Der politische Trend spricht zurzeit nicht gerade für die SPD. Umso erstaunlicher ist es, dass sich gerade jetzt eine weitere Ortsgruppe der Jungsozialisten bildet. Geschehen ist das im Germeringer Büro der SPD-Bundestagsabgeordneten Carmen Wegge. Erster Vorsitzender der örtlichen Juso AG ist Leo Rickenstorf.
Mit dem 19 Jahre alten Abiturienten vollzieht sich auch in der Germeringer SPD eine erstaunliche Verjüngung dieser Traditionspartei. Ist doch erst kürzlich Maximilian Hermenau zum SPD-Ortsvorsitzenden gewählt worden. Hermenau ist 26 Jahre alt. Bei den anstehenden Europawahlen konzentrieren sich Jusos und SPD auf die ganz jungen Wähler, denn erstmals sind 16-Jährige wahlberechtigt.
Leo Rickenstorf macht gerade eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Zuvor war er einige Wochen und Monate bei den Gebirgsjägern der Bundeswehr dabei. In die SPD ist er im vergangenen Jahr eingetreten und gleich in den SPD-Ortsvorstand gewählt worden. "Die AfD hat zu viele Stimmen", beginnt Rickenstorf die politische Begründung für sein Bekenntnis. In Germering würde es nur die Junge Union als politische Jugendorganisation der CSU geben. "Die Monopolstellung der JU wollen wir brechen", bekräftigt der neue Juso-Chef.
Der personelle Rückenwind bei der Konstituierung der Juso-Gruppe in Germering hätte noch etwas größer sein können. Zur moralischen Unterstützung war auch eine kleine Abordnung der kürzlich gegründeten Juso-Gruppe aus Starnberg gekommen. Die waren jedoch nicht stimmberechtigt, so dass die Versammlung aus nur vier Mitgliedern bestand. Stimmberechtigt war aber der SPD-Vorsitzende Hermenau, der im Juso-Alter ist. Das geht übrigens bis 35 Jahre. Zur Erinnerung: In diesem Alter hatte einst auch noch der heutige Kanzler Olaf Scholz als Mitglied des Juso-Vorstandes ganz vehement für den Sozialismus plädiert. Auch sein SPD-Vorgänger Gerhard Schröder tat dies Ende der Siebzigerjahre als Chef der Jusos in Niedersachsen und im Bund.
Maximilian Hermenau hat schon einen Vorsitzendenposten. Die drei weiteren stimmberechtigten Mitglieder der Juso-Versammlung in Germering haben jetzt alle auch gleich ein Vorstandsamt. Da ist Sol-Ha Park; er wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Park ist 25 Jahre alt und hat einen koreanischen Hintergrund. Seit 2022 lebt er in Germering und ist 2023 vor der bayerischen Landtagswahl in die SPD eingetreten. "Diese Partei steht für soziale Politik für alle", sagt Park und hofft darauf, dass die SPD etwas "gegen die steigende Ungleichheit in der Einkommensverteilung" hierzulande unternimmt. Stefanie Kaiser, die weitere Stellvertreterin Rickenstorfs, arbeitet als Erzieherin und ist 23 Jahre alt. Auch sie will mit den Jusos "für mehr soziale Gerechtigkeit und für familienfreundliche Politik" eintreten.
Mit der Gründung der Juso AG in Germering hellten sich die Gesichter von Johannes Schreck und Christopher Melf merklich auf. Schreck leitet die Juso-Gruppe in Fürstenfeldbruck, die bisher im Landkreis allein auf weiter Flur gewesen ist. Melf vom Juso-Vorstand Oberbayern freute sich vor allem auch über die Verjüngung der Jusos und über "neue Strukturen" außerhalb Münchens. Er lud die neue Gruppe gleich zur Juso-Bezirkskonferenz Mitte Februar ein. Melfs Motto nach der für die SPD desaströsen Landtagswahl: "Es gibt wenig zu verlieren, viel zu gewinnen." Die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge, auch noch im Juso-Alter, hat der neuen Gruppe jede Unterstützung zugesagt, inklusive der Nutzung ihres Büros als Versammlungsort.
Mit dem umgehend beschlossenen "Aktionsplan" wollen die Germeringer Jusos "Anlaufpartner für junge Menschen sein, die sich für progressive und soziale Ziele einsetzen". Sie wollen die SPD beim Wahlkampf für die Europawahlen im Juni unterstützen. Deutschlandweit wird es dann 2,3 Millionen Jungwähler ab 16 Jahren geben. Hier wollen auch die Germeringer Jusos ansetzen.