Haushalt 2023:Schulterschluss von Kreis und Kommunen

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Um auch in den kommenden Jahren einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen zu können, sieht Kreiskämmerer Michael Mair nur eine Möglichkeit: Die Kreisumlage musst drastisch erhöht werden. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Der Landkreis verzichtet darauf, seinen Städten und Gemeinden mehr Geld abzunehmen. Alle Kommunalpolitiker eint die Klage darüber, dass sie immer neue Aufgaben übernehmen müssen.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Mit einem besonderen Schulterschluss zwischen Kommunen und Landkreis und ausreichend Verständnis für die jeweilige Lage des anderen ist der Kreishaushalt für das kommende Jahr verabschiedet worden. Im Vorfeld hatte Landrat Thomas Karmasin (CSU) das Gespräch mit den Kreistagsfraktionen und den Bürgermeistern gesucht, um zu eruieren, wer welche finanziellen Lasten schultern kann. Heraus kam schließlich eine hundertprozentige Zustimmung der Kreisrätinnen und Kreisräte zum Etat 2023.

Erst viermal ist es im immerhin 26-jährigen Wirken Karmasins als Landrat vorgekommen, dass er seinen Haushalt ohne eine einzige Gegenstimme durchbrachte. Im Vorjahr hatte als einzige Fraktion die AfD dagegen gestimmt. Die schwierige Ausgangslage der vielen aufeinander folgenden Krisen schweißte die Kommunalpolitiker zusammen. Denn ein Landkreis kann seine Ausgaben nie aus eigenen Mitteln stemmen, sondern muss sich einen Teil des Geldes bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden holen. Der Kreisumlagesatz gibt vor, wie viel das sein soll. Von einem zunächst verkündeten Satz von 58 Prozent arbeitete sich der Kreistag auf nunmehr 48,88 Prozent herunter. Das bedeutet: Die Kommunen müssen weniger Geld an den Kreis abgeben.

Vor etwas mehr als einer Dekade war die Höhe der Kreisumlage regelmäßiger Streitpunkt in den Haushaltsdebatten gewesen, danach entwickelten sich die finanziellen Grundlagen für die kommunale Ebene besser. "Große Solidarität mit seinen Gemeinden" übe der Landkreis nun, betonte Landrat Karmasin in seiner Haushaltsrede. Er hoffe, dass die Solidarität keine Einbahnstraße bleibe, und erinnerte auch daran, dass der Kreis schließlich auch Aufgaben übernehme, damit die Gemeinden "diese nicht selber machen müssen".

In diesem Jahr ist wieder alles normal und die Kreistagssitzung findet nicht mehr im Freien statt

Die 56 anwesenden Kreisrätinnen und Kreisräte und etwa knapp 30 Verwaltungsmitarbeiter, die an der finalen Sitzung im Jahr 2022 teilnahmen, durften sich diesmal wieder im großen Sitzungssaal des Landratsamtes einfinden und waren mit Außentemperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt höchstens bei der Anfahrt konfrontiert. Weit weg erschien das Geschehen aus dem vorigen Jahr, als die Sitzung als Corona-Vorsichtsmaßnahme kurz vor Weihnachten bei ähnlichem Wetter auf das überdachte Parkdeck verlegt worden war.

Knapp anderthalb Stunden benötigten die insgesamt elf Haushaltsredner für ihre Beiträge. Emanuel Staffler, Sprecher der CSU-Fraktion, erinnerte daran, wie "total seriös und kollegial" das Gremium an die Etatberatungen herangegangen sei: "Wir haben uns nicht in politischen Grabenkämpfen verloren." Nicht einmal die Grünen machten auf Opposition. Man werde zustimmen, weil es zu spät ist, umzusteuern, sagte deren Fraktionssprecher Martin Runge und meinte es möglicherweise auch so, obwohl sich die übrigen Kreisräte über die Begründung amüsierten. Aber: "Wir sparen mitnichten, sondern es ist ein Verschiebebahnhof", bemängelte Runge. Für größere Projekte jeweils baubegleitende Ausschüsse einzurichten, würden die Grünen demnächst beantragen, kündigte Runge an. Er kritisierte zudem, dass Bund und Länder Wohltaten verteilten, die Kreise "irgendwo dazwischen" agierten und die Gemeinden den Bürgern dann die Wohltaten wieder wegnehmen müssten, weil sie nicht mehr leisten könnten.

Mit der Kritik an diesem Umgang der großen Politik mit jener vor Ort waren sich der Grüne Runge und der CSU-Politiker Karmasin schon im Vorfeld einig gewesen. Er hoffe "auf die Einsicht der großen Politik, dass für neue Belastungen kein Spielraum mehr ist", betonte Karmasin. Als Kreistag müsse man "sparsam mit den vorhandenen Mitteln umgehen", empfahl Johann Thurner für die nahe Zukunft. Eine Art Sparkommission ins Leben zu rufen, regte Emanuel Staffler an. Und künftig sollen sämtliche Beschlüsse nicht nur auf ihre klimatischen Auswirkungen geprüft werden, sondern auch auf ihre Auswirkungen auf die Kreisumlage. Den Begriff "Ampel", der in einer der vorberatenden Sitzungen schon einmal für diese Art Vorwarnsystem gefallen war, gefiel dem CSU-Kreisrat freilich nicht, er empfahl, von einem "Kostenbarometer" zu sprechen.

Manche beklagen, dass es dem Landkreis Fürstenfeldbruck an wirtschaftlicher Stärke mangelt

Nicht nur einen "pragmatischen Haushalt", wie mehrere Redner ihn nannten, sondern einen Haushalt, in den Nachhaltigkeit und Sparsamkeit eingeflossen seien, erkannte Sandra Meissner für die Freien Wähler. Der Olchinger Bürgermeister und SPD-Kreisrat Andreas Magg verglich als neuer Sprecher seiner Fraktion den Verlauf der Haushaltsberatungen im Kreistag Fürstenfeldbruck mit dem Abschneiden der Deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Katar, was ihm ein paar Lacher bescherte, aber in der Argumentation nicht immer ganz stringent war. Unmissverständlich aber seine Schlussfolgerung: "Sparen ja, aber nicht um jeden Preis!" Man müsse auch strukturelle Probleme im Blick behalten, empfahl Magg. In vielen Bereichen habe der Landkreis innerhalb des Großraums München "Aufholbedarf". Da ist er sich mit der FDP einig. Seit Jahren kritisiert diese, dass es dem Brucker Land an wirtschaftlicher Stärke mangele. "Wir müssen unbedingt an die wirtschaftliche Struktur des Landkreises herangehen und weitere Ansiedlungen aus dem Dienstleistungsbereich hierher holen", forderte FDP-Kreisrat Klaus Wollenberg, als er als Redner an der Reihe war.

Landrat Karmasin nimmt sein Personal in Schutz

Zu den mit 48,5 Millionen Euro größten Posten im Haushalt gehört der Personaletat. Karmasin war es ein Anliegen, daran zu erinnern, wie sehr die Kreisverwaltung auch durch die Aufeinanderfolge von Krisen in den vergangenen Jahren beansprucht wurde. Zwischen 2014 und 2016 die Zuwanderung: Man habe im Landratsamt das Personal zusammengezogen aus verschiedenen Abteilungen, "um die Menschen unterzubringen", so Karmasin. Dann kam 2020 die Corona-Zeit, in der "das Gesundheitsamt rund um die Uhr im Dienst war" und man wieder Mitarbeiter aus dem ganzen Haus zusammenholen musste. Danach die Geflüchteten aus der Ukraine. "Wieder Tausende unterbringen, wieder Personal zusammengezogen." Karmasin aber warnte vor einem Weiter-so: "Wir dürfen das Personal nicht beliebig weiterbelasten."

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