Germering:Rasant und unterhaltsam

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Drei sind einer zu viel: Die Couch auf der Bühne des Rossstalls teilen sich (von links) Thomas J. Helm (als Ehemann Stefan), Julian Brodacz (als Robert) und Jessica Dauser (als Ehefrau Jacqueline). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Cecilia Gagliardi bringt die Beziehungskomödie "Das (perfekte) Desaster Dinner" auf die Bühne des Rossstalls. Bei der Premiere gibt es zu Recht viel Applaus.

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Eine Komödie. Man könnte auch sagen: ein Schwank. Das Wort kommt vom mittelhochdeutschen "swanc" und bedeutet "lustiger Einfall". An diesem Abend gibt es im Germeringer Rossstall-Theater bei der Premiere von "Das (perfekte) Desaster Dinner" so viele davon, dass das Zwerchfell fast nicht mehr mithalten kann. Dabei ist kaum etwas so schwierig auf die Bühne zu bringen wie eine so turbulente Verwechslungskomödie. Jedes Tür-auf-Tür-zu bringt die Protagonisten in Bedrängnis. Schrecken müssen überspielt, Naivität und Aufrichtigkeit vorgespielt werden, Lügen und Ausreden häufen sich, das Tempo steigert sich, und jeder Versuch, die treulosen Geheimnisse zu retten, führt nur zu noch schlimmeren Verwicklungen. Klappern gehört zum Handwerk, aber wenn Türen und Klappsätze immer schneller klappern, dann ist vor allem Handwerk gefragt, und da wird dem Publikum beim Desaster Dinner vom Feinsten aufgetischt.

Die Vorstellung beginnt scheinbar harmlos: Die Herrin des Hauses macht sich bereit, ihre Mutter zu besuchen. Doch die schwungvolle Mambo-Musik und Jacquelines (Jessica Dauser) Hüftschwung verheißen Sinnlichkeit und Abenteuer. Im so praktisch wie hübsch eingerichteten Landhaus - mit muhender Türglocke - (Bühne: Nina von Schimmelmann) agieren, selten paritätisch, drei Schauspielerinnen und drei Schauspieler. Unter der Regie von Cecilia Gagliardi laufen sie, allen voran Thomas J. Heim als Hausherr Stefan, zu Höchstform auf. Seinen extra eingeladenen "Kindergartenfreund" Robert (Julian Brodacz) benutzt er als Alibi, immer öfter, immer verzwickter - auch für den armen Robert. Doch so arm dran ist er gar nicht, hat er doch ein "Ping Pong"-Verhältnis mit Jacqueline, der Ehefrau seines Freundes.

Multitalent Katja-Lisa Engel zeigt ihr Talent als Volksschauspielerin

Die Männer als Hauptaktive im Lügenspiel legen verbal und physisch rasante Ausweich-, Beschleunigungs- und Bremsmanöver hin, die auch für die Lachmuskeln des Publikums zum Stop-and-run-Marathon geraten. Amüsant ist zudem die häufig wienerische Stimmfärbung, die vor allem Thomas J. Helm einbringt. Katja-Lisa Engel wird von der ahnungslosen asiatisch-bayerischen Catering-Fachkraft zur gewitzten Abzockexpertin und zeigt ihr Talent als Volksschauspielerin, muss sie doch im Stück die Schauspielerin, Köchin, Geliebte und Nichte geben. Simone Krischke als Model im roten Glitzerkleid und weißen Sneakers, als Geliebte des Ehemanns bestellt, versucht kiffend die Wogen zu glätten, steuert aber auch nur Verwirrung bei. Dass auch die hübsche Hausherrin es faustdick hinter den Ohren hat, kaschiert sie mit naiver Lidl-Werbung-Stimme als Dauerschleife, während Wolfgang Preussger als später ungebetener Besuch für den Überraschungseffekt und ein paar Extraknaller am Ende sorgt.

Bis zum Sonntag, 12. Mai, gibt es noch ein Dutzend Aufführungen

Das Stück, ursprünglich vom französischen Theaterautor Marc Camoletti als "Madame, es ist angerichtet" verfasst, wurde vom österreichischen Multikönner Michael Niavarani zum Desaster Dinner umgearbeitet. Bei Camoletti, der auch die viel aufgeführte Verwechslungskomödie "Boeing-Boeing" geschrieben hat, spielten in den Fünfzigerjahren ältere Männer die Hauptrollen. Im Rossstall hat Cecilia Gagliardi, angepasst an das Alter der Akteure auf der Bühne, quasi ein "Jugendstück" inszeniert. So rasant und unterhaltsam, dass die 80 Minuten bis zur Pause wie im Flug vergehen. Wenn nach der Pause nicht mehr ganz so viel gelacht wird, liegt es daran, dass die Lachmuskeln irgendwann erschöpft sind. Hier würde eine kürzere Nettospielzeit helfen. Schön zu beobachten ist, dass unter der langjährigen Verantwortung von Gagliardi der Schauspielerstamm im Rossstall-Theater inzwischen als Ensemble sichtlich zusammengewachsen und bestens aufeinander eingespielt ist. Fazit dieses überaus amüsanten Abends, der vom Publikum zu Recht mit tosendem Beifall bedacht wurde: "Must see!" Bis zum Sonntag, 12. Mai, gibt es dafür noch ein Dutzend Gelegenheiten.

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