Johanneskirche in Olching:"Die Außenwirkung ist weniger geworden"

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Bernhard Sauermann vom Kirchenvorstand erzählt von den wilden Anfangsjahren der Gemeinde. Heute geht es zwar ruhiger, aber dennoch genauso aktiv zu.

Interview: Florian J. Haamann

Es ist ein dreifaches Jubiläum, dass die evangelisch-lutherische Gemeinde Olching an diesem Sonntag feiert. Vor 60 Jahren wurde die Johanneskirche gebaut, zehn Jahre später, vor 50 Jahren also, erlangte die Gemeinde ihre Selbstständigkeit. Und vor 25 Jahren schließlich wurde der Johannes-Kindergarten eröffnet. Bernhard Sauermann erlebte die Gemeinde als Kind, Jugendlicher und nach dem Studium dann als Familienvater und Mitglied im Kirchenvorstand.

Orgel in der evangelischen Johanneskirche. (Foto: Johannes Simon)

SZ: Müssen Sie sich eigentlich oft dafür rechtfertigen, dass Sie gläubig sind?

Bernhard Sauermann: Interessanterweise ist es bei mir umgekehrt. Wenn ich mit Leuten in Kontakt komme, die nicht so viel mit der Kirche zutun haben, versuchen die sich vor mir dafür zu rechtfertigen. Und wenn sie rauskriegen, dass ich im Kirchenvorstand bin, erzählen sie mir oft Geschichten, die ich so gar nicht hätte hören wollen, weil sie so persönlich sind.

Bernhard Sauermann. (Foto: Günther Reger)

Könnte es sein, dass es eine Generationenfrage ist und dass es für Jugendliche schwerer ist, Christ zu sein?

Das kann ich mir durchaus vorstellen. Als Lehrer höre ich oft Gespräche, bei denen es heißt, wie, du gehst in die Kirche? Das ist doch nicht chillig.

Bedeutet Christ sein heute auch etwas anderes als vor 30 Jahren?

Ich habe es damals Ende der 1970er als wesentlich politischer erlebt. Wir waren in der Anti-Atomkraft-Bewegung aktiv und haben uns in der Dritten Welt engagiert. Wir hatten damals ein Projekt, bei dem wir nach Tansania gefahren sind, um in einem Krankenhaus eine komplette Telefonanlage einzubauen. Gleichzeitig war uns auch das Kontemplative wichtig, wir sind beispielsweise nach Taizé gefahren. Heute köchelt es manchmal ein bisschen vor sich hin, habe ich das Gefühl. Es ist schön, Diskussionskreise zu haben, in denen man auch Musik tauschen kann. Aber die starke Außenwirkung ist weniger geworden. Alles ist viel ruhiger, man ist noch vor Ort, sehr engagiert, aber weniger politisch.

Hört sich an, als ob die Gemeinde erwachsen geworden ist.

Vielleicht ist sie das. Ruhiger, erwachsener. Sie hat andere Schwerpunkte entdeckt, ist nachdenklicher geworden. Aber das ist ja überhaupt nichts schlechtes, nur etwas anderes.

Die Gemeinde feiert in diesem Jahr 50. Geburtstag. Seit wann gehören sie dazu?

Meine Eltern sind Anfang der 1970er mit mir hierher gezogen. Zum Studium habe ich die Stadt dann verlassen, aber seit 1995 bin ich wieder hier.

Und dann haben Sie sich gleich ins Gemeindeleben gestürzt?

Erstmal hatte ich damit wenig am Hut, weil die Familie im Vordergrund stand. Aber dann wurde ich durch den Kindergottesdienst angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, etwas mit aufzubauen. Eigentlich ging es nur um den Krabbelgottesdienst. Aber dann bin ich richtig reingerutscht. Ehe ich mich versehen konnte, hat mich Pfarrer Sauer gefragt ob ich nicht Lust hätte, für den Kirchenvorstand zu kandidieren. Er hat mich dann kurz überredet und plötzlich war ich nicht nur im Vorstand, sondern gleich Vertrauensmann. Und das habe ich dann zwölf Jahre gemacht.

Das Amt haben Sie dann im vergangenen Jahr abgegeben. Ist jetzt Schluss?

Ich habe mich zwar im vergangenen Jahr noch einmal wählen lassen, aber ich habe auch klar gemacht, dass ab jetzt kleinere Brötchen gebacken werden. Ich finde, es gelingt mir ganz gut, meine Familie ist da allerdings noch anderer Meinung.

Mit gut 6000 Mitgliedern ist die evangelische Gemeinde in Olching relativ groß. Würden Sie auch sagen, dass es eine aktive Gemeinde ist?

Auf jeden Fall. Wir haben ein ungeheures Angebot an Aktivitäten, von der Kinderkirche, bis zum Familienwochenende. Vor allem aber haben wir aktuell etwa 250 ehrenamtliche Mitarbeiter. Wenn man alle Mitglieder zählt, die regelmäßig an der Gemeindearbeit mitwirken, würde ich sagen, wir haben rund eintausend Aktive .

Gibt es auch Phasen in der Geschichte ihrer Kirchengemeinde, in denen es nicht so gut lief?

Wir hatten einmal das Problem, dass es wegen der Doppelstruktur Olching und dazu Maisach-Gernlinden etwas Knatsch gab. Aber wir haben uns dann von außen eine Gemeindeberatung geholt, die die Strukturen angeschaut und geklärt hat, was falsch läuft. Das war vor sechs Jahren, seitdem läuft es wirklich gut.

Und vorher?

Schwierig war wohl die Gründung der Gemeinde. Es sollte schon Anfang der 1920er Jahre eine Gemeinde gegründet werden. Aber mit der Inflation war das ganze erspare Geld weg. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es einen Herrn Brenzlau, der die Gemeindegründung forciert hat. Das Problem war aber wieder das Geld, weil damals wohl viele der Evangelischen hier schlesische Auswanderer waren, die kaum etwas hatten. Aber die haben dann mit Händen und Füßen an der Kirche gebaut und 1953 wurde sie eingeweiht. Eigentlich war sie nur als Gemeindehaus genehmigt, aber der Dekan muss bei der Einweihung gesagt haben: Wenn ein Kreuz drauf ist, dann ist es auch eine Kirche.

Gibt es eine Person, die die Gemeinde besonders geprägt hat?

Wer mich als Jugendlichen geprägt hat, das war der Pfarrer Stauber. Der hat unglaublich viel Jugendarbeit gemacht. Wir sind immer mit drei oder vier VW-Bussen losgefahren, in die Berge, auf Hütten, haben die wildesten Touren gemacht und dort gefeiert und gesungen. Ich würde heute nicht mit 30 Jugendlichen auf einen Klettersteig gehen, da würde ich ja tausend Tode sterben. Es war also schon mutig, was er damals gemacht hat. Und in dieser Zeit haben sich einige Erwachsenenkreise gebildet, die auch heute noch aktiv sind.

Kann man sagen, dass der Grundstein für die heutige Aktivität in dieser Zeit gelegt wurde?

Zum Teil ist das bestimmt so. Auch, weil die Arbeit von den Nachfolgern fortgeführt wurde, etwa mit der Gründung des Kindergartens. Diese Mischung aus Angeboten für Kinder, Jugendliche und Familien hat einfach super funktioniert und sie tut es bis heute. Wir haben auch einen ziemlichen jungen Kirchenvorstand, die meisten sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Ich gehöre da also schon eher zu den Alten.

Den Auftakt zum Jubiläumsfest am Sonntag bildet ein Gottesdienst um 11 Uhr. Danach wird von der Kirche bis zur Paulusgrube gefeiert. Unter anderem mit Hüpfburg, Kinderschminken und Posaunenkonzert.

© SZ vom 22.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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