Flüchtlinge:Plötzlich ohne Dach überm Kopf

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In dieses Haus an der Niblerstraße in Eichenau könnten bald Obdachlose einziehen. (Foto: Günther Reger)

Angesichts steigender Flüchtlingszahlen müssen sich Kommunen auf weitere Obdachlose vorbereiten. Wenn Unterkunftsplätze benötigt werden, müssen anerkannte Asylbewerber ausziehen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Es ist eine Situation, auf die sich Städte und Gemeinden im Landkreis nur schwer einstellen können: Obdachlosigkeit kommt nicht überall und jeden Tag vor, und in den meisten Fällen finden die Mitarbeiter in den Sozialämtern auch eine Lösung. Doch mit der steigenden Zahl anerkannter Asylbewerber oder geduldeter Flüchtlinge wächst in Kommunen wie zum Beispiel Eichenau der Druck, etwas zu tun. Dort wird nun zum ersten Mal eine eigene Unterkunft für Obdachlose in einem alten Haus hergerichtet, um "für alle Eichenauer", wie Bürgermeister Hubert Jung betont, eine zeitweilige Notunterkunft zu haben. Da auch die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft Eichenauer Bürger sind, ist die Gemeinde im Fall ihrer Obdachlosigkeit für sie verantwortlich. Bislang duldet das Landratsamt die sogenannte Fehlbelegung durch Flüchtlinge mit Anerkennungs- oder Duldungsstatus noch, was sich ändern könnte, wenn neue Flüchtlinge im Landkreis ankommen und Plätze in den Unterkünften benötigt werden.

In Eichenau steht die Gemeinde vor dem Problem, dass sie bislang keine Wohnungen für Obdachlose hatte und für Menschen, die etwa durch Zwangsräumungen obdachlos wurden, Zimmer in Pensionen anmietete. Das hat sich geändert, seit die Gemeinde ein Grundstück mit einem sanierungsbedürftigen Haus an der Niblerstraße erworben hat. Dieses Haus möchte sie für eine gewisse, momentan noch nicht genau abgegrenzte Zeit noch zu Wohnzwecken nutzen. Bis zu acht Menschen können dort untergebracht werden, wenn die notwendigen Arbeiten gemacht sind. Das kostet die Gemeindekasse schätzungsweise 16 000 Euro. Die Verweildauer in der Unterkunft wird mit zwei bis drei Monaten angenommen, es wird mit einer hohen Fluktuation gerechnet.

Kurzfristige Wohnmöglichkeiten sucht man auch in Germering, das von der Einwohnerzahl drei Mal so groß ist wie Eichenau und derzeit 55 Menschen betreut, die obdachlos waren oder geworden wären. Etwa die Hälfte sind Flüchtlinge aus der Asylbewerberunterkunft. Die Regierung von Oberbayern hatte anerkannten Flüchtlinge zwar weiter dort wohnen lassen, setzte sie aber vor die Tür, als neue Asylbewerber ankamen. Die Verantwortung ging sofort auf die Stadt über, für die es laut Bruno Didrichsons von der Sozialverwaltung immer schwieriger wird, Wohnungen zu finden. "Wer welche hat, soll sich melden", sagte Didrichsons.

In Germering, wie auch in anderen Kommunen, achten die Verwaltungen darauf, dass von Obdachlosigkeit bedrohte Mieter möglichst frühzeitig betreut werden, damit es erst gar nicht zu einer Zwangsräumung kommt. Denn Mietschulden häufen sich nicht von einem Monat auf den anderen an, sondern der Prozess dauert eine Weile. In Germering, erklärt Bruno Didrichsons, könne man mit Darlehen helfen, im schlimmsten Fall natürlich auch mit einer Unterbringung in einer angemieteten oder städtischen Wohnung. Dass es sich dann um kurzfristige Vermietungen handelt, wie in Eichenau angegeben, kann Didrichsons nicht bestätigen. Bei der Wohnungssuche würden eigene Wohnungspaten helfen, Flüchtlinge könnten auf die Hilfe des Projekts der Integrationslotsen rechnen.

Die Frage, wie es sich in einer Notunterkunft lebt, haben sich diese Woche in Eichenau auch die Gemeinderäte gestellt, die der minimalen Sanierung des kürzlich gekauften Hauses zustimmten. Schließlich muss so eine Obdachlosenunterkunft nur den Mindestanforderungen einer menschenwürdigen Unterbringung genügen, wie es unter anderem in Informationen der Stadt Olching dazu heißt. Obdachlose müssen deshalb ihre Ansprüche darauf einstellen und sich auch mit einer Unterbringung im Wohncontainer zufrieden geben. In Eichenau will man dennoch etwas mehr tun und auch Warmwasser in der Gemeinschaftsküche und im Gemeinschaftsbad zur Verfügung stellen. Nur dann nämlich ist es auch möglich Familien mit Kindern dort wohnen zu lassen.

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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