Kabarett:Schiffsspuren im Meer

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Gisela Marx macht im Nachtasyl Frauenkabarett

Von Zoe Englmaier, Germering

"Daher kommt es, dass bei der Lektüre historiografischer Werke über weite Zeitläufe hinweg von den Spuren der Frauen nicht mehr erscheint als von den Spuren eines Schiffes im Meer" - ein Zitat von Anna Maria von Schürmann, eine der ersten Studentinnen Europas. Diese Äußerung nahm sich Gisela Marx, Schauspielerin, zu Herzen, als sie mit ihrem kabarettistischen Programm "Jahrhundert-Revue" vor 18 Jahren begann. "Die Spuren der Frauen in der Geschichte gleichen den Spuren der Schiffe im Meer", resümiert Marx, 80, das Zitat von Schürmann. Ein Leitspruch, den sie schon lange kennt und als Ziel vor Augen hat. Sie wird am Montag, 12. November, mit ihrer Gruppe "Generationenkomplott" im Nachtasyl der Germeringer Stadthalle auftreten.

Anlässlich des Jubiläums "100 Jahre Frauenwahlrecht" laden die Germeringer Fraueninitiative und die Gleichstellungsstelle der Stadt das Frauenkabarett mit einem gekürzten Programm der Jahrhundert-Revue "Frauen Ungeheuer im Kommen" ein. Marx schlüpft in zeittypische Figuren, um die Geschichte der Frauenbewegung zu erzählen. Mit musikalischer Begleitung der 35 Jahre jüngeren Dorrit Bauerecker reist das Duo des Generationenkomplotts in der Zeit zurück. Das Programm ist eine Kombination aus Sketchen, Liedern, Chansons, Schlager, Zeitdokumenten und Originaltexten. So zitiert sie Niederschriften der ersten Diskussion über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf der Reichstagsversammlung anfang des 20. Jahrhunderts. "Es ist eine Mischung aus Unterhaltung und Bildungsvorstellung. Wir müssen aus diesem festgelegten Frauenbild entfliehen. Es lebt bis heute noch in unserer Gesellschaft", erklärt Gisela Marx. Sie spricht von den Siegen und Niederlagen der Frauenbewegung. So seien das Gleichberechtigungsgesetz und das allgemeine deutsche Frauenrecht klare Gewinne. Jedoch gebe es bis heute keine wirkliche Gleichstellung im Beruf. "Ich finde es schrecklich, dass es in Spielzeuggeschäften getrennte Abteilungen für Mädchen und Jungs gibt. Auch, dass die einen rosa und die anderen blau sind."

Sie wird in Germering ein einstündiges "Best of" zeigen. Es sei zwar ein intellektuelles Programm, jedoch keine Lehrveranstaltung. Trotzdem werden geschichtliche oder politsche Ereignisse erklärt und mit satirischen Elementen versehen. Den Ausdruck "Jahrhundert der Frauenbewegung" findet Marx allerdings falsch. Es seien 150 Jahre, da die Emanzipation der Frau schon während der Französischen Revolution 1789 begonnen habe. Auf die Parole "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" stellte Olympe de Gouges, Frauenrechtlerin im 18. Jahrhundert, die Frage, wo denn die Frauen da ihren Platz hätten. Schließlich beziehe Brüderlichkeit nur ein Geschlecht mit ein. Diese Provokation und de Gouges darauffolgende Hinrichtung markieren den Beginn der Frauenbewegung.

"Jetzt setze ich Spuren", erklärt die 80-jährige Münchnerin. So unterteilt sie ihr Programm in vier Einheiten: Prolog bis 1918, 1919 bis 1948, 1949 bis 1978 und 1979 bis 2018. "Es sind so viele interessante und einschlagende Ereignisse vor 1918 geschehen, die kann ich nicht weg lassen." Deshalb behandelt der Auftakt die wichtigsten Ereignisse vor dem Eintritt des Wahlrechts. Auch im letzten Akt blickt eine erfundene Dozentin satirisch in die Zukunft und spricht über Themen, die sich noch verändern sollten. "Ich möchte den Menschen klar machen, dass die Frauen eine Geschichte haben", und diese sollte auch erzählt werden.

Montag 12. November, 20 Uhr, Nachtasyl, Stadthalle Germering, Landsbergerstraße 39, Eintritt frei

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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