Halt-Festival in Olching:Jugend übt Abstinenz

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Obwohl am Samstag beim alkoholfreien Jugendfestival In Olching fünf Bands gastieren, meidet die Zielgruppe den Festplatz. Dafür kommen Familien mit Kindern.

Von Julia Bergmann

Jeden Sommer das gleiche Bild: Scharen Jugendlicher werfen sich knallbunte Sommerkleider, Fransenshirts und Cut-off Jeans über, behängen sich mit Federschmuck und einem Dutzend Halsketten, um den Weg zum nächstgelegenen Festival anzutreten. Immer mit dabei: der obligatorische Orangensaft im Tetrapak, mit einem ordentlichen Schuss Hochprozentigem versehen. Kaum auszumalen, so ein Festival ohne Alkoholexzess - oder doch?

Wenig Publikum fanden die Auftritte der Musikbands auf dem Festival in Olching; auf der Bühne: Public Adress (Foto: Günther Reger)

Sabine Imhoff, Sozialpädagogin der Jugendschutzfachstelle des Landkreises, sieht das so: "Wenn Jugendliche merken, dass so ein Festival auch ohne Alkohol Spaß macht, dann entwickelt sich bei ihnen ein ganz anderes Bewusstsein." Imhoff hat sich mit um die Organisation des ersten Halt-Festivals gekümmert, ein Musikfestival im Rahmen des Präventionsprojekts "Halt - Hart am Limit", das ganz auf den Verkauf von Alkohol verzichtet.

Am vergangenen Samstag hat sie auf dem Volksfestplatz in Olching, wo das Festival stattfand, mit Besucherzahlen irgendwo zwischen 500 und 1000 gerechnet. Gegen 14 Uhr tummeln sich vor der Bühne elf Menschen. Um an die Lebenswelt der Jugendlichen anzuknüpfen und das Festival für sie interessant zu machen, setze man auf vier regionale und eine überregionale Band, den Main Act "Listen to Polo" aus Mannheim, berichtet die Organisatorin.

Unter den regionalen Bands gebe es auch eine Nu-Metal- und eine Punk-Band. "Es ist ja oft ein Klischee, dass Metaller und Punks ständig trinken, aber die Bands, die wir hier haben, finden das Konzept ganz toll, sind mit guter Laune dabei und haben auch eine gesunde Einstellung dazu. Auch die Bands verzichten hier auf Alkohol."

Das Angebot für die Jugendlichen beschränkt sich an diesem Nachmittag nicht nur auf die Livemusik. Es gibt auch Infostände zur Alkoholprävention bei Jugendlichen, gespickt mit stapelweise bunten Flyern. An den Infoständen, genau wie vor der Bühne, hält sich der Andrang in Grenzen. Am besten besucht ist noch der Stand der Verkehrswacht. Jeder, der will, kann hier in einem Kettcar einen Parcours durchfahren. Einmal ohne und einmal mit Rauschbrille, danach werden die gestoppten Zeiten verglichen.

Das ein oder andere Verkehrshütchen muss bei den Rauschbrillenfahrten der Besucher dran glauben, die Orientierung fällt den Fahrern sichtlich schwer. Die Kinder sind begeistert, von der Hauptzielgruppe der 13- bis 25-Jährigen fehlt immer noch jede Spur. Hauptsächlich Familien mit Kindern sind unter den Besuchern anzutreffen und bei den Mamas kommt das Anti-Alkohol-Festival ganz hervorragend an.

Auch Angela Steinmetz ist begeistert: "Ich finde super, dass man jüngere Kinder frühzeitig dazu hinführt, dass man Festivals auch ohne Alkohol feiern kann." Und natürlich sei es toll, dass es keinen Eintritt kostet und sich verschiedene Organisationen hier präsentieren. Tatsächlich sei das Festival auch für jüngere Besucher gedacht, erklärt Sabine Imhoff. Je früher die Prävention ansetze, desto besser greife sie. Und wenn heute nur ein paar Leute kämmen, die merkten, es gehe auch ohne Alkohol, sei das schon positiv.

Zwei Vertreterinnen der Hauptzielgruppe des Festivals sitzen mit unbewegten Mienen auf einer der Bierbänke. Die beiden 16-Jährigen Sarah Büllesbach und Franziska Scharph sind eigentlich nur zufällig auf dem Festival gelandet. Sie haben die Musik gehört und wollten mal vorbeischauen. "Die alkoholfreien Cocktails hier sind zwar gut, aber dass generelles Alkoholverbot besteht, finde ich übertrieben", meint Sarah Büllesbach. Sie glaube nicht, dass so ein Festival funktioniere, denn wenn die Jugendlichen hörten, es gebe dort keinen Alkohol, kommen sie doch gar nicht erst. Und vielleicht hätte auch einer der Erwachsenen Lust, ein Bierchen zu trinken.

Es komme eben darauf an, seine Grenzen zu kennen: "Man sollte es einfach nicht übertreiben mit dem Alkohol." Für die beiden ist ganz klar, dass die niedrige Besucherzahl mit dem Anti-Alkohol-Konzept zusammenhängt. Lange wollen die beiden Mädchen sich auch nicht mehr auf dem Gelände halten. Es sei ja nicht viel los hier. Ein paar hundert Meter vom Volksfestplatz entfernt, vor dem Eingang eines Supermarktes, zeigt sich schon ein ganz anderes Bild. Hier steht eine große Gruppe Jugendlicher, jeder eine Flasche Bier in der Hand.

© SZ vom 15.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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