Gesundheit:Klinikum ächzt weiter unter Corona

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Viele Betten in der Kreisklinik werden für Corona-Patienten benötigt. Manche Operationen müssen deshalb warten. (Foto: Leonhard Simon)

Geplante Operationen werden verschoben, viele Mitarbeiter sind krank, eine Station muss schließen. Und die nächsten Probleme sind schon da: die steigenden Kosten.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Corona dominiert noch immer die Abläufe im Klinikum Fürstenfeldbruck. Das schilderten Vertreter der Klinikleitung jetzt den Fürstenfeldbrucker Kreispolitikern. Das Krankenhaus sei "maximal belastet durch Corona", sagt Vorstand Alois Groitl. In der Spitze lagen zuletzt etwa 50 Corona-Patienten gleichzeitig in der Klinik, allein von einem Tag auf den nächsten seien elf hinzu gekommen. Zuletzt waren es immer noch 30. Die Klinik stößt bei diesen Zahlen an ihre Grenzen. Deshalb werden noch bis Ende dieser Woche alle geplanten operativen Eingriffe abgesagt. Zudem müssen sich einzelne Abteilungen der Kreisklinik immer wieder von der Integrierten Leitstelle abmelden. Das bedeutet, dass die Klinik dann nicht von Rettungswagen angesteuert werden kann.

Der Landkreis Fürstenfeldbruck hatte kurz nach der Wiesn, die Anfang Oktober zu Ende gegangen war, die 1000er-Marke bei der Sieben-Tage-Inzidenz überschritten und kurzzeitig den höchsten Wert in ganz Deutschland inne. Inzwischen ist die Inzidenz wieder rückläufig, liegt derzeit laut Robert-Koch-Institut bei 366,9. Schon im Juli hatte das Klinikum einen Hilferuf gesandt. Damals waren die Corona-Zahlen zwar noch nicht so hoch gewesen wie in diesen Wochen, aber schon damals - mitten im Sommer - hatte die Klinik mitgeteilt, dass die Zahl der Patienten, die mit Covid-Symptomen in der Klinik liegt, so hoch ist wie in den Hochzeiten der seit Anfang 2020 andauernden Pandemie.

Der Krankenstand ist dreimal so hoch wie sonst

Der Krankenstand unter den Klinikmitarbeitern ist derzeit etwa dreimal so hoch wie üblich und verteilt sich auf alle Berufsgruppen, was die Belastung für die verbliebenen Mitarbeiter weiter in die Höhe treibt. Die Folge für die Patientinnen und Patienten: Eine Station musste geschlossen werden, andere Stationen reduzierten die Zahl der Betten, die belegt werden können. Von nächster Woche an sollen zumindest wieder geplante Eingriffe durchgeführt werden, das entschied am Mittwoch der Krisenstab des Hauses.

Nur Notfälle wurden zuletzt behandelt, zum Beispiel Schlaganfälle, Herzinfarkte, Unfälle mit Knochenschäden, akute Magen- und Darmerkrankungen. Bisweilen kommt es auch zu Zwangszuweisungen, nämlich dann, wenn die Leitstelle keine andere Alternative für eine Einweisung in eine Klinik hat.

Es sind schwierige Zeiten für die Krankenhäuser. Die Fürstenfeldbrucker Kreisklinik unterstützt deshalb auch die Aktion "Alarmstufe rot", mit der die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKB) darauf aufmerksam machen will, dass die Kliniken in Existenznot geraten, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht änderten. Die Personalnot werde immer größer, heißt es darin. Die Auswirkungen würden zunehmend auch die Patienten spüren. Die DKB fordert deshalb von der Bundesregierung einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser, andernfalls würde die aktuelle Situation die Kliniken zu flächendeckendem Personalabbau zwingen. Gemeinsam mit den Krankenhäusern müsse eine Reform der Krankenhausversorgung und des Finanzierungssystems auf den Weg gebracht werden.

Berichten dem Kreistag aus dem Klinikalltag (von links): die stellvertretende Pflegedirektorin Claudia Demmelmeir, ärztlicher Direktor Florian Weis, der kaufmännische Direktor Marcus Schlund und Klinikvorstand Alfons Groitl (Foto: Carmen Voxbrunner)

Medizinartikel, Lebensmittel, Energie, Wäscherei - alles wird teurer

Mit ausgefallenen OPs fehlen dem Klinikum Fürstenfeldbruck auch Einnahmen - bei gleichzeitig steigenden Ausgaben. "Die Sachkosten sind vom medizinischen Verbrauch, den Lebensmitteln über die Energie bis zu den Wäschereikosten gestiegen, und ein Ende der Steigerung ist noch nicht absehbar", konkretisiert Klinikchef Groitl auf Nachfrage der SZ. Den Kliniken steht laut Gesetz für Abrechnungen im Jahr 2022 aber nur eine Kostensteigerung von 2,3 Prozent zu. Alles, was darüber geht, ist nicht gedeckt. Auf eine entsprechende Frage von CSU-Kreisrätin Sonja Thiele, beziffert Groitl die Kostensteigerung für 2022 auf 7,9 Prozent. Das bedeute, dass "1,2 Millionen Euro nicht gedeckt sind".

Dabei hatte die Klinik für 2021 - auch dank staatlicher Programme wie Rettungsschirm, Freihaltepauschale, Versorgungsaufschlag - noch einen Überschuss von 1,9 Millionen Euro ausgewiesen. Marcus Schlund, kaufmännischer Direktor, sagt jedoch eine schwierige Situation voraus: Unter den jetzt bekannten Bedingungen werde es schwer werden, für das kommende Jahr einen Wirtschaftsplan mit ausgeglichenem Ergebnis zu erarbeiten. In der Kreisklinik werden in diesem Jahr etwa 18 600 Patienten stationär behandelt. Das sind etwa so viele wie vor den Corona-Jahren 2020 und 2021, in denen sich jeweils 3000 Patienten weniger einer Behandlung in der Klinik unterzogen hatten. Schlund rechnet nicht damit, das Belegungsniveau früherer Zeiten zu erreichen. Das sei unter anderem darin begründet, "dass die Bereitschaft, ins Krankenhaus zu gehen, zurückgegangen ist". Als einen weiteren Grund nennt Groitl der SZ die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung, die inzwischen "scharf geschaltet" sei und bei Nichteinhaltung mit finanziellen Sanktionen belegt werde. Sie soll das Verhältnis von Patienten zu Pflegekräften und von examinierten Pflegekräften zu Hilfskräften regeln.

Pflegekräfte werden vorwiegend im ehemaligen Jugoslawien angeworben

Das Personal bleibt der große Problembereich für die Kliniken, vor allem in der Pflege. 228 Vollkräfte weist die Kreisklinik im Bereich der Stationspflege aus, 83 sind es in der Funktionspflege. Seit Jahren herrscht Mangel an Pflegekräften, weshalb Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, stellvertretend für die Kliniken fordert: "Unsere Beschäftigten brauchen wieder mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten und weniger Schreibarbeiten für statistische Zahlenfriedhöfe." Die Personalakquise gestaltet sich mühsam. Bewerber sind schwer zu finden, eigene Aus- und Fortbildung, aber vor allem auch das Anwerben ausländischer Fachkräfte ist notwendig. Dabei konzentriert sich die Fürstenfeldbrucker Klinik laut Groitl auf Kräfte aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Nicht alle seien glücklich, dass man diesen Weg beschreiten müsse, betont Groitl. Wilhelm Huber, Pflegedirektor der Klinik, reise dann zu Bewerbungsgesprächen ein-, zweimal dorthin, danach seien noch viele Formalitäten mit Behörden abzuwickeln, bevor die Pflegekräfte ins Land kommen könnten. Man arbeite dabei mit zwei Firmen zusammen. Denn "das gibt's nicht umsonst", sagt Groitl noch.

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