Germering:Erinnerung an einen Ur-Grünen

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Das letzte Geleit für Sepp Dürr: Die Trauergäste folgen dem Sarg. (Foto: Günther Reger)

In einer bewegenden Trauerfeier nehmen Familienangehörige, Freunde und politische Weggefährten Abschied vom Politiker Sepp Dürr.

Von Andreas Ostermeier, Germering

Sepp Dürr ist vieles gewesen: Streitbarer Politiker, überzeugter Biobauer, Freund der Bücher und liebender Vater und Großvater. All diese Fähigkeiten haben ihm viele Freunde und Mitstreiter eingebracht, so dass die Aussegnungshalle auf dem Friedhof in Germering nicht ausreichte, um allen Familienangehörigen, Bekannten und politischen Weggefährten einen Platz zu bieten, die am Freitag zur Beerdigung des Grünen-Politikers gekommen waren, der vor einer Woche im Alter von 69 Jahren verstorben ist.

Politische Prominenz: Unter den Besucherinnen und Besuchern der Trauerfeier sind Kulturstaatsministerin Claudia Roth (im hellen Mantel), Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze (neben Roth) und Oberbürgermeister Andreas Haas (neben Schulze). (Foto: Günther Reger)

Um Abschied zu nehmen waren nicht nur Politiker der Grünen wie die Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer, Landtagsabgeordnete Gabriele Triebel und Margarete Bause, gemeinsam mit Dürr Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, gekommen, sondern auch der Allinger Landtagsabgeordnete Hans Friedl (Freie Wähler), die CSU-Bezirksrätin Gabriele Off-Nesselhauf, Stadträtinnen und Stadträte aller Fraktionen und Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) sowie sein Vorgänger Peter Braun (SPD).

Mit Stings Song von den "Fields of Gold" wurde - wenn dies so gesagt werden kann - das Motto für die Trauerfeier gegeben. Denn in dieser ging es oft um die Äcker, die dem Biobauern Sepp Dürr so am Herzen lagen und aus deren Bearbeitung er Kraft schöpfte. Trauerrednerin Kristin Holighaus bezeichnete die Äcker als Dürrs Felder des Goldes. Ein geradliniger Mensch sei er gewesen, einer, der gelebt habe, was er politisch forderte.

Abschied in der Aussegnungshalle: Trauerrednerin Kristin Holighaus am Redepult. (Foto: Günther Reger)

Schulze, die als Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag eine Nachfolgerin von Sepp Dürr ist, griff das Bild vom geerdeten Politiker auf und nannte den Verstorbenen einen "bodenständigen Intellektuellen". Roth rief ihrem Parteifreund nach: "Sepp, Du bist für mich Bayern gewesen!" Fest verankert und nie abgehoben, so sei Dürr in der Landespolitik aufgetreten, sagte Roth und versprach, dessen politisches Erbe wahren und "bei den Menschen bleiben" zu wollen.

"Worte und Sätze waren Sepps Metier"

Die beiden Grünen-Politikerinnen erinnerten an einen kantigen, heimatverbundenen und auch in Debatten rauflustigen Politiker und trafen sich in dieser Einschätzung mit Oberbürgermeister Haas. Der erzählte vom Stadtrat Sepp Dürr, dessen Wortmeldungen bisweilen einer Landtagsrede geglichen hätten. "Worte und Sätze waren Sepps Metier", sagte Haas und bezeichnete Dürr, der wie er im Jahr 1990 erstmals in den - damals noch - Gemeinderat gewählt worden war, als Kämpfer. Dass das Germeringer Trinkwasser seit vielen Jahren bedenkenlos getrunken werden kann, sei zu einem Großteil das Verdienst von Sepp Dürr. Denn dieser habe sich zur Aufgabe gemacht, das Wasser frei von Nitrat zu bekommen.

Dürr hat es jedoch nicht nur dem politischen Gegner schwer gemacht, auch die eigene Partei hat er immer wieder provoziert. Schulze nannte als Beispiel, dass Dürr oft von Heimat gesprochen habe. Wie er den Begriff verstand, passten Heimat und Weltoffenheit zusammen, sagte die Grünen-Landespolitikerin. Dürr habe niemanden ausschließen wollen, Heimat habe für ihn bedeutet, dazuzugehören und gebraucht zu werden, sagte Roth.

Schwester und Ehefrau: Agnes Dürr und Angelika Kropp-Dürr bei der Trauerfeier. (Foto: Günther Reger)

Heimat war für Dürr auch die Familie. Er sei der stolzeste Opa gewesen, wenn er von seiner Familie erzählt habe, sagte Schulze. Haas erinnerte an gemeinsame Besuche im Eisstadion, wenn die Wanderers ein Match hatten. Dürr, dessen Söhne Eishockey spielten, habe dann gerufen und gepfiffen und die Sportler angefeuert.

Zum Abschluss der Trauerfeier erklang "Bella Ciao", das Lied der italienischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg. Schulze hatte zuvor daran erinnert, dass Dürr sich auch mit der deutschen Vergangenheit beschäftigt und Stellung gegen alte und neue Nazis bezogen habe. Der Germeringer habe sich als Gesellschaftspolitiker verstanden, dem es um eine gerechtere Welt gegangen sei, sagte die Fraktionsvorsitzende. Denn für Dürr sei klar gewesen: "Grün sein bedeutet mehr als öko zu sein."

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