Amtsgericht Fürstenfeldbruck:Bei Kokainschmuggel fast gestorben

Lesezeit: 2 min

Ein 26-Jähriger ist wegen Kokainschmuggels verurteilt worden. Er wäre bei dem Versuch, die Droge nach Fürstenfeldbruck zu bringen, fast ums Leben gekommen.

S. Salger

Lange schwebt er zwischen Leben und Tod, erwacht erst nach drei Wochen aus dem Koma: Ein 26 Jahre alter Mann aus Puchheim hat im Juni des vergangenen Jahres versucht, Kokain in "Body-Packs" von Holland nach Fürstenfeldbruck zu schmuggeln. Zweimal geht die Sache gut, beim dritten Anlauf aber gewaltig schief.

Einige der von ihm verschluckten sogenannten Plomben stecken in Magen und Darm fest und lösen sich teilweise auf. Nur mit einer Notoperation im Brucker Klinikum kann der Mann gerettet werden-die in seinem Körper freigesetzte Rauschgiftmenge übersteigt die eigentlich als tödlich geltende Dosis um das Dreifache.

Ein Richter am Brucker Amtsgericht hat den medizinisch-technischen Angestellten nun wegen illegaler Einfuhr und Beihilfe zum Drogenhandel zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem muss der Angeklagte 3000 Euro an einen wohltätigen Verein zahlen.

Damit bleibt das Gericht am untersten Rand des möglichen Strafmaßes-auf Drogenschmuggel stehen bis zu 15 Jahre Freiheitsentzug. Strafmildernd wird gewertet, dass der Angeklagte voll geständig ist und unter den Folgen seiner Tat zu leiden hatte:er muss ins künstliche Koma versetzt werden, anschließend wird er monatelang in Haar therapiert.

Mitte Juni des vergangenen Jahres fährt der junge Mann nach Amsterdam. Mit im Auto sitzen ein weiterer junger Mann sowie der Organisator der Schmuggelfahrt, ein etwa 40 Jahre alter Fürstenfeldbrucker. Es ist die dritte gemeinsame Fahrt. Für die ersten beiden Male hat der 26-Jährige jeweils 300 Euro erhalten.

Dafür muss er jeweils 30 bis 40 Plomben schlucken, befüllt mit insgesamt rund 120 Gramm Kokain guter Qualität-mit einem Marktwert von mehr als 7000 Euro. Doch es ist ein hohes, kaum kalkulierbares Risiko-immer wieder werden Fälle sogenannter "menschlicher Mulis" bekannt, die sterben, weil Päckchen in ihrem Magen geplatzt sind. Der Puchheimer, der zum Tatzeitpunkt selbst drogenabhängig ist, wird "als Werkzeug missbraucht", das räumt auch der Staatsanwalt in seinem Schlussplädoyer ein.

Dieses Mal gibt es in der Tat Probleme. Der Puchheimer kann nicht alle kleinen Päckchen wieder ausscheiden. Er versucht es mit Abführmittel. Im Laufe mehrerer Tage kommen einige bereits teils undichte Plomben zum Vorschein, nach sieben Tagen schwillt der Bauch des Drogenkuriers an. Er weiß aus beruflicher Erfahrung, dass die Lage sehr ernst ist.

In Augsburg, wo er zu dieser Zeit meist wohnt, fährt er zur Notaufnahme der Klinik. Die Ärzte erkennen auf einer Röntgenaufnahme zwei Plomben und können diese entfernen-eine davon ist bereits beschädigt. Weitere Plomben sind im Körper nicht zu lokalisieren. Der 26-Jährige verlässt auf eigenen Wunsch die Klinik. Nichts dringt von dem Fall zunächst nach draußen, weil sich die Ärzte an ihre Schweigepflicht gebunden fühlen.

Was zu diesem Zeitpunkt niemand weiß: Der Mann trägt zwei weitere Plomben im Körper-buchstäblich Zeitbomben. Einen Tag später entfalten diese ihre mörderische Wirkung. In der Wohnung seines Bruders versagen einige Tage später mehrere Organe. Der 26-Jährige verliert das Bewusstsein, es besteht akute Lebensgefahr.

Er wird in die Brucker Kreisklinik gebracht. Bei einer Notoperation gelingt es den Ärzten, weitere Kokainplomben aus dem Magen und aus dem Darm zu entfernen. Erst nach drei Wochen kommt der Puchheimer wieder zu Bewusstsein. Die Ärzte übergeben das Kokain an die Polizei, es beginnen Ermittlungen.

© SZ vom 12.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: