Kommentar:Die Küche im Dorf lassen

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Warum der Protest von Anwohnern gegen Ausbaupläne der Eichenauer Starzelbachschule doch ein wenig hysterisch anmutet

Von Erich C. Setzwein

Das Wunderbare an der Demokratie ist, dass das Ergebnis von politischen Entscheidungsprozessen in der Regel nicht von vorneherein feststeht oder vorgegeben werden kann. Viele Menschen lenken einen solchen Prozess, manchmal zu viele, aber immer sollte am Ende ein von allen als tragbar angesehener Kompromiss stehen. Es muss, wie jetzt wieder in Eichenau, erst einmal diskutiert und gestritten werden, vielleicht auch ein Urteil fallen, bis das entstehen kann, um was es eigentlich gegangen ist. Im aktuellen Fall ist es eine Küche.

An der Eichenauer Parkstraße regen sich die Anwohner auf und beteiligen sich damit an einem politischen Prozess, weil die Gemeinde vorhat, die Starzelbachschule für einen Ganztagsbetrieb tauglich zu machen und dafür auch eine Küche baut. Doch bevor dort auch nur eine Karotte geputzt oder eine Nudel gekocht wird, riechen die Anwohner schon üble Gerüche und hören schon Lieferwagen, wo es weder etwas zu riechen noch zu hören gibt. Und schon schaukeln sich die Gerüchte hoch und werden, wie in der jüngsten Gemeinderatssitzung auch vorgetragen, Wertverluste für die Grundstücke befürchtet.

Oh je.

Wenn etwas in Eichenau, im Großraum München, ja in der Metropolregion nicht im Wert fallen wird, dann sind es doch wohl die Immobilienpreise. Eine Küche ist doch keine Negativeinrichtung wie ein Betrieb zur Tierkörperbeseitigung, der auf die freie Wiese vor dem Ort gehört, wo der Wind den Gestank weit weg bläst. Doch auch solche Hysterie, die manche verbreiten, gehört mittlerweile zu den Begleiterscheinungen politischer Entscheidungsprozesse. Das war schon so bei der Planung für den Edeka-Markt an der Hauptstraße, das könnte auch so werden, wenn die Gemeinde ein weiteres Grundstück an der Hauptstraße für Nahversorgung und Wohnen entwickelt. Immer da, wo Menschen meinen, dass ihre privaten Interessen nach größtmöglicher Ruhe und Distanz durch öffentliche Interessen verletzt werden könnten, melden sie sich lautstark zu Wort und finden sofort den vermeintlich richtigen Paragrafen gegen die Maßnahme.

Was die Gemeinde jetzt viel mehr bräuchte, als den handfesten Streit mit den sich belästigt fühlenden Parkstraßenbewohnern, wäre die Dialogbereitschaft und das Verständnis dafür, dass an einer Zukunftsentscheidung gearbeitet wird. Dabei sollten die Teilnehmer des Diskurses die Küche einfach mal im Dorf lassen. Es geht doch, bitteschön, nicht um eine Küche. Es geht darum, dass inmitten von Eichenau weiter Bildung stattfinden kann, Mittagessen inklusive.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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