Kabarett:Klare Sache

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Auftakt zum Wettbewerb: Lars Redlich trat als erster Kabarettist auf und gewann gleich das Publikum. (Foto: Günther Reger)

Kabarett-Finale mit Lars Redlich und Katie Freudenschuss

Von Edith Schmied, Fürstenfeldbruck

Als erster Bewerber in einen Wettkampf zu starten, ist normalerweise ungünstig. Beim Paulaner-Solo- Nachwuchswettbewerb am Freitag war das für Lars Redlich kein Handicap. Der Berliner eroberte die Zuhörer im Sturm. Sie waren von dem langen Schlaks begeistert und wählten ihn mit überwältigender Mehrheit zum Kandidaten für die Endrunde im Oktober. Die Jury aus Rosa Wagner, Sylvia Ottes vom Kulturreferat München und dem Schauspieler Winni Frey, entschieden sich einstimmig für Katie Freudenschuss. Sie wird ebenfalls im Finale mitmischen. Der junge Belgier Olivier Sanrey und die trommelnden Wonnebeats bekamen zwar viel Applaus, doch für eine bessere Platzierung reichte es nicht.

Gut dass sich Lars Redlich nicht fürs Lehramt sondern fürs Kabarett entschieden hat. Obwohl, so ein Pädagoge würde vermutlich auch bei vielen Schülern punkten. Strubbeliges Haar, kleine Gitarre um die Schulter, mit einer geballten Ladung Musikalität ausgestattet und immer einen kessen Spruch parat. Mit dem Fürstenfeldbruck-Blues findet er auf Anhieb den richtigen Ton. Die Brucker zeigen Temperament und klatschen von Anfang an begeistert mit. Die Story von der einzelnen, verloren gegangenen Socke ist eigentlich ziemlich ausgelutscht, aber Redlich erschafft am Piano eine witzige, intelligente und rasante Ballade. Bei den Aufräumarbeiten rund um die romantische Oper schraubt er seine Stimme durch alle Tonlagen. Dann fragt er selbstironisch, "ist das alles echt" und legt eine temperamentvolle Tanzeinlage aufs Parkett.

Scherze mit Namen sind normalerweise verpönt. Nicht für Katie Freudenschuss. Ihren eigenen lebt sie ziemlich lustvoll aus. Was wird man mit diesem Namen? Anästhesistin, Rezeptionistin in der Samenbank oder doch Prostituierte? Da bleibt nur das Kabarett. Im zielorientierten Dialog mit ihrer Haut zieht sie über ihren Körper her, nimmt sich und ihr eigenes Geschlecht nicht ernst. Sie plädiert für mehr Hollywood im Alltag, den grundsätzlich positiven Blick, das theatralische Ausschmücken von Alltagssituationen. Bei ihrer Zukunftsvision über die Traumfrau kommen die Männer schlecht weg. Aber sie macht das mit so viel Charme, sprachlichem und musikalischem Talent, dass auch die Derbleckten lachen können.

Ein Belgier in Deutschland. Kann das gut gehen? Wenn er einen derart verschmitzten Charme hat wie Olivier Sanrey, durchaus. Er erklärt uns die Eigenheiten seines Landes, die Langsamkeit, das Hinterherstolpern, das nicht auf dem neuesten Standsein. "Wir wollen auch abgehört werden", fleht er. Belgien sei der Gnadenhof für deutsche Politiker, die keiner haben will. Über Ursula von der Leyens Betonfrisur lästert er mitfühlend: "Die hat ja Helmpflicht". Die Zwietracht und Widersprüchlichkeit zwischen den drei Volksgruppen, Franzosen, Deutschen und Flamen bringt er gekonnt in einer parodistisch akrobatischen Version der belgischen Hymne auf den Punkt. Allerdings bei seinem Lieblingsthema, dem ICE und der Bahn, hält er sich zu lange auf. Andrea Schick, Julia Braun-Podeschwa und Barbara Fried beweisen als Wonnebeats viel Mut und hauen gehörig auf die Pauke und alles andere, was einen Ton von sich gibt. Sie machen das mit viel Spaß und Temperament, aber angesichts der starken Konkurrenz von lokalen Trommlergruppen, wirkt die Performance, wohlwollend formuliert, ausbaufähig. Die kubanische Version von "Gemma auf d' Wiesn" kommt dagegen viel spritziger daher.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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