Fürstenfeldbruck:Wie ukrainische Flüchtlinge einen Job finden

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Im Veranstaltungsforum informiert sich eine Ukrainerin (rechts) am Stand von "Help4ukrainians" aus Mammendorf. Von links: Dolmetscherin Yevheniia Ternoushko und Petra Gerum. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Erstmals veranstaltet die Arbeitsagentur eine Berufsmesse in Fürstenfeldbruck, die sich vor allem an Menschen aus dem osteuropäischen Land richtet. Das Angebot wird gut angenommen.

Von Noah May, Fürstenfeldbruck

Die Arbeitslosenquote ist im Landkreis zuletzt auf 3,1 Prozent gestiegen. Zurückzuführen ist das auf den Zuzug ukrainischer Geflüchteter, die nun Grundsicherung erhalten und in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Zu diesem Zweck hat das Jobcenter Fürstenfeldbruck die Berufsmesse "Jump 2 Job" veranstaltet, bei der sich die Geflüchteten und Unternehmen austauschen konnten.

Claudia Baubkus leitet das Jobcenter. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Machen ist wie wollen, nur krasser", sagt die Geschäftsführerin des Jobcenters Claudia Baubkus. Sie wolle sich mit den zugezogenen Menschen nicht nur am Schreibtisch beschäftigen, sondern sie wirklich kennenlernen und aktiv etwas machen. Die Arbeit des Jobcenters beginne bei der Existenzsicherung: Keiner solle obdachlos werden oder nicht genug Essen für seine Kinder haben. Dann folge aber die Auseinandersetzung mit dem Arbeitsmarkt. Dafür wurden viele Ukrainer ins Jobcenter eingeladen, dann kam man auf die Idee, eine Berufsmesse zu organisieren. Denn Fachkräfte werden auch im Landkreis gesucht und viele Ukrainerinnen und Ukrainer verfügen über eine gute schulische oder berufliche Qualifikation. Flüchtlinge, die aus dem osteuropäischen Land kommen, müssen kein langwieriges Asylverfahren durchlaufen und sind in der EU gleich nach ihrer Ankunft arbeitsberechtigt - anders als Flüchtlinge aus anderen Ländern.

Insgesamt 1 683 Ukrainer befinden sich im Landkreis in der Grundsicherung. Größtenteils Frauen und Kinder haben in Fürstenfeldbruck Zuflucht gefunden, nur rund ein Fünftel der Erwachsenen ist männlich. Gut die Hälfte aller 25 bis 50-Jährigen will in Deutschland bleiben - auch nach dem Krieg, sagt Baubkus. Daher sei die Integration in den Arbeitsmarkt das Hauptziel. Langzeitarbeitslosigkeit soll von Anfang an verhindert werden. Auch um eine schnelle Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.

Insgesamt 900 Ukrainer und 18 Unternehmen aus dem Landkreis wurden zu der Jobmesse am Dienstag im Veranstaltungsforum eingeladen. Von 850 Ukrainern habe man eine Rückmeldung erhalten. Die Messe ist gut besucht, die Vertreter der unterschiedlichen Unternehmen und Organisationen aus dem Landkreis freuen sich über die vielen Interessierten an ihren Ständen. Dort liegen Broschüren und Werbegeschenke bereit. Teilweise stehen die Arbeitssuchenden schon um 7.30 Uhr an, zwei Stunden vor Beginn.

Besucher und Aussteller zeigen sich zufrieden mit dem Angebot. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Eine Mitarbeiterin der Diakonie zieht ein positives erstes Resümee: Überraschend viele Menschen seien bisher an ihren Stand gekommen. Vor allem Ärztinnen und Lehrerinnen, viele Fachkräfte also, die so dringend gebraucht werden. Dolmetscher des Jobcenters helfen, wo die Deutsch- und Englischkenntnisse nicht ausreichen. Claudia Baubkus will verstärkt berufsbegleitende Deutschkurse fördern, so gelinge der Einstieg in die Arbeitswelt schneller. "Die Menschen wollen arbeiten", fügt sie hinzu. Und sie sollen nicht in prekären Verhältnissen im Niedriglohnsektor tätig sein müssen.

Die Mitarbeiter von Rewe sind ebenfalls zufrieden. Sie suchen vermehrt nach Quereinsteigern, es gibt einige Interessenten, aber viele passen auch nicht ins Profil. Denn eine Großzahl der Ukrainer hat bereits ausgelernt und einen Schulabschluss. Ihre Abschlüsse können die Besucher beim Stand der Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen anerkennen lassen, dort bildet sich eine lange Schlange. "Wir waren beeindruckt von diesen Menschen", so Baubkus. Die Flüchtlinge, die 2015 nach Fürstenfeldbruck gekommen sind, hätten eine andere Zuwendung gebraucht, erinnert sie sich. Die individuellen Qualifikationen hätten damals einen beruflichen Einstieg erschwert. Heute ist die Situation anders, aber auch damals sei die Vermittlung in den Arbeitsmarkt großflächig gelungen.

"Man muss den Menschen Wertschätzung geben", betont die Chefin des Jobcenters. Das würde man sich selbst ja auch wünschen. Nicht nur Ukrainer und Flüchtlinge aus anderen Ländern wurden eingeladen, sondern auch Langzeitarbeitslose, die vor der Pandemie noch selbständig waren und sich nun neu orientieren müssen. Baubkus gibt sich optimistisch, denn in Fürstenfeldbruck blühe der Arbeitsmarkt. Die Jobmesse "Jump 2 Job" scheint jedenfalls ein Erfolg geworden zu sein, Arbeitgeber und Arbeitssuchende zeigen sich zufrieden.

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