Bahn:Notlösung für die Pendler

Lesezeit: 3 min

Im Bahnhof Fürstenfeldbruck wird heute keine S-Bahn aus München mehr halten. (Foto: Johannes Simon)

Während der Bauarbeiten auf der S-Bahnlinie 4 sollen Züge durch Busse ersetzt werden. Doch deren Fahrplan erscheint Experten noch nicht ausgereift

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Als "Mogelpackung" hat der Bahnexperte Ralf Wiedenmann den Schienenersatzverkehr für die S 4 in den Pfingstferien kritisiert. Der angekündigte Halbstundentakt mit Zug und Bus sei faktisch ein Stundentakt, weil der Bus auf der Strecke von Buchenau bis Pasing fast eine Stunde brauche und zur gleichen Zeit wie die S-Bahn ankomme, die 40 Minuten später losfahre. Ein Sprecher der Bahn AG verteidigte die Busse dagegen als "ideale Zwischenangebote" für Pendler.

Die Bahn AG lässt im Frühjahr und Sommer die Strecke zwischen Puchheim und Grafrath reparieren. In den Pfingstferien werden die Gleise im Brucker Bahnhof erneuert. In dieser Zeit verkehrt die S-Bahn zwischen Pasing und Geltendorf im Stundentakt. Zusätzlich fahren zwischen Pasing und Buchenau stündlich Busse. Dadurch ergeben sich zwischen Buchenau und Pasing zwei Fahrten in der Stunde, abwechselnd mit S-Bahn und Bus.

Wiedenmann kritisiert ebenso wie Reinhold Koch, Fraktionssprecher der UBP im Puchheimer Stadtrat, dieses Angebot als nicht ausreichend. "Es ist damit zu rechnen, dass Leute, die den Fahrplan studieren, die S-Bahn benützen oder gezwungenermaßen auf das Auto umsteigen. Der Bus wird wohl nur für ganz wenige Fahrgäste einen Nutzen haben, die etwa von Buchenau nach Puchheim wollen", schätzt Wiedemann, der aus Puchheim stammt und sich in der Schweiz bei einem Fahrgastverband engagiert. "Für Fahrgäste, die bis nach Pasing oder darüber hinaus fahren wollen, ist der Bus völlig sinnlos. Chaos ist also programmiert", warnt er.

Früher mit dem Bus loszufahren, aber mit der späteren S-Bahn gleichzeitig in Pasing anzukommen, sei "wenig sinnvoll", sagte auch Hermann Seifert der SZ. Der ÖPNV-Experte im Landratsamt meint, der Einsatz der Busse wäre nur zwischen Bruck, Eichenau und Puchheim nützlich, nicht aber die Weiterfahrt nach Pasing.

Dagegen geht die Bahn AG davon aus, dass "viele tausend Pendler" mit Start oder Ziel in Aubing, Puchheim oder Eichenau unterwegs sind. Auch würden Pendler "in nicht unerheblicher Zahl" in die Kreisstadt Fürstenfeldbruck fahren. "Für diese Fahrgäste stellen die Busse ideale Zwischenangebote dar", sagte ein Sprecher der Bahn der SZ. Interessant seien die Zusatz-Busse auch für Pendler aus Aubing, Puchheim und Eichenau, wenn sie von München nach Hause fahren, insbesondere wenn sie an der Hackerbrücke, Donnersbergerbrücke, am Hirschgarten oder in Laim einsteigen wollen. An diesen Stationen wird die S 4, die oberirdisch am Hauptbahnhof startet, während der Pfingstferien überhaupt nicht halten. Die Pendler könnten mit anderen S-Bahn-Linien nach Pasing fahren und in den Bus des Schienenersatzverkehrs umsteigen, erklärte der Bahn-Sprecher.

Wiedenmann schlägt vor, dass die Bahn zusätzliche Busse einsetzt, die zu den Bahnhöfen der S 3 und S 8 im Landkreis fahren. Diese Linien hätten in den Ferien mit dem 10-Minuten-Takt mehr als genug Kapazität. Einen ähnlichen Vorschlag hatte Landrat Thomas Karmasin (CSU) bereits für die Sommerferien gemacht, wenn auf der Strecke zwischen Bruck und Pasing überhaupt keine S-Bahn mehr fährt. Die Bahn hält diese Idee für "nicht zielführend". Diese Linien seien in der Hauptverkehrszeit bereits ausgelastet.

Der Puchheimer Stadtrat Koch hält das für fadenscheinig: Die Züge, die sonst auf der S 4 eingesetzt werden, könnten doch die S 3 und S 8 verstärken. Sollte die Bahn kein besseres Angebot zustande bringen. sollten Zeitkartennutzer und MVV-Abonnenten den Fahrpreis wenigstens anteilig ersetzt bekommen, findet Wiedenmann. "Denn dieses Angebot hat den Namen Ersatzfahrplan nicht verdient", meint er. Selbst der Streikfahrplan sei besser gewesen. Die S-Bahn München biete ihren Kunden ein "zumutbares Ersatzkonzept", beharrte dagegen der Sprecher der Bahn. Einschränkungen durch Bauarbeiten ließen sich nicht vermeiden, sondern nur "möglichst verträglich gestalten".

Was eine Entschädigung betrifft, so verwies er auf die üblichen Fahrgastrechte, die bei Verspätungen von mehr als einer Stunde greifen. Der Vergleich mit dem Streikfahrplan sei unpassend, weil während der Bauarbeiten nur die halbe Gleiskapazität zur Verfügung stehe. Unter Berücksichtigung des Regional- und Fernverkehrs seien nicht mehr Trassen für S-Bahnen vorhanden.

Was den Schienenersatzverkehr während der Bauarbeiten auf der S 4 in den Sommerferien betrifft, so laufen derzeit Gespräche zwischen Landratsamt, Bahn AG, MVV sowie den Kommunen, erzählte Seifert. "Das sind konstruktive Gespräche. Wir testen Varianten durch."

© SZ vom 23.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: