Auch zwei Stunden nach Beginn des Kleidertausches stöbern noch zahlreiche Frauen und zwei Männer durch das immer noch große Bekleidungsangebot auf den Tischen und Ständern des Gröbenzeller Bürgerhauses. "Die Resonanz war und ist enorm", sagt Ariane Zuber vom Bund Naturschutz und freut sich über das Gewusel im Saal. "Kleider bekommen ein neues Leben", ergänzt Organisatorin Zuber noch pathetisch. Wohl wahr. Die Gröbenzeller Aktion ordnet sich ein in die Europäische Woche der Abfallvermeidung zum Thema Textilien. Die Landkreisgemeinde ist da durchaus führend, sind doch auch Kleidertauscher von auswärts - sogar aus München - angereist.
Auch Silke Hellwig ist aus München gekommen. Sie hat wie viele andere von zu Hause aussortierte Röcke, Hosen, Oberteile, Taschen und Stöckelschuhe mitgebracht und sich in Gröbenzell mit gebrauchten Pullis, einem Blazer und einem Dirndl eingedeckt. Auf dem Rücken trägt sie einen Wanderrucksack, auch den hat sie erstanden. "Ich bin ganz begeistert", sagt Hellwig über die Tauschaktion. Begeistert ist sie auch darüber, dass ihre mitgebrachten Teile fast alle schon neue Abnehmer gefunden haben. Die Kleidertausch-Helferinnen Marina Peterknecht und Helena Arvanitis verteilen inzwischen immer wieder neue Sachen auf den Tischen. Nur der kleine Tisch mit Männerkleidung ist etwas spärlich besetzt. "Männer tragen ihre Sachen auch bis sie auseinanderfallen", sagt eine Mutter aus Gröbenzell, die mit ihrer kleinen Tochter Helen gerade vor den Kindersachen steht. Helen zeigt stolz den Korb mit der Kinderkleidung, die ihre Mutter bereits eingesammelt hat. "Jeder hat doch zu viel", sagt sie, "auch Geld spielt eine Rolle."
Ein Vater ist aus München-Moosach gekommen. Er hat für den Tausch einige Kleidung seiner kleinen Tochter mitgebracht. Für die große 13-jährige Tochter sucht er noch etwas, während schon wieder neue Blusen, Hosen und T-Shirts ausgelegt werden. Sofia, 16 und Anna, 18, aus Puchheim haben sich damit bereits eingedeckt. Auch eine ältere Dame aus Krailling zeigt stolz ihre zwei Paar Lederhandschuhe, die sie für den kommenden Winter erstanden hat. "Die Schnelllebigkeit der Fast-Fashion-Industrie stresst nicht nur uns Verbraucher gewaltig. Sie geht auch mit katastrophalen Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung einher", bekräftigt Ariane Zuber. "Mit unserem Kleidertausch wollen wir zeigen, dass Kleidung Wertschätzung verdient - genau wie die Menschen, die sie herstellen."
Da passt es auch, dass oben auf der Bühne des Saals das Gröbenzeller Repair-Café Nähmaschinen repariert. "Bei einer gebrochenen Feder oder einem gebrochenen Kunststoffzahnrad haben wir den Fehler gefunden", erklärt Walter Voit zufrieden. Barbara Eichler näht oben auf der Bühne gleich mit ihrer Nähmaschine eine Naht eines gerade getauschten Anoraks wieder zu. Tauschaktionen sind unbedingt notwendig, sagt auch Greenpeace. Sortiert doch jeder Deutsche im Durchschnitt fünf Kilogramm Kleidung pro Jahr aus. Die Greenpeace-Studie besagt: Vier von zehn Kleidungsstücken werden selten oder nie getragen. Kleidung sei zur Wegwerfware geworden. Trotzdem würden die Modemarken mit immer neuen Kollektionen und billigen Preisen werben. Kleidertausch und das Tragen von Secondhand-Kleidung sind deshalb ein Muss. Da ist Gröbenzell mit dem Bund Naturschutz weit vorne dabei.