Maisach:57 Jahre Taktgeber

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Alfons Strähhuber hat Jahrzehnte lang den Takt im Kichenchor Gernlinden angegeben. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Mit Anfang 20 hat Alfons Strähhuber den Kirchenchor Gernlinden übernommen. Das Dirigieren lernt er erst nach und nach. Nun will er Jüngeren Platz machen.

Von Clara Dünkler, Maisach

"Es war so schön wie daheim." Nach über 57 Jahren Chorleitung ist es dieser Satz, der Alfons Strähhuber besonders im Gedächtnis blieb. Es sei nach dem Weihnachtsgottesdienst irgendwann in den Siebzigerjahren gewesen. Er erinnert sich: "Wir, der Kirchenchor Gernlinden, haben das erste Mal die Weihnachtsmesse von Joseph Haydn gemeinsam mit dem Lutzenburger Salonorchester aufgeführt. Es ist ein beachtliches Stück. Die Aufführung war wunderbar." Nach der Kirche habe ihn eine alte Frau angehalten. Als Sudetendeutsche war sie aus ihrer Stadt Aussig, dem heutigen Ústí nad Ladem, vertrieben worden. Die Musik hatte sie an ihre Heimat erinnert. Ihr Satz habe ihn berührt. Für und mit anderen Menschen zu musizieren, das ist es, was Strähhuber schon immer Spaß gemacht hat.

Der 77-jährige ehemalige Schulleiter leitet den Kirchenchor Gernlinden, seit er 21 Jahre alt ist. Ende des vergangenen Jahres neigte sich diese Ära jedoch ihrem Ende zu. Diese Entscheidung habe Strähhuber nicht nur aus Altersgründen getroffen, sondern auch, weil es an der Zeit sei, den Platz für jemand neuen frei zu mache. "Die Weiterentwicklungen und Reformen in der Kirche können nicht von uns Alten ausgehen, das müssen die Jungen machen." Strähhuber hat keine Zweifel, dass die von ihm hinterlassene Lücke gefüllt werden wird. "Da tut sich schon was", sagt er zuversichtlich.

Sein musikalischer Werdegang fing früh an. Als Jugendlicher besuchte er das Internat in Freising und sang dort im Chor des Domkapellmeisters Max Eham. Für Strähhuber eine prägende und lehrreiche Zeit. Zurück in Gernlinden begann er als 18-Jähriger im Kirchenchor zu singen. Damals sei der Chor relativ klein gewesen. Im Sopran und im Alt habe es jeweils vier Stimmen gegeben, Tenor und Bass waren mit insgesamt fünf Sängern besetzt. "Aber wir waren alle jung und junge Leute probieren sich eben aus", schmunzelt er.

Ohne professionelle Ausbildung

Drei Jahre später wäre es dann fast zur Auflösung des Chores gekommen. Der alte Chorleiter habe aufgehört und der damalige Pfarrer stellte sie vor die Wahl: "Entweder jemand von euch übernimmt den Chor oder es ist eben vorbei." Letztlich fiel die Wahl auf Strähhuber, da er Latein konnte. Zu dieser Zeit in der Kirchenmusik noch ein wichtiger Faktor. Auch wenn er keine professionelle Ausbildung hatte, machte er sich nicht all zu viele Gedanken ob der Herausforderung, einen Chor anzuleiten. Mit der "Unverschämtheit des Mutes" habe er sich gedacht: "Schaun wir mal, dann sehen wir schon."

Später machte er Seminare für Chorleitung und entwickelte seine Fähigkeiten weiter. Auch der Chor selbst wuchs, mittlerweile sind es um die 40 aktiven Sängerinnen und Sänger. Sie haben ein breites Repertoire an vielfältigen Stücken. Das reicht von der doppelchörigen Barockmusik des venezianischen Komponisten Giovanni Gabrieli bis hin zu den vielstimmigen Stücken der orthodoxen Kirchenmusik. Aber auch Mozart würden sie gerne singen. "Der geht ins Ohr und beschwingt die Menschen."

Soziale Gefüge

Inspiration für neue Projekte findet Strähhuber im Alltag. "Man lebt ja in der Welt", lacht er. Als Chorleiter brauche man sowohl ein Gespür für die Musik als auch für das gemeinsame Erarbeiten der Stücke. Insbesondere sein Beruf als Lehrer habe ihm dabei geholfen, den Chor auch als soziales Gefüge zu verstehen. Eine Schwachstelle hat Strähhuber jedoch immer gehabt: Er spielt nicht Klavier. Umso dankbarer sei er für die Unterstützung von Organist und Pianist Wolfgang Lechner aus Olching. Dieser begleitet den Chor sowohl bei Proben als auch bei Aufführungen.

Der Kirchenchor Gernlinden ist nicht das einzige Steckenpferd von Strähhuber. Lange Jahre unterrichtete er als Lehrer für Deutsch, Geschichte und Geografie am Brucker Viscardi-Gymnasium. 1997 wechselte er dann an das Dom-Gymnasium in Freising, um dort bis 2009 die Position des Schulleiters einzunehmen. Auch wenn der 77-Jährige seit einiger Zeit pensioniert ist, bleibt er in zahlreichen Projekten involviert. So engagiert er sich neben dem Chor auch beim Bauernhofmuseum Jexhof und gibt dort Führungen. Außerdem hat er 2012 gemeinsam mit seiner Frau Annemarie Strähhuber das Literatur-Café gegründet. Bei den Veranstaltungen werden nicht nur ausgewählte Texte vorgetragen, auch die Livemusik darf nicht fehlen.

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