Belastetes Kunstwerk:Abreißen und schweigen

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Das Gemälde von Karl Sonnauer erinnert stark an die Blut- und Bodenideologie. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Frage, was mit dem Gemälde von Karl Sonner geschehen soll, hätte die Chance geboten, über den Umgang mit NS-belasteter Kunst zu debattieren. Der Kreiskulturausschuss hat sich leider für den einfachen Weg entschieden

Kommentar von Florian J. Haamann

Dass man sich in Fürstenfeldbruck schwertut, einen angemessenen Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zu finden und sie entsprechend aufzuarbeiten, ist spätestens seit der unsäglichen, jahrelangen Debatte um die Umbenennung belasteter Straßennamen bekannt. Deshalb überrascht es wenig, dass sich nun auch der Kreiskulturausschuss bei der Frage, wie man mit dem Gemälde von Karl Sonner an der zum Abriss bestimmten Landwirtschaftsschule umgehen soll, dafür entschieden hat, die Sache maximal geräuschlos abzuwickeln. Es ist bezeichnend, dass sich die Kreisräte nach einer überschaubaren Diskussion dazu entschieden haben, sich einfach dem Vorschlag der Kreisverwaltung anzuschließen: Fotografieren und dann abreißen, weil andere Optionen zu teuer wären. Ganz so, als handle es sich um ein x-beliebiges Fassadengemälde eines x-beliebigen Malers.

Ja, ein bisschen beliebig ist die Lüftlmalerei mit einem Hauch Blut- und Bodenideologie schon. Und um ihrer selbst willen ist sie nicht unbedingt erhaltenswert. Zu einer etwas umfassenderen Diskussion aber hätte durchaus die Tatsache Anlass gegeben, dass es von einem Künstler stammt, der wenige Jahre zuvor noch in den Konzentrationslagern von Dachau und Oranienburg im Auftrag der SS gemalt hat, der NSDAP-Mitglied und Hilfspolizist in Maisach war und der einen abgestürzten US-Piloten erschossen hat, nach eigener Angabe aus Notwehr. Wie gut hätte man also debattieren können, warum eine Arbeit eines solchen Künstlers 70 Jahre lang ein so prominentes Gebäude "zieren" kann, ganz ohne jegliche Einordnung, jeglichen historischen Hinweis, warum Sonner überhaupt beauftragt wurde. Oder darüber, welche ähnlichen Fälle es noch gibt und wie man damit umgehen könnte. Oder gar darüber, ob man das schwierige Sonner-Werk vielleicht doch retten sollte - um es in ein Museum aufzunehmen und exemplarisch daran über die schwierige Frage des Umgangs mit NS-belasteten Künstlern und ihren Kunstwerken aufzuklären.

Dass die Kreisräte stattdessen lieber die Stühle zum "Stück Zeitgeschichte" erklären, über dessen Zukunft man sprechen sollte, macht sprachlos.

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