Energieversorgung:GfA will 2025 nach heißem Wasser bohren

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Auf dem Gelände des GfA in Geiselbullach sind Bohrungen geplant, um nach Erdwärme zu suchen. (Foto: Jana Islinger)

Fernwärme erlebt steigende Nachfrage. Allein durch die Abfallverbrennung ist der Bedarf nicht mehr zu decken, sagt das Kommunalunternehmen - und will die Geothermie erkunden.

Von Heike A. Batzer, Olching

In Puchheim ist das Vorhaben vor fünf Jahren an einem Bürgerentscheid gescheitert, nun könnte die Nutzung von Erdwärme im Landkreis Fürstenfeldbruck doch Realität werden. Das Gemeinsame Kommunalunternehmen für Abfallwirtschaft (GfA) der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau im Olchinger Stadtteil Geiselbullach sicherte sich kürzlich eine entsprechende Aufsuchungserlaubnis. 2025 soll laut GfA die erste Bohrung beginnen. Die Fürstenfeldbrucker Kreispolitiker stehen dem Vorhaben positiv gegenüber.

Dass sich eine gewisse Genugtuung bei ihm einstellen könnte, dass nun das GfA in der näheren Umgebung von Puchheim nach Erdwärme bohre, "das spare ich mir", erwähnte SPD-Kreisrat Norbert Seidl in der Sitzung des Werkausschusses, der das Thema auf der Tagesordnung hatte. Seidl ist auch Bürgermeister von Puchheim, der Ausgang des Bürgerentscheids gegen Geothermie in Puchheim war eine Niederlage für ihn. Im Werkausschuss nannte er die Geothermie "die Energielösung der Zukunft". Er hoffe, dass das GfA-Projekt "Strahlwirkung auf andere Kommunen" haben werde.

Dass Landkreise selbst über den eigenen und örtlichen Bedarf hinaus Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien errichten und betreiben dürfen, ist erst seit kurzem möglich. Das Kommunalunternehmen GfA entsorgt seit 1983 über eine Müllverbrennungsanlage am Standort in Geiselbullach Abfälle aus der Region. 2021 waren es laut GfA 120 000 Tonnen. Das Kraftwerk liefert Strom und seit 2001 zudem Fernwärme in angeschlossene Netze der Kommunen Olching und Bergkirchen und in deren Gewerbegebiete. Die Nachfrage nach Fernwärme steigt ständig, auch weil die Kommunen künftig Wärmepläne erarbeiten müssen und die Fernwärme darin vielerorts ein zentraler Baustein sein wird.

Fachleute gehen davon aus, dass die Klimaschutzpolitik und der stete Zuzug in die Metropolregion München sogar zu einem schnelleren Ausbau der Fernwärmenetze führen wird, als man ursprünglich erwartet hatte. Bei der GfA erwartet man, dass die über die thermische Verwertung des Abfalls erzeugbare Menge mittelfristig den Bedarf für Fernwärme nicht decken kann. "Wir bekommen derzeit deutlich mehr Anfragen zu Fernwärmeanschlüssen, als wir haben", sagte GfA-Vorstand Thomas König, der das Vorhaben den Kreisräten vorstellte. Durch die Nutzung der Geothermie sieht sich das Unternehmen weniger abhängig vom Brennstoff Abfall.

Das Heizwerk im neuen Münchner Stadtteil Freiham mit seinem weithin sichtbaren Turm: Seit Herbst 2016 deckt Geothermie dort die Grundlast des Wärmebedarfs. (Foto: Markus Schlaf / Stadtwerke München)

Laut Umweltbundesamt bezeichnet Geothermie die in der Erdkruste gespeicherte Wärmeenergie und deren ingenieurtechnische Nutzung. Geothermie kann zum Heizen, Kühlen und zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Der Großraum München liegt in einer geothermisch günstigen Region, dem sogenannten Molassebecken. Deshalb gebe es hier eine ganze Reihe erfolgreicher Geothermieprojekte, sagte König, so dass es sehr wahrscheinlich sei, bei den Bohrungen auch tatsächlich "Erdwärme zu finden". Nach Angaben des Bundesverbands Geothermie sind derzeit deutschlandweit 42 Anlagen in Betrieb, zwölf sind im Bau und 82 in Planung.

Im Großraum München wird Geothermie bereits unter anderem in Freiham, Unterschleißheim, Garching, Unterföhring, Ismaning, Riem, Aschheim, Poing, Pullach, Taufkirchen, Unterhaching, Kirchstockach, Sauerlach und Holzkirchen eingesetzt. Die Anlage in Freiham deckt seit Herbst 2016 die Grundlast des Wärmebedarfs im neu entstandenen Stadtteil Freiham und in benachbarten Gebieten im Münchner Westen.

Als Vorteile der Geothermie zählte König auf: Sie sei grundlastfähig, emissionsarm, witterungsunabhängig und unabhängig vom Brennstoffmarkt und stehe für die regionale Versorgungssicherheit der Landkreise Fürstenfeldbruck und Dachau. Sie sei aber auch nicht ohne Risiken, denn "niemand weiß, was in 2,1 Kilometer Tiefe wirklich passiert". Risiken seien dahingehend abgesichert, dass es eine Beweislastumkehr gebe: Der Anlagenbetreiber nämlich müsse nachweisen, dass Schäden nicht von ihm verursacht wurden. Das führe dazu, dass Schäden erstattet werden. Ungeklärte Haftungsfragen und die Sorge vor seismischen Ereignissen hatten 2018 in Puchheim zur Ablehnung geführt.

Hohe Investitionskosten

Die Investitionskosten von Geothermie-Vorhaben sind indes hoch. Das GfA geht von etwa 20 Millionen Euro aus, jede Bohrung kostet mindestens sieben Millionen Euro. Das Vorhaben kann 40 Prozent Förderung erhalten. "Im allerschlechtesten Fall wären 60 Prozent unserer Aufwendungen verloren", sagte König auf eine entsprechende Frage von Grünen-Kreisrat Hans Sautmann. "Nicht ganz so euphorisch" wie die übrigen Kreisräte sah Sautmanns Fraktionskollegin Ingrid Jaschke die Lage, vor allem weil man damit auch zusätzliches Personal aufbauen müsse. 2025 möchte König mit den Bohrungen beginnen. Dazu würde eine Bohranlage auf dem Kraftwerksgelände errichtet werden.

Das Vorhaben selbst müsste in eine separate Projektgesellschaft ausgegliedert werden. Damit wären die beiden Geschäftsbereiche Abfall und Energie getrennt. Damit soll auch sichergestellt werden, dass die Abfallgebühren verlässlich kalkulierbar bleiben. Das GfA muss dazu seine Unternehmenssatzung anpassen.

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