Fürstenfeldbruck:Insolventes Busunternehmen Enders ist gerettet

Lesezeit: 4 min

Es geht weiter: Das Busunternehmen Enders hatte Insolvenz angemeldet, nun übernimmt die ABGE Bus GmbH dessen Linienbusverkehr. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Durch den Einstieg einer neu gegründeten Gesellschaft können die Regionalbusse auf den Landkreislinien weiterfahren und 70 Beschäftigte weiterarbeiten. Damit findet ein komplexer Firmenverkauf ein gutes Ende.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Das insolvente Fürstenfeldbrucker Bus- und Reiseunternehmen Enders ist gerettet: Die ABGE Bus GmbH übernimmt Enders Reisen zum 1. September. Es handelt sich um ein Joint Venture zwischen der Busverkehr Südbayern GmbH mit Sitz in Karlsfeld und dem Busunternehmen Martin Geldhauser, das seinen Firmensitz in Hofolding und einen zusätzlichen Betriebshof in Germering hat. Viereinhalb Monate nach dem Insolvenzantrag des Unternehmens kam es damit zu einer Sanierungslösung, die 70 Arbeitsplätze rettet und dem öffentlichen Personennahverkehr im Landkreis weitere Probleme über den bestehenden Busfahrermangel und anhaltende Notfahrpläne hinaus erspart.

"Es war ein sehr herausfordernder und komplexer Verkaufsprozess unter schwierigen Rahmenbedingungen", fasst Insolvenzverwalter Oliver Schartl von der Münchner Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen zusammen. Die neu gegründete ABGE Bus GmbH übernimmt den Teilgeschäftsbetrieb des öffentlichen Personennahverkehrs von Enders mit 57 Bussen und etwa 70 Mitarbeitern und stellt sicher, "dass der Busverkehr auf vielen Regionalbuslinien weitestgehend reibungslos weiterlaufen kann", heißt es in einer Pressemitteilung der Kanzlei. Angesichts des massiven Personalmangels auch in der Verkehrsbranche sei es keine Selbstverständlichkeit, dass der Erwerber die Busse auf vielen Linien weiter bedienen könne, betont Schartl. Enders hatte auf den Linien im öffentlichen Nahverkehr während der Schulzeiten täglich auch weit über 1500 Schulkinder zur Schule gefahren.

Die Firma Enders ist seit 1950 in Fürstenfeldbruck ansässig

Enders Reisen war in den 1930er Jahren in Ostdeutschland als Reiseunternehmen gegründet und seit 1950 als Busunternehmen mit Reisebüro in Fürstenfeldbruck geführt worden. Die Enders Reisen GmbH & Co. KG in der jetzigen Form bestand seit 2004. Mit insgesamt 57 Bussen war das Unternehmen auf den regionalen Personenbeförderungsverkehr in den Kreisen Fürstenfeldbruck, Dachau und Starnberg spezialisiert. Im Auftrag des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV) bediente es 15 Regionalbuslinien in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Dachau und Starnberg, darunter die beiden Expressbuslinien X800 und X900. Am 25. März dieses Jahres stellte die Enders Reisen GmbH & Co. KG beim Amtsgericht München Insolvenzantrag. Auslöser dafür waren laut Insolvenzverwalter die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie die gestiegenen Dieselpreise infolge des Ukraine-Kriegs. Das Amtsgericht München ordnete am 28. März die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Unternehmens an und bestellte Rechtsanwalt Oliver Schartl zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der hatte schon vor fünf Jahren im Landkreis zu tun, mit dem Insolvenzverfahren des SC Fürstenfeldbruck. Das Insolvenzverfahren über Enders Reisen wurde am 1. Juni eröffnet.

Die neuen Eigner sind keine Unbekannten im Regionalbusgeschäft. Die Busverkehr Südbayern GmbH, ein Unternehmen der Autobus Oberbayern Gruppe und der Baumann Busbetrieb GmbH, und die Martin Geldhauser Omnibusunternehmen im Linien- und Reiseverkehr GmbH & Co. KG, die zusammen die ABGE Bus GmbH gründeten, sind bereits mit ihren Bussen im Landkreis unterwegs: Busverkehr Südbayern auf acht Linien im Raum Germering, Geldhauser als Bietergemeinschaft mit Regionalverkehr Oberbayern (RVO) im Raum Maisach/Egenhofen. Hinter der neu gegründeten Gesellschaft stünden traditionsreiche Busunternehmen aus München und der Region, die sich bereits seit Jahrzehnten am Markt behaupteten und diese Erfahrung einsetzen wollen, "um den Betrieb unter neuer Flagge zurück in die Erfolgsspur zu bringen", kündigt deshalb ABGE-Geschäftsführer Nico Schoenecker an.

Bürger beschweren sich über das Verkehrsaufkommen im Wohngebiet

Eine Lösung mit einem neuen Investor zu finden, war trotz zahlreicher Interessenten nicht einfach. Auch wegen der Immobilie in der Mühlfeldstraße in Fürstenfeldbruck, die im Besitz der Familie Enders ist. Zwar war die Firma dort schon lange ansässig, ehe sich das Wohngebiet ausweitete, doch vor ein paar Jahren begannen sich Bürger massiv über das Verkehrsaufkommen durch den Busbetrieb zu beschweren. Wichtig sei im Rahmen des Investorenprozesses deshalb auch gewesen, "dass es glückt, dass der Betrieb dort über kurz oder lang auszieht", erläutert Schartl auf Nachfrage der SZ. Schon länger wollte die Firma Enders einen neuen Betriebshof auf einem Grundstück an der Augsburger Straße bauen, für ein entsprechendes Vorhaben gibt es eine Genehmigung. Das neue Unternehmen verfolgt die Pläne weiter und will an die Augsburger Straße umziehen, sobald der Betriebshof dort steht. Schartl zufolge wird dies in den nächsten Jahren der Fall sein. Bis dahin werden die neuen Eigentümer am bisherigen Standort bleiben, den sie dafür gepachtet haben.

Dass sich die Verhandlungen schwierig gestalteten und mit verschiedensten Akteuren geführt werden mussten, lag auch an der diffizilen Lage, in der sich das Busgeschäft generell seit der Corona-Pandemie befindet. Noch immer muss der Landkreis Notfahrpläne für seine Buslinien aufstellen, weil ein branchenweiter Mangel an Busfahrern herrscht und weil sich zudem die Pandemie im Speziellen auswirkt: Andauernd fallen Busfahrer wegen Corona-Infektionen und Quarantäne aus. Um die seit Beginn des Krieges in der Ukraine auch noch exorbitant gestiegenen Treibstoffkosten aufzufangen und um sich Liquidität zu sichern, erhielten die Busunternehmen bereits im Frühjahr ihre erst für Herbst vorgesehenen Abschlagszahlungen. Darauf weist Hermann Seifert, ÖPNV-Experte im Landratsamt Fürstenfeldbruck, hin. Der Kreistag stimmte zudem Sonderzahlungen an die Busunternehmen zu, auf die sich der MVV und seine acht Verbundlandkreise geeinigt hatten.

Für das Reisebüro gibt es keinen Nachfolger. Es muss schließen

Zumindest für die etwa 70 Mitarbeiter von Enders Reisen nahm das Insolvenzverfahren nun ein gutes Ende. Ihre Arbeitsplätze sind gerettet. Die Ängste der Beschäftigten seien zwischendurch schon sehr groß gewesen, erinnert sich Schartl. Sie könnten sich darauf verlassen, dass die familiäre Atmosphäre der Firma Enders bestehen bleibe, kündigt ABGE-Geschäftsführer Schoenecker an. Das zur Firma Enders Reisen gehörende Reisebüro indes musste zum 1. Juli geschlossen werden. Dort waren nach Angaben des Insolvenzverwalters fünf Mitarbeiter tätig. "Lösungen für das Reisebüro sind an der Unsicherheit wegen Corona gescheitert", sagt er. Reisebusse hatte das Unternehmen nicht mehr.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: