Gröbenzell:Wir bleiben Provinz!

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Die Gröbenzeller wollen keine Städter werden: Auch nach dem Rückzug der CSU-Fraktion erhitzt das Thema in der Gemeinde weiter die Gemüter.

G. Eisenkolb und F. Künst

Der Gröbenzeller CSU-Fraktionsvorsitzende Thomas Breitenfellner hat am Dienstag den vorläufigen Rückzieher seiner Partei zur Stadterhebung von Gröbenzell bei einer Pressekonferenz mit der "aufgeheizten Stimmung" in der Gemeinde begründet. Einige hätten die Möglichkeit, Stadt werden zu können, bewusst kaputt geredet. Zudem müsse man inzwischen davon ausgehen, dass das Innenministerium einen diesbezüglichen Antrag ablehnen werde. Dies sei bedauerlich, da Gröbenzell alle Voraussetzungen erfülle und deshalb eigentlich Stadt werden könne.

Stadtflucht in Gröbenzell: Die CSU-Fraktion ärgert sich über die vermeintliche Stimmungsmache in der Gemeinde gegen die Stadtpläne. (Foto: region.ffb)

Im Gegensatz zu Puchheim und Olching, wo man sich über eine Stadterhebung einmütig freue, so Breitenfellner weiter, hätten "einige Solisten" in Gröbenzell sofort nach dem Haar in der Suppe gesucht. Mit gezielten Falschinformationen hätten die Gegner, darunter auch langjährige Mandatsträger, die Bevölkerung verunsichert. Von mehr Verkehr und höherer Bebauung sei die Rede gewesen. Ebenso hielt sich hartnäckig das Gerücht, der Bürgermeister würde ein höheres Gehalt und die Stadträte würden ein höheres Sitzungsgeld kassieren.

Das sei grober Unfug. Zu jedem Gerücht, das man entkräfte, komme ein neues hinzu. Es wurde auch begründet, weshalb die CSU nichts von einem Bürgerentscheid hält: der Grund sei in der prekären Falschinformation und Stimmungsmache zu suchen.

Für die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen die Stadterhebung zeigten sich Martin Runge (Grüne) und Martin Schäfer über die Signale des Einlenkens der CSU erfreut. Allerdings hätten es die Vertreter der Fraktionen von CSU und SPD nicht für nötig gehalten, den direkten Kontakt mit Vertretern des Begehrens zu suchen. Die Unterschriftensammlung werde fortgesetzt, bis der Gemeinderat beschließe, das Vorhaben ganz aufzugeben.

Von Bürgermeister Dieter Rubenbauer und von der SPD und CSU erwarten Runge und Schäfer nun, nicht wie schlechte Verlierer aufzutreten. Mit Äußerungen wie "organisierte Empörung, Überstrapazieren des Instruments Bürgerbegehren oder Provinzposse" schadeten Befürworter und Gegner der Bürgerbeteiligung nur sich selbst.

Die überwältigende Resonanz auf die Unterschriftensammlung bewertet Runge als Indiz dafür, dass die Gröbenzeller selbstverständlich bei Fragen mitreden wollten, die ihre Gemeinde beträfen. Die Bürger seien nicht gewillt, "drohende Fehlentwicklungen und ungute Entscheidungen des Gemeinderats hinzunehmen". Das Begehren werde auch von Mitgliedern der CSU und der SPD unterstützt. Diese Tatsache wird als Indiz dafür gewertet, wie weit sich die Gemeinderäte der beiden Parteien inzwischen von ihrer Basis entfernt hätten. Für den Fall dass Rubenbauer und die CSU-Fraktion auf Zeit spielen wollen, kündigten die Initiatoren des Begehrens an, auf der Hut zu sein. Auch die Gröbenzeller würden sich nicht für "blöd" verkaufen lassen.

Klare Stellung zum Thema Stadterhebung und Bürgerbegehren bezogen die Mitglieder des Gröbenzeller SPD-Ortsvereins auf ihrer Jahresversammlung am Montagabend. Von einer "Provinzposse" sprach Michael Schrodi, Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat. Vor allem das Vorgehen von Martin Runge von den Grünen stieß ihm sauer auf: "Hier wird ein Bürgerentscheid instrumentalisiert, mit Lügen hausieren gegangen und Dinge werden bewusst falsch dargestellt, um in der Bevölkerung Befürchtungen zu schüren", wirft Schrodi Runge vor.

Ortsvorsitzender Franz Eichiner kritisierte vor allem Versäumnisse des Bürgermeisters Dieter Rubenbauer: "Dass wir, wie oft verbreitet wird, zu der Stadterhebung gekommen sind wie die Jungfrau zum Kinde, stimmt nicht", sagt Eichiner. Rubenbauer sei über die Überlegungen in Puchheim und Olching schon länger informiert gewesen, er habe dies aber nicht publik gemacht. Mit einer "Hau- Ruck-Aktion" sei die SPD vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die Entscheidung, den Antrag auf Stadterhebung nicht zu stellen, sei von der CSU getroffen worden, um weiteren Schaden von der Gemeinde abzuwenden und Gröbenzell in Bayern nicht lächerlich zu machen, ergänzte Schrodi.

Auch Sigrid Wittlieb, die Vorsitzende des Gewerbeverbands bezog Stellung. Da nach allen bisher bekannten Gründen das Für und Wider die Stadterhebung eher eine Sache von Image und Optik ohne erkennbaren Nutzen wäre, wird der Gemeinderat angesichts leerer Kassen zum jetzigen Zeitpunkt gebeten, davon abzusehen, die Erhebung weiter voranzutreiben. Dieser Schritt sei sicherlich unter günstigeren wirtschaftlichen Umständen auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich, sofern eine breite Zustimmung in der Bevölkerung sicher wäre. Gröbenzell habe auch in der Außenwirkung bereits jetzt ein gutes Image, ohne sich Stadt nennen zu können.

© SZ vom 30.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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