Fürstenfeldbruck:Männer, die auf Fliegen starren

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Ein Köder von Philipp Goralski, der mit seinem Stand auf der Erlebniswelt Fliegenfischen vertreten ist. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Erlebniswelt-Messe im Veranstaltungsforum hat sich in der internationalen Szene einen Namen gemacht. Mit einem speziellen Programm sollen auch Frauen für dieses Hobby begeistert werden.

Von Elisabeth Grossmann, Fürstenfeldbruck

"Die Erlebniswelt Fliegenfischen ist wie das Mekka des Fliegenfischens", sagt Eva Bellmann, Angellehrerin aus Nordrhein-Westfalen. Die Messe in Fürstenfeldbruck sei ein Begriff für jeden Fischer und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Mehr als 100 internationale Aussteller sind bei der 19. Auflage am Samstag und Sonntag vertreten. Das Veranstaltungsforum hat keine Mühen gescheut, um aus dem Klostergelände ein Fischerei-Paradies zu zaubern: Wurfvorführungen in einem großen, extra für die Messe angelegten Pool, Workshops für Frauen und Kinder, Wettbewerbe, Vorträge, Verkaufs- und Ausstellungsstände, Podiumsdiskussionen, Testplätze und eine Sonderausstellung. An den Ständen werden Bekleidung, Angelruten, Köder, Fachliteratur und Gemälde verkauft. Einen großen Teil der EWF machen die Fliegenbinder aus, die aus der ganzen Welt angereist sind.

Mehr Künstler als Verkäufer: Philipp Goralski demonstriert im Veranstaltungsforum sein spezielles Handwerk. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Das Fliegenfischen hat viel mehr mit der Natur zu tun als das normale Angeln", sagt der Fliegenbinder Philipp Goralski. Er stellt schon seit mehr als zehn Jahren auf der Messe aus und bezeichnet sich als Künstler, nicht als Verkäufer. Der 45-Jährige aus Mülheim an der Ruhr bindet die sogenannten Fliegen, also die Köder. Jeder Fliegenbinder habe seine eigene Art, diese zu fertigen. Die Fliegen sind entweder an natürliche Muster angelehnt und imitieren reale Insekten und Tiere oder rein fiktive Reizmuster. Je nachdem welchen Fisch man fangen will, müsse man den Köder spezifisch anpassen. "Diese Art von Fischen erfordert mehr Feinarbeit und mehr Wissen über die Natur", so Goralski. Man setzt sich nicht einfach an ein Gewässer und wartet, bis ein Fisch anbeißt.

"Die schwierigste Art, keinen Fisch zu fangen", nennt es der Hobbyfliegenfischer aus Dachau

Wenn man weiß, was man fangen will, muss man sich zuvor informieren, welche Insekten um welche Zeit in der Umgebung des Ziels leben, so Goralski. Dieses Insekt müsse man dann möglichst gut durch eine Fliege imitieren. Und wenn man dann mit dem passenden Köder vor Ort ist, muss man wissen, wie sich das Insekt verhält und damit dessen Verhalten nachahmen. Wenn man das alles berücksichtigt, habe man gute Chancen. "Und dann gehört auch noch Können dazu", sagt der 45-Jährige. Ob man etwas fängt oder nicht, hänge von vielen verschiedenen Faktoren ab und vor allem davon, wie viel man über die Natur weiß.

Jonas Hölz von Förg Flyfishing (links), beobachtet von Lorenz Hiller aus Dachau und Anastasia Calinciuc. (Foto: Elisabeth Grossmann)

Der Hobbyfliegenfischer Lorenz Hiller aus Dachau schließt sich Goralski an: "Fliegenfischen ist die teuerste und schwierigste Art, keinen Fisch zu fangen." Eine Rute bekommt man schon für 100 Euro, nach oben gibt es aber keine Grenze. Der 31-Jährige ist zur Messe gekommen, um verschiedene Modelle zu testen. Auf der Amperwiese können Besucher die Ruten von 21 Firmen aus aller Welt ausprobieren. Händler Jonas Hölz zeigt Hiller einige Exemplare von unterschiedlichem Niveau und Preisklasse. "Man merkt da extreme Qualitätsunterschiede, das ist klar", sagt der Dachauer. Auch der Schwede Marcus Bohlin ist mit seinen Produkten auf der Amperwiese. "Wir sind zum ersten Mal hier, aber schon jetzt sehr zufrieden mit den Rückmeldungen", sagt der 44-Jährige.

Das Besondere am Fliegenfischen ist laut Lorenz Hiller die Gemeinschaft. Unter den Fischern halte man stets zusammen und tausche sich ständig aus. "Wir sind aber auch ein besonderer Schlag von Menschen", so Hiller. Verglichen mit anderen Anglern seien Fliegenfischer ruhiger und naturverbundener. Seine Frau Anastasia Calinciuc, 27, begleitet ihn zur Messe. Sie ist auch Anglerin, konnte sich aber noch nicht fürs Fliegenfischen begeistern.

Eva Bellmann am Stand des Frauenprogramms. (Foto: Elisabeth Grossmann)

Diese Begeisterung in den Frauen zu wecken ist Eva Bellmanns Ziel. Die 48-jährige Angellehrerin ist zum ersten Mal als Betreuerin auf der Messe und dafür extra aus Rostock angereist. Ein Frauenprogramm gab es schon im vergangenen Jahr, es wurde aber heuer erweitert. Der Frauenanteil in Angelschulen und Vereinen steige jährlich, sei jedoch immer noch relativ niedrig. Das möchte sie ändern. "Frauen kommen meist über Männer zum Fischen und werden dann von ihnen unterschätzt", sagt Bellmann.

"Frauen kommen meist über Männer zum Fischen und werden von ihnen unterschätzt"

Mit ihrem "Ladies' Programm" wolle sie Berührungsängste reduzieren und die Frauen stärken. Sie vermittle ihnen genau das gleiche Wissen wie den Männern, nur eben von Frau zu Frau, sagt die 48-Jährige. Frauen seien im Prinzip sehr fürs Fliegenfischen geeignet, weil sie meist eine sensiblere Feinmotorik hätten als Männer. Trotzdem seien sie oft nicht so akzeptiert. In den Workshops vermitteln Bellmann und ihre Partnerinnen Wissen über die Gerätschaften, verschiedenen Techniken, Gewässerkunde und Fliegenauswahl für Anfängerinnen und Fortgeschrittene.

In der Tenne dreht sich alles um die perfekte Ausstattung für dieses besondere Hobby. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Ehepaar Attig reist schon zum 19. Mal aus dem Oberallgäu nach Fürstenfeldbruck, nur für die EWF. Das Besondere an der Messe sei, dass man jedes Jahr die selben Leute treffe, mit denen über die Zeit bereits Freundschaften entstanden seien, so Attig. Der 74-Jährige fischt hobbymäßig, seine 77-jährige Frau teilt die Leidenschaft nicht. So scheint es bei vielen der Besucherinnen zu sein: Denise und Karin aus Sachsen sind nur zur Messe gekommen, weil ihre Männer fliegenfischen, und vertreiben sich die Zeit lieber an einem Whiskeystand als mit dem Frauenprogramm. Auch Janina aus Wolfratshausen begleitet ihren Freund auf die EWF, selbst interessiert sie sich nicht fürs Angeln.

Im Obergeschoss der Tenne findet an beiden Tagen ein "Kinderfliegenbinden" statt. Lara Schreiber ist verantwortlich für die Koordination und Organisation des Programms, an dem jedes Jahr Mädchen und Jungen aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Leistungsniveaus teilnehmen. Die 25-jährige Biologiestudentin hilft seit ihrem 17. Lebensjahr ehrenamtlich beim Workshop und dem Wettbewerb, bei dem die Kinder und Jugendlichen ihr Können beim Binden der Köder unter Beweis stellen. Alle 45 Minuten kommen Profibinder von den Ausstellerständen und unterstützen den Nachwuchs. Die 25-Jährige sagt: "Viele der Kinder kommen zu uns, weil ihre Väter am Fliegenfischen interessiert sind. Meistens sind es die Väter." Sie schätzt, dass etwa 80 Prozent der Kinder wiederkommen. So wie wohl auch die meisten erwachsenen Besucher, die sich schon auf die Jubiläumsmesse im kommenden Jahr freuen.

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