Fürstenfeldbruck:Denkmalamt will Lichtspielhaus retten

Lesezeit: 3 min

Experten sprechen vom ältesten, erhaltenen Kino Bayerns. Doch der Bauausschuss will nur den Vorbau erhalten

Von Peter Bierl

Im LIchtspielhaus an der Maisacher Straße werden seit diesem Jahr keine Filme mehr gezeigt. (Foto: Günther Reger)

Das alte Kino an der Maisacher Straße in Fürstenfeldbruck soll nach Auffassung des Landesamtes für Denkmalpflege komplett in die Denkmalschutzliste aufgenommen werden. Es sei das älteste weitgehend erhaltende Kino in ganz Bayern, urteilen die Experten der Behörde. Im Stadtrat gehen die Meinungen auseinander. Alle sind sich einig, dass der Vorbau mit Foyer, Kasse, Garderobe und Toiletten geschützt werden sollte. Für den rückwärtigen Kinosaal, der im Bauausschuss am Mittwoch als "schnöder Kasten" bezeichnet wurde, konnte sich aus den Reihen von CSU, SPD, FDP und Grünen niemand erwärmen, sofern sich keine gewinnträchtige Nutzung finden lässt. Lediglich Planungsreferentin Gabriele Fröhlich (FW) verlangte, den ganzen Komplex zu schützen.

Die Eigentümer der Immobilie wollen zwei neue dreistöckige Gebäude auf dem Grundstück errichten, die zusammen mit dem Fronthaus für ein gemeinschaftliches Wohnen mehrerer Generationen dienen soll. Das Vorderhaus könnte als Gemeinschaftsraum genutzt werden, der Kinosaal soll komplett abgebrochen werden. Die Denkmalschützer dagegen will das Gebäude des Brucker Architekten Adolf Voll aus dem Jahr 1930 vollständig erhalten.

Die Behörde würdigt den T-förmigen Bau mit Walmdach als Werk der sachlichen Moderne, mit einer abwechslungsreich gestalteten Fassade und betont geometrischen Formen. Beinahe alle Türen und Fenster aus der Bauzeit, insbesondere die Doppeltüren des Kinosaals, seien noch erhalten. Der Saal habe eine Holzvertäfelung, die Decke stamme aus den 1950er-Jahren und zeige ein Rauputzfläche mit Bänderung und Medaillons sowie schalenartigen Messingleuchtern in der Mitte. Die Bühne sei unterkellert und von außen erschlossen. Das große segmentbogenförmige Flugdach sei typisch für die 1930er-Jahre, bei den Rundbogenfenstern habe Voll traditionelle Formen aufgegriffen und die Raumgliederung folge dem Vorbild des Theaters. Der historische Baubestand sei "ungewöhnlich dicht", heißt es in der Begründung. Nach Ansicht des Landesamtes stellt das Haus ein "wichtiges Zeugnis der Kinogeschichte in Bayern" dar, weil es als eines der ersten Tonfilmkinos errichtet und die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit überstanden habe.

Die Stadt soll nun eine Stellungnahme abgeben, die für das Landesamt aber nicht bindend ist. Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU) wertete den Denkmalschutz als "zu großen Eingriff für die Besitzerin". Er plädierte ebenso wie der Dritte Bürgermeister Ulrich Schmetz (SPD) dafür, nur den vorderen Teil zu erhalten. "Es gibt keine Alternative", befand Christian Stangl (Grüne). Ein Kino ließe sich in dem Haus nicht mehr rentabel betreiben und mit dem Saal könne man nichts anderes anfangen, lautete das Hauptargument im Ausschuss gegen eine Bewahrung des kompletten Gebäudes.

Die Verleihpraktiken großer Vertriebsfirmen, die verlangen, dass neue Blockbuster wochenlang und dauernd laufen, machen den Betrieb von Kinos mit nur einem Saal ökonomisch schwierig. Auch das Brucker Traditionskino besitzt nur einen Saal mit 280 Plätzen und einer 110-Quadratmeter-Leinwand. Außerdem hätte das Lichtspielhaus saniert und modernisiert werden müssen, mit Klimaanlage und Digitaltechnik, weil es kaum noch neue Filme als 35-Millimeter-Kopien aus Zelluloid gibt. Allein ein Digitalprojektor kostet rund 60 000 Euro. Darum hat auch Susanna Mair, die langjährige Pächterin, den Betrieb heuer aufgegeben.

Planungsreferentin Fröhlich präsentierte nun Stefan Döpke aus Gauting, der ein Programmkino mit digitaler und Zelluloid-Technik im alten Lichtspielhaus machen will. Er würde auch ältere Filme zeigen und die Vorstellungen so terminieren, dass ältere Menschen am Nachmittag kommen könnten. Döpke möchte einen kleinen Cafébetrieb ergänzen sowie mittelfristig einen zweiten Saal anbauen. Vorbild sei das Arena-Kino in München, das auch überlebt habe. Döpke hat jahrelang das Kino in der Pasinger Fabrik geführt und dann das Filmcasino in Gauting, mit ebenfalls nur einem Saal. Er wurde für sein Programmkino mehrfach ausgezeichnet, gab aber vergangenes Jahr in Gauting auf, wegen baulich bedingter Wasserschäden, wie es hieß.

Fröhlich plädierte dafür, das ganze Lichtspielhaus zu schützen und Döpke eine Chance zu geben. "Man kann von einem solchen Gebäude nicht einfach eine Scheibe abschneiden", argumentierte sie. "Ich verstehe Sie nicht, Sie liegen verkehrt", hielt ihr Hans Schilling (CSU), der zweite Bürgermeister entgegen.

In der Stellungnahme des Landesamtes heißt es, der Erhalt des Hauses liege im Interesse der Allgemeinheit. Eine Sanierung könnte gefördert werden, auch für eine öffentliche oder kulturelle Nutzung gebe es Zuschüsse von der Bayerischen Landesstiftung und dem Kulturfonds des Wissenschaftsministeriums.

© SZ vom 07.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: