Foodbloggerin Luisa Weiss:Von der Liebe und vom Essen

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Sieht lecker aus: Oft seien Foogblogs zwar chic anzusehen, die Optik täusche aber über die mangelhaften Informationen hinweg, sagt Luisa Weiss. (Foto: Johannes Simon)

Die Internet-Autorin hat als Mittdreißigerin ihr Leben aufgeschrieben. In der Fürstenfeldbrucker Aumühle erzählt sie über den Weg von Berlin über Amerika nach Berlin und wie sie in der Küche Krisen bewältigt

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Luisa Weiss gehört einer Zunft an, die Hunderttausende Mitglieder hat und ein Vielfaches an Anhängern. Luisa Weiss, 37 Jahre alt und aus Berlin, ist Foodbloggerin. Nicht eine wie die vielen modernen, verspielten und auf äußere Schönheit bedachten Homepagebesitzerinnen, sondern eine seriöse Beobachterin von allem, was mit Lebensmitteln und mit gutem Leben zu tun hat. Vor zehn Jahren hat die Tochter einer Italienerin und eines Amerikaners angefangen, klug und versiert aus der Food-Szene zu berichten, vor zwei Jahren ist dann ihr auf Englisch verfasstes Buch "My Berlin Kitchen" ins Deutsche übersetzt worden. Eine Frau mit verschiedenen Nationalitäten auf der Suche nach einer Heimat, eine spannende Biografie, die zu einer Einladung in die Stadtbibliothek Fürstenfeldbruck führte.

Das Bloggen, also das regelmäßige Verfassen von Texten auf einer eigenen Seite im Internet, ist so beliebt wie einfach. Es gibt wohl kein Thema, das es nicht in einen Blog schafft. Von Arztbesuchen bis Zehennägellackieren ist alles dabei. Ausdrucksformen dafür gibt es für das eigene Tagebuch im Netz, so heißt das "Weblog" übersetzt, viele.

Bloggen in englischer Sprache

Es gibt knappe und lustige Blogs, es gibt aber auch langatmige, textlastige Philosophierereien, aus denen man als User ganz schnell wieder aussteigt. Und es gibt die, die bei Instagram ihren Mikro-Blog gefunden haben und alles via Foto mitteilen. Luisa Weiss nun ist eine Bloggerin, die früh damit angefangen hat. Zehn Jahre sind im Netz viel Zeit. "Ich dachte, es gäbe schon 100 und ich wäre die Hunderterste", sagt die Autorin.

Die Liebe zur Küche, zum Essen wollte sie für alle zugänglich ausdrücken und schuf ihrem Blog mit dem Namen "The Wednesday Chef". Sie schreibt ihn auf Englisch, der Sprache ihres Vaters, mit dem sie im Alter von drei Jahren nach der Scheidung der Eltern nach Boston zog.

Luisa Weiss sagt, sie lege größeren Wert auf den Inhalt von Foodblogs als auf das Aussehen einer Homepage. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Nachdem sie in Berlin, wo sich ihre Eltern kennengelernt hatten, aufgewachsen war, wurde die Stadt im Osten der USA die zweite Heimat, ehe sie nach einem Studium in New York, einem Aufenthalt in Paris dorthin zurückfand, wo sie zuerst lebte und wo sie als kleines Mädchen die Liebe zum Kochen entdeckte: Berlin. Sie fand dort - nach einer vorausgegangenen schmerzhaften Trennung - einen neuen Mann, Max, und sie wurden ein Paar und bekamen Hugo, den Sohn, der schon als kleines Kind wie die Mama alles essen mag.

Intime Momente

Das alles beschreibt Luisa Weiss autobiografisch in "My Berlin Kitchen", aus dem sie einige Kapitel im Lesecafé vortrug. Es ist, wie der Untertitel verrät, "Eine Liebesgeschichte". In vielfältiger Hinsicht: Zunächst ganz offensichtlich, denn Weiss lässt ihre Leser an dem intimen Moment teilhaben, in dem die Liebe ihres Lebens jene Frage stellt, die ihr weiteres Leben und Zusammenleben bestimmen wird.

Der berühmte rote Faden ist aber die Liebe zur Küche, zum Kochen und zum Essen, der ihr ganzes Leben bestimmt hat. Ob es das Omelette mit Konfitüre für die Dreijährige ist, das sie in einer Charlottenburger Wohnung 1980 bekommt oder ob sie sich als Studentin in Paris selbst einen "Kriseneintopf" nach einem Rezept ihres Vater kocht, stets erinnert sie sich an Situationen, in denen gutes Essen eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Rolle spielt. Luisa Weiss hinterlässt bei ihrem Besuch in der Aumühle dennoch nicht den Eindruck, dass ausschließlich das Kochen ihr Leben bestimmt. Es ist ein Teil, auch der berufliche. Zwar verdient sie mit dem Bloggen nichts, weil ihre Seite werbefrei ist, aber es ist für sie eine Marketingplattform, über die sie Aufträge bekommt.

Backbuch für den US-Markt

Zum Broterwerb hat sie in den vergangenen 17 Monaten ein Backbuch geschrieben. In Englisch natürlich, denn das Werk "Classic German Baking" ist nicht für ihre alte/neue Heimat Deutschland gedacht, sondern für die ihres Vaters. Das Buch über die deutsche Backkunst ist für den amerikanischen Markt. Dort, wo sie das Vollkornbrot so schmerzlich vermisst, wo sie die Vielfalt an Backwaren nicht bekommt, wie sie sie in Berlin beim Bäcker um die Ecke in der Auslage hat.

Luisa Weiss, My Berlin Kitchen - Eine Liebesgeschichte, Limes-Verlag München 2013, 14,99 Euro.

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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