Buchpremiere:Kindheit unter dem Eindruck des Krieges

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Ludwig Koschier (Mitte) stellt im Gasthaus Eberl sein biografisches Werk "Der Limonaderer von Saubach" vor, flankiert von Alfred Beheim (rechts) und Toni Drexler. (Foto: Manfred Amann/oh)

Ludwig Koschier hat im Alter von 83 Jahren seine Erinnerungen an Hattenhofen niedergeschrieben und veröffentlicht.

Von Manfred Amann, Httenhofen

Unter welchen teils unsäglichen Bedingungen die Menschen während und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Gemeinde Hattenhofen ihr Dasein fristeten, ist im Bewusstsein der Nachfahren weitgehend verblasst. Ludwig Koschier hat sich daher aufgerafft und im Alter von 83 Jahren für ihn bedeutsame Erlebnisse und Erkenntnisse, die ihn geprägt und geformt haben, für die Nachwelt festgehalten. Auf Initiative von Toni Drexler und mit Unterstützung von Alfred Beheim und Wolfram Scheuermann vom Verein "Lebensraum Haspelmoor" ist daraus ein "Zeitzeugen-Buch", entstanden, das unlängst im Rahmen einer Feierstunde mit der Musikkapelle Hattenhofener Blech im Gasthaus Eberl präsentiert wurde.

"In diesem Saal habe ich schon als 17-Jähriger getanzt und Theater geschaut", sagte Koschier. Als er "wieder einmal in alten Sachen kramte", habe er "so richtig Lust verspürt", alles niederzuschreiben, was ihm im Gedächtnis geblieben ist. Der Autor wurde 1939 in Kärnten geboren und kam im Alter von acht Monaten nach Hattenhofen, wo sein Vater im Arbeitslager Haspelmoor den Dienstführerposten erhalten hatte. Später arbeitete Koschier in München als gelernter Großhandelskaufmann, wo er auch wohnte. Nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit ließ er sich in Ainring bei Salzburg nieder.

Das Buch erzählt "Kindheitserinnerungen und Dorfgeschichten" und trägt den Titel: "Der Limonaderer von Saubach". Im Textteil erinnert der Autor unter dieser Überschrift an den Getränkehersteller Wolf in Oberschweinbach, der von 1932 an auch in Hattenhofen auslieferte. Dessen Enkel, Michael Wolf, betreibt noch heute einen Getränkemarkt und würdigte die Erinnerung an seinen Großvater, indem er Ludwig Koschier ein Getränkesortiment überreichte.

Ansonsten findet man in dem vom Bauer-Verlag herausgegebenen Werk Nachdenkliches, Trauriges, Spitzbübisches, Erstaunliches und Ortstypisches aus Hattenhofen am Haspelmoor, das laut Bürgermeister Franz Robeller einen wertvollen Beitrag für die Orts- und Regionalgeschichte liefere. Es zeige die alten Dorfstrukturen ebenso auf wie das Zusammenleben in einer im Umbruch befindlichen Zeit. Das Buch sei vor allem "zeitlos, beantworte viele Fragen, die man sich als Nachfahre stelle und mache das damalige Denken der Menschen zugänglich", befand Beheim.

Für den Heimatkundler Ton Drexler geben die Erinnerungen des Autors einen Einblick in die Sozialgeschichte, die für die Historie der Region "ebenso wichtig ist, wie die große Weltgeschichte". In einem Vorwort schreibt der frühere Kreisheimatpfleger, Koschiers Schilderungen seien manchmal sehr drastisch. Seine manchmal derben Worte und die oft bildlichen Mundartbegriffe spiegelten aber die damalige Realität wider. Es sei wichtig, die Denk- und Verhaltensweise ungeschminkt und nicht im "Heile-Welt-Bild" darzustellen, da nur so die "brutale Wirklichkeit dieser für alle sehr entbehrungsreichen und harten Zeit" und die daraus resultierenden Einstellungen und Handlungen verstanden werden könnten.

Das Buch, aus dem der Autor zum Beispiel vorlas, wie ihn seine Mutter vor einer todbringenden Bombenexplosion rettete, beinhaltet auch eine Auflistung von Flurnamen rund um das Dorf Hattenhofen und Mundartbegriffe aus seiner Jugend. Verleger Josef Bauer lies die Besucher Dialektworte erraten und überreichte den Kennern Preise aus seinem Verlagsbestand und leitete im Saal eine Tanzrunde ein, "so wie es früher hier oft gewesen sein muss".

Ergänzung: Das Buch ist beim Verein "Lebensraum Haspelmoor" und im Buchhandel für zwölf Euro erhältlich: ISBN-Nr. 978-3-95551-169-2

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