschenk nicht ab? Norbert Leinweber leitet das Veranstaltungsforum Fürstenfeld. Seiner Meinung nach liegt es vor allem an der Bürokratie: Die Registrierung sei für User und Betreiber zu umständlich. Bei der Registrierung müssen sich Anbietende mit einem Elster-Zertifikat identifizieren, Nutzerinnen und Nutzer müssen ihr Alter nachweisen, etwa mit einem Online-Ausweis. Er weist aber noch auf ein anderes Problem hin, mit dem Veranstalter kämpfen: Da sie ihre Eintrittskarten über einen externen Dienstleister wie München Ticket verkaufen, muss eine sogenannte Schnittstelle zwischen diesem und der Kulturpass-App eingerichtet werden.

Deshalb tut sich auch die Stadthalle Germering im Moment noch schwer. Leiterin Kathrin Jacobs ist sich sicher, dass sie da nicht alleine ist. Laut Peter Pfeffer von der Geschäftskundenbetreuung bei München Ticket funktioniert die Kommunikation mit der Kulturpass-App inzwischen aber schon - zumindest im Grundsatz. Einige Angebote auf München Ticket könne man auch bereits mit dem Kulturpass buchen. Es gehe aber um Tausende Veranstaltungen: "Auf einen Schlag geht das nicht." In den nächsten Wochen werde das Angebot Stück für Stück erweitert.

Die Schulen könnten helfen, das Angebot bekannt zu machen

Andere Anbieter vermuten, viele 18-Jährige wüssten einfach nicht von dem Angebot. Laut Verena Beaucamp vom Museum Fürstenfeldbruck wären Schulen die richtige Stelle, das zu ändern. Auch Katrin Schmidt, Mitinhaberin der Buchhandlung Lesezeichen in Germering, findet, das Angebot könnte breiter in die Öffentlichkeit gestrahlt werden. Sie hat aber einen eigenen Weg gefunden, für den Kulturpass Werbung zu machen. In einem Tiktok-Video erklärt eine Mitarbeiterin, wie bei ihr im Geschäft Bücher über die App bestellt werden können. Das Video wurde auf Tiktok inzwischen mehr als 10 500 Mal geklickt. In der Buchhandlung Lesezeichen ist die Nachfrage nach Kulturpassangeboten laut Katrin Schmidt sehr groß. Die 18-Jährigen bestellten viele englischsprachige sowie aufs Studium vorbereitende Bücher.

Weitere Informationen unter Kulturpass.de.

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