Ausstellung:Germeringer Ansichten

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Hohe Häuser, wenige Autos: die Goethestraße im Jahr 1967 (auf einem Foto aus dem Stadtarchiv). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Wie groß die Stadt doch geworden ist: Die Initiative "Lieblingsläden" des Wirtschaftsverbands zeigt in der Stadtbibliothek historische Fotos.

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Da ist der Strommasten aus dem Jahre 1928 und sonst nichts. Später wird aus dem Nichts das mehr oder weniger pulsierende Germeringer Wirtschafts- und Einzelhandelseck "Kleiner Stachus". Fotos sprechen eine deutliche Sprache. Es ist immer wieder frappierend, wie aus den Dörfern Germering und Unterpfaffenhofen eine Stadt mit attraktiven Geschäften geworden ist. Ab sofort stellt die Initiative der "Germeringer Lieblingsläden" des Wirtschaftsverbands 22 historische Fotos in der Stadtbibliothek aus, die dort noch im April zu den gängigen Öffnungszeiten zu sehen sind. Zu verdanken ist die Ausstellung dem Stadtarchiv, den Einzelhändlern sowie dem Fundus, über den der Germeringer Fotograf Werner Eißfeldt und Friedrich Drexler vom Heimatverein verfügen.

"Orte, wo noch kein Geschäft war, dort stand ein Baum", bringt Katrin Schmidt, Vorsitzende des Germeringer Wirtschaftsverbands, bei der Eröffnung der Ausstellung die einstige Lage auf den Punkt. "Und wer hat schon früher Geschäfte fotografiert?", fährt sie fort, um zu erklären, dass es richtig schwierig gewesen sei, passende Fotos zu besorgen. Auch die Geschäftszeile hinter der heutigen S-Bahnunterführung, wo sie mit ihrer Partnerin die Buchhandlung "Lesezeichen" betreibt, gab es vor 35 Jahren nicht. "Fotos gibt es auch nicht", so Schmidt. Dafür existierte ganz in der Nähe eine kompromisslose Bahnschranke, die Pünktlichkeit erforderte, sonst stand man vor der Schranke und die S-Bahn fuhr einem vor der Nase weg.

Weiter südlich, in der Otto-Wagner-Straße, hat Ruth Wirthmann seit 1987 ihr Geschäft "Tee-Zeit". "Da gab es noch die Turnhalle vom TSV Unterpfaffenhofen-Germering", erzählt Wirthmann, "sonst war da nichts." Die Faschingsveranstaltungen seien damals sehr turbulent gewesen. "Da war noch richtig was los in der Straße", erinnert sich Wirthmann gut. Im Nordwesten Germerings sind hinter dem Rathaus in der Josef-Kistler-Straße auf einem Foto aus dem Jahre 1970 die damals entstandenen neunstöckigen Hochhäuser zu sehen. Im Vordergrund ist die neu gebaute Sankt-Martin-Kirche zu erkennen.

Noch mit Bahnschranke: Aufnahmen der Unteren Bahnhofstraße aus den Jahren 1942 (Georg Walch) und 1974 (Werner Eißfeldt). (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die "Germeringer Lieblingsläden" wurden als Marketing-Aktion des Einzelhandels von Katrin Schmidt und Mitstreiterinnen ins Leben gerufen. Hat doch der Germeringer Einzelhandel seither das Problem, dass die überwiegende Kaufkraft der Germeringer Bürger - auch weil sie zu Tausenden nach München pendeln - in die Landeshauptstadt abfließt. So wurde die Fotoaktion geboren. Zunächst konnten die Kunden die historischen Bilder in den einzelnen beteiligten Geschäften bewundern. So auch im Schuhgeschäft Thumann in der Unteren Bahnhofstraße. "Mein Vater hat 1971 das Schuhhaus von Moritz Huber übernommen", erklärt Verena Thumann, als sie sich neben dem Foto aus dieser Zeit postiert. Kunden hätten kaum geglaubt, dass das heutige Haus am gleichen Ort steht; erst der Zebrastreifen an gleicher Stelle vor der Tür machte das deutlich.

Blick ins Familienalbum: Innen- und Außenansicht der Metzgerei Rainer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Vorn an der Landsberger Straße in der Nähe der Unteren Bahnhofstraße ist Ursula Rickert mit ihrem Friseurgeschäft angesiedelt. Sie ist seit 17 Jahren dort und wurde seitdem baulich vom Ärztehaus "Germedicum" ziemlich bedrängt. "Gebaut wird hier ständig, aber es ist auszuhalten", sagt Rickert, die in München-Neuaubing aufgewachsen und nach der Schulzeit nach Germering gekommen ist. Sehr zufrieden ist sie mit ihrem Geschäft: "Unser Standort ist ganz prima."

Ein prima Ort für den Einzelhandel ist jetzt auch der neugestaltete "Kleine Stachus". Ein Foto aus dem Jahre 1969 zeigt ihn noch sehr kleinteilig bebaut. Die Sparkasse war schon dort und eine kleine Drogerie mit Fotoladen ist auf dem Foto zu sehen. Viele Jahrzehnte hat es gedauert, bis sich die Stadt dort mit Investoren auf einen passenden Bebauungsplan geeinigt hat. Entstanden ist in den vergangenen Jahren eine massive Bebauung mit Einzelhandel um die Sparkasse rundherum, die doch auch das gewollte städtische Flair verbreitet. Ab Mai werden die historischen Fotos wieder in den "Lieblingsläden" zu sehen sein.

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