"Ich hätte die Hose sonst in den Restmüll geworfen", sagt Eva Glashaufer-Schäfer. Die 59-Jährige zeigt ihre Jeans, die dank eines neuen Reißverschlusses nun wieder einsatzbereit ist. "Ich selbst hätte das niemals geschafft." Sie ist eine von 13 vorangemeldeten Besucherinnen und Besuchern des Grafrather Repair-Cafés. Im vergangenen Jahr hatte das Projektfür Nachhaltigkeit und gegen die Wegwerfgesellschaft das erste Mal in der Gemeinde stattgefunden. Initiiert und organisiert wird das Café in Zusammenarbeit von Nachbarschaftshilfe Grafrath und Bündnis Klimaaktiv vor Ort.
Das Prinzip ist einfach: Interessierte können mit kaputten Gegenständen wie Elektrokleingeräten, Textilien und Kleinmöbeln vorbeikommen. Zusammen mit Fachleuten können sie dann versuchen, den Gegenstand zu reparieren. Zusätzlich werden noch Kaffee und Kuchen zur Verpflegung angeboten. Das sei dieses Mal aus Gründen des Infektionsschutzes leider nicht möglich gewesen, erklärt Roger Struzena, Koordinator von Klimaaktiv vor Ort. Es hätten sich trotzdem genauso viele Menschen angemeldet, wie es sich die Organisatoren gewünscht haben. 35 Prozent der mitgebrachten Gegenstände konnten sofort repariert werden und bei 43 Prozent muss noch auf Ersatzteile gewartet werden. Bei 21 Prozent war eine Reparatur nicht mehr möglich. Das liege besonders an der Bauform einiger Geräte, die dies verhindert. Dazu komme eine sinkende Qualität bei vielen Produkten, erklärt Struzena.
Das bemängelt auch Helma Dreher, die zusammen mit Eva Glashaufer-Schäfer deren Jeans ausgebessert hat. Viele Produkte seien heutzutage so schlecht genäht, dass sie unweigerlich kaputt gingen, kritisiert sie. Heutzutage seien die Preise und Mentalität so, dass man diese Produkte einfach wegwirft.
Doch viele der Café-Besucher kommen noch aus einer Generation, in der nichts weggeschmissen wurde. Somit würde ihr Angebot gerne genutzt, erzählt Dreher. Sie habe vor ihrem Ruhestand in einer Polsterei in Emmering gearbeitet und anschließend in einem Trachtenladen in Mammendorf genäht. Somit habe sie ein breit gefächertes Wissen, das sie auch beim Repair-Café gut einsetzen kann. Insgesamt helfen sehr viele Fachleute im Ruhestand bei der Aktion mit. So auch Jens Peer Stengel, der gerade ein Digitalradio repariert. Der 74-Jährige hat in seinem beruflichen Leben bei Siemens und Infineon gearbeitet. Er hat Leistungshalbleiter entwickelt und den Aufschwung der Computertechnik miterlebt. Seit 2010 ist er in Rente und bietet seine Fachkenntnis nun beim Grafrather Computertreff und Repair-Café an.
Darum gehe es auch der Nachbarschaftshilfe, esagt deren zweite Vorsitzende Christine Bloching-Hedwig. Man möchte der älteren Generation mit dem Angebot eine Möglichkeit geben, ihr Haus zu verlassen und soziale Kontakte zu knüpfen. Viele würden sich auch freuen, gefragt zu werden und helfen zu können. Die wachsende Überalterung mache solche Angebote umso dringender, sagt sie. In Zukunft soll das Repair-Café jeden dritten Samstag im Monat stattfinden. Dann auch wieder mit Kaffee und Kuchen und ohne Voranmeldung, hoffen alle.