Klassik:Musik für die Ewigkeit

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Johannes X. Schachtner (vorne am Pult) springt kurzfristig für den erkrankten Simon Probst ein. (Foto: Günther Reger)

Stimmiges Passionskonzert in der Pfarrkirche Sankt Bernhard mit der Chorgemeinschaft unter Leitung von Johannes X. Schachtner.

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Dass Musiker krankheitsbedingt ausfallen, ist derzeit quasi unvermeidlich. Wenn es denjenigen trifft, der ein Programm einstudiert hat, ist das eine besonders schwierige Situation. Ein Glücksfall ist es dann, wenn sich ein Ersatz findet, der nahtlos weiterarbeiten und das Konzert damit retten kann. Das Passionskonzert in Sankt Bernhard am Sonntag war so ein Fall: Für den erkrankten Simon Probst sprang Johannes X. Schachtner ein, der der Chorgemeinschaft Sankt Bernhard seit vielen Jahren verbunden ist und auch in diesem Konzert mit der Transkription eines Werks vertreten war.

Es ist ein vorsichtiger Weg aus der Pandemie heraus: Dass Konzerte wieder möglich sind, beweist, dass Proben wieder stattfinden können und insbesondere, dass auch Sängerinnen und Sänger wieder daran teilnehmen. So standen die knapp zwanzig Sänger der Chorgemeinschaft Sankt Bernhard im Altarraum auf Abstand, der dennoch ein gegenseitiges Hören ermöglichte. Hinzu kamen vier Vokalsolisten, nämlich Marie Schmalhofer (Sopran), Dominika Hirschler (Alt), Michael Wieland (Tenor) und Martin Danes (Bass) sowie der Sprecher Rudolf Hillebrand. Die Instrumentalistinnen Uta Probst (Viola), Malwina Jakubowska (Violoncello) und Zusanna Kölbl (Kontrabass) vervollständigten die Mitwirkenden.

Der Umgang mit dem eigenen Tod ruft wohl bei den meisten Menschen ganz unterschiedene Gefühle hervor. In der Vertonung des Chorals "Liebster Gott, wenn werd ich sterben" von Johann Sebastian Bach überwiegt die Zuversicht auf die Auferstehung gegenüber der Angst vor dem Tod. So geriet der homogene Chorklang hier sehr kraftvoll. Weich und zurückhaltend im Gestus war hingegen der zweite Bach-Choral "Wenn mein Stündlein vorhanden ist", wodurch die bange Frage an das eigene Ende fokussiert wurde. Beide Choräle erklangen in einer Bearbeitung von Robert M. Zezilius aus dem Jahr 2010. Das menschliche Individuum erhielt mit der solistischen Stimme des Violoncellos ein eigenes Gewicht gegenüber der Gruppe der Sänger.

Musik mit Bezug zum Jenseits existiert schon immer. Die Überzeitlichkeit, die damit einhergeht, fand ihren Niederschlag in der Kirchenmusik durch die häufige Bezugnahme auf frühere stilistische Ausdrucksformen. Wolfgang Amadeus Mozart komponierte sein "Miserere" KV 58 mehr als Kontrapunktstudie im Zusammenhang mit seinem Besuch bei Padre Martini in Bologna 1770 und nicht als Werk für die kirchenmusikalische Praxis. In der Bearbeitung in Sankt Bernhard von Franz Kreuzlinger und Simon Probst blieben die Imitationsabschnitte erhalten, wurden aber durch den kreativen Einsatz der Instrumente in ein anderes Licht getaucht: Die psalmodischen Einschübe wirkten archaisch und erinnerten entfernt an Carl Orff. Sie bildeten einen Kontrast zu den variabel zwischen Solisten, Chor und Teilgruppen aufgeteilten Abschnitten.

Die Passion nach dem Evangelisten Lukas wurde im Anschluss von Rudolf Hillebrand gelesen. An verschiedenen Stellen unterbrachen "Passionsintermedien" von Franz Kreuzlinger aus dem Jahr 2021 den Text. Sie illustrierten, kommentierten und deuteten das Geschehen aus, ohne es zu doppeln. Dennoch entstand eine gut passende zweite Ebene in Klanglichkeiten des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Ansprüche an die Beteiligten waren zum Teil hoch, wurden aber sehr gut gemeistert.

Wie eine Decke aus Harmonie legte sich zum Schluss die Kontrafaktur der Sonatina aus dem "Actus Tragicus" BWV 106 von Bach in einer Version für Vokalsextett von Johannes X. Schachtner auf die Ohren des Publikums. Die Erfahrung, dass die Konzertstunde die Zuhörer berührt hat, steht hier wohl vor der Frage, ob sie gefallen hat. Der dankbare Beifall am Ende bewies genau das. Vielleicht wäre es aber hilfreich gewesen, durch prägnante Erläuterungen die dramaturgisch sehr stimmige Programmfolge in einen intensiveren Zusammenhang aus Text, Stilistik und musikalischer Aussage zu bringen.

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