Klare Stimme, klare Aussagen, amüsante Wortspiele und auch Sekunden-Raum, um Pointen wirken zu lassen: So kann man genüsslich und entspannt dem vergnüglichen Jahresrückblick oder Verrückt-Jahres-Blick von Django Asül folgen, der sich auf der Bühne mit Früchtetee dopt. Man kann alles noch einmal Revue passieren lassen, worüber man sich bei der morgendlichen Zeitungslektüre oder der abendlichen Tagesschau empört, entsetzt oder gewundert hat. Zum siebten Mal kommt der Kabarettist zu seinem "Rückspiegel" in die diesmal nicht ganz ausverkaufte Germeringer Stadthalle. Und? Wie schaut es nun aus in der Welt, wenn man sie mit den Augen von Django Asül betrachtet?
Glyphosat wird Bestandteil der Hausapotheke, als "6-Ämter-Tropfen für den Acker", während Seehofer nicht mehr selbst kandidiert, sondern von der CDU kandidiert wird. Gerechtigkeit à la SPD? Antwort: Dass es allen schlechter geht. Macron in Frankreich kopiere die SPD. Schließlich funktioniere der deutsche Sozialstaat prächtig, wenn er einem Hartz-IV-Empfänger seine Bettelkollekte von seinen 409 Euro Armutssatz abzieht. Auch Macron nimmt den Armen was weg, "aber so, dass es die Reichen nicht stört."
Was die Paradise Papers beweisen? "Asozial sein geht mit viel Geld viel leichter als ohne Geld." Und in diesem Tempo geht es weiter: Die Deutsche Bahn habe erfolgreich überlegt "Was könn' ma tun, dass der Andrang net zu groß wird", und für hundertprozentige Pünktlichkeit schlägt Asül ein Bahnticket nicht mehr mit Ziel-, sondern mit Zeitlimit-Angabe vor. Bitte alles aussteigen! Die Massentierhaltung ist verheerend, belastender für die Umwelt als der Autoverkehr; das heißt: "Wenn ein Rindviech einen fahren lässt, ist es schädlicher, als wenn man im Auto einen fahren lässt." Und dem Altkanzler Gerhard Schröder legt der Kabarettist in den Mund "Bevor ich mich bestechen lass', lass ich mich lieber kaufen."
Der Beifall des Publikums ist ein Gradmesser für Volkes Stimmung. Wenn Meinungsfreiheit "frei von Meinungen" bedeutet, dann läuft ganz offensichtlich etwas schief: Die Wortspiele sitzen, und die Pfeile treffen stets ins Schwarze. Nur, was die Ablehnung des Volksliedes "Fuchs, du hast die Gans gestohlen" mit Veganismus zu tun hat, bleibt unklar. Aber auch Neues erfährt man an diesem Abend. Zum Beispiel, dass es einen "Bundesverband der Döner- und Drehspießhersteller" gibt, so eine Art "Döner-VdK", und dass Nivea eine hautaufhellende Creme für Schwarze erfolgreich vermarktet. Denn, so Asül, "wenn helle Menschen dunkler werden wollen, gehen sie einfach in die Sonne, aber wenn dunkle Menschen heller werden wollen, reicht es nicht, wenn sie in den Schatten gehen." Deshalb also die aufhellende Bodylotion mit dem erhellenden Namen "Natural Fairness", der vielerorts einen Sturm der Entrüstung (auch "Shitstorm" genannt) wegen Rassismus entfacht hat.
2017 war das Jahr, in dem Trump den "dicken Rollmops" Kim Jong Un geärgert und bedroht hat. Aber, so habe Putin Kim Jong Un beruhigt, "Wenn Trump den roten Knopf drückt, kriegst nicht du keine Bombe, sondern der Trump a Cola von der Sekretärin."
Wenn solche Anekdoten das Publikum auch nicht gänzlich beruhigen können, so locken sie doch wieder das Lachen hervor, das ihm angesichts der Weltlage oft vergangen ist im abgelaufenen Jahr. Und genau dies brauchen die Menschen in diesen Tagen: lachen zu können, ohne das Gefühl zu haben, wegzuschauen oder zu verdrängen. Ach so, fehlt noch der Schulz ("Ich werde alle Ungerechtigkeiten beseitigen, die uns die SPD eingebrockt hat"), Asüls "Abstürzer des Jahres". Dafür hat der Niederbayer auch eine einleuchtende Erklärung: "Deutschland ist noch nicht reif für eine männliche Bundeskanzlerin."