Klassik:Klangliche Kontraste als Prinzip

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Ein Vergnügen ist es für das Publikum im Brucker Stadtsaal, dem Pianisten Haiou Zhang Werke von Chopin und Liszt spielen zu hören.. (Foto: Leonhard Simon)

Viel Beifall für das Abschlusskonzert des Fürstenfelder Klaviersommers mit dem Pianisten Haiou Zhang.

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Zwischen Wanderungen in den Bergen und Ambitionen als Bergsteiger liegen fundamentale Welten. Während erstere ein ganzheitliches Erlebnis der Natur ermöglichen und auch ohne größere Vorbereitungen angegangen werden können, stehen bei letzteren physische und psychische Herausforderungen eine entscheidende Rolle, die bis an die Grenzen gehen. Klavierabende können solche Aspekte in ähnlicher Weise abbilden: Die Programmgestaltung kann vielfältig und interessant sein, das Vergnügen auf Seiten von Pianist und Publikum ist wunderbar gegeben. Die Programmwahl kann auch pianistisch außerordentlich herausfordernd sein, so dass nicht nur vom Künstler, sondern zudem vom Publikum höchste Konzentration gefordert ist. Zur letzten Kategorie zählte der Schlussabend des Fürstenfelder Klaviersommers, zu dem der knapp 40-jährige chinesische Pianist Haiou Zhang im Stadtsaal gastierte. In der ersten Konzerthälfte erklangen die vier Scherzi von Frédéric Chopin, nach der Pause die groß angelegte Klaviersonate in h-Moll von Franz Liszt.

Chopins Scherzi haben ihren Ausgangspunkt in den Scherzi Ludwig van Beethovens und ersetzen dort den Menuett-Satz in Sonaten und Symphonien. Sehr rasche Tempi und die Dreiteiligkeit hat Chopin übernommen und seine eigenen Scherzi in äußerst virtuoser Weise zugespitzt. Diese Charakterisierung fokussierte Haiou Zhang in besonderer Weise im Scherzo Nr. 1 in h-Moll op. 20. Er nahm die Kaskaden nach den Anfangsakkorden so federleicht perlend, dass sie im rasanten Tempo intensiv zu pulsieren begannen. Der Pianist zauberte quasi einen rauschhaften Zustand, ließ sich selbst aber Übersicht und innere Ruhe nicht nehmen. Melodielinien arbeitete er fast überbetont aus, Fortissimo-Passagen gelangen gut ausbalanciert. So entstand ein glasklarer Klangeindruck, dessen Konturen messerscharf gezogen waren.

Große Leichtigkeit im Spiel verband sich im Scherzo Nr. 2 in b-Moll op. 32 von Anfang an mit elegantem Schönklang. Haiou Zhang entlockte dem Flügel durch Nuancierung der großen Bögen wunderbar singende Tonfolgen. Das dritte Scherzo in cis-Moll op. 39 bot die große Szene am Klavier: Bedeutungsschwere Akkorde standen im Kontrast zu schemenhaft dahinhuschenden Tonperlen, Dialoge klangen wie ambitionierte Selbstgespräche und unterstützten so die charakterlichen Unterschiede. Ein stetiger Energiefluss hielt im Scherzo Nr. 4 in E-Dur op. 54 die Spannung aufrecht und formte dadurch hochkonzentriert die klangvolle sangliche Linie.

Höchstleistung im Vermittlungsprozess

Liszts Sonate in h-Moll ist ein Meisterwerk, was Intensität, Dichte und thematische Verklammerung angeht. Sie stellt ohne eindeutige Gliederung in Sätze in jeder Hinsicht gewaltige Anforderungen an den Interpreten - und das Publikum. Dass dieser Brückenschlag gelang und der Spannungsbogen in der halben Stunde Spieldauer nie unterbrochen war, ist als Höchstleistung im musikalischen Vermittlungsprozess einzuordnen. Haiou Zhang stellte sich dem Werk mit klarer Rationalität, legte immer wieder Schichten frei und fand im einleitenden Klopfmotiv einen roten Faden, den er konsequent durch den Verlauf zog. Dabei hatten auch lyrische Passagen innige poetische Tiefe.

Dass der Pianist Haiou Zhang im Stadtsaal im Frack und mit Lackschuhen auftrat, kann im Zusammenhang mit seinem Spiel gesehen werden: Die Ehrfurcht vor den Werken ist ihm ein spürbares Anliegen, und dazu passt eine Kleidung, die inzwischen mit Ausnahme großer Orchester weitgehend verschwunden ist. Diesen überaus ernsthaften Weg ging das Publikum gerne mit und belohnte den Pianisten mit großem Beifall, der sich seinerseits mit drei gut gewählten Zugaben revanchierte.

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