Olching:Hilfestellung für Mütter und Väter

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In und um Olching sowie in München kümmern sich zurzeit 14 Mitarbeiterinnen um 30 Familien. Sie basteln auch mal mit den Kindern. (Foto: Simona Kehl/Familienpflegewerk)

Die Geburt eines weiteren Kindes, eine unvorhergesehene Erkrankung oder eine Operation: In solchen Fällen bietet das Familienpflegewerk seine Dienste an.

Von Clara Dünkler, Olching

"Ich hatte das Gefühl, alles allein schaffen zu müssen", sagt Susann Kunze-Nigg. Die Geburt ihrer Zwillinge im Februar 2018 brachte die damals 30-Jährige an ihre Belastungsgrenze. Die Dauerbereitschaft, die zwei Neugeborene beanspruchen, habe sie nicht mehr schlafen lassen und zu einem Zustand totaler Erschöpfung geführt. Ihr Ehemann habe sie nur bedingt unterstützen können, da er selbständig ist und Elternzeit für einen längeren Zeitraum nicht möglich gewesen wäre. Schwiegereltern und Eltern als Hilfe seien aufgrund von geografischer Distanz und hohem Alter auch keine Option gewesen. Kunze-Nigg stand der Herausforderung allein gegenüber. "Der Gedanke, Hilfe von außen anzunehmen, fiel mir schwer. Bis es gar nicht mehr ging." Über die Krankenkasse erfuhr die junge Mutter schließlich vom Familienpflegewerk. "Als Frau Kepurra mir sagte, ihre Einrichtung werde mich unterstützen, konnte ich mein Glück kaum fassen."

Ein Ausflug zum Kinderspielplatz entlastet die Eltern und lässt ihnen ein bisschen Zeit für sich oder für Erledigungen. (Foto: Simona Kehl/Familienpflegewerk)

Alexandra Kepurra ist seit 2013 Leiterin des Familienpflegewerks Olching und München. "Die Geburt eines weiteren Kindes, eine unvorhergesehene Erkrankung oder eine Operation - es gibt viele Gründe, wieso Familien der alltäglichen Belastung nicht mehr standhalten und auf Hilfe angewiesen sind", sagt die 42-Jährige. Ihre Mitarbeiterinnen springen ein, wenn Familien pädagogische, hauswirtschaftliche oder pflegerisch Unterstützung benötigen. In diesem Jahr feiert das Familienpflegewerk Olching sein 50-jähriges Bestehen.

In Frage kommen pädagogische, pflegerische und hauswirtschaftliche Bereiche

Familie Kunze-Nigg bekam zu Beginn jeden Tag für zehn Stunden Unterstützung durch eine Familienhelferin. Die Mutter der Zwillinge erinnert sich, dass der erste Tag schwer für sie war. Einblick in so intime Bereiche ihres Familienlebens zu gewähren, kostete Überwindung. "Rückblickend waren die vollkommen unbegründet." Ihre Erfahrung mit der Familienhelferin sei durchweg positiv gewesen. "Niemand versuchte sich in eine Mutterrolle hineinzudrängen, und meine Wünsche und Bedürfnisse wurden berücksichtigt." Helferin und Mutter entwickelten einen gemeinsamen Alltag, der einem Rhythmus aus Füttern, Ausruhen und Spielen folgte. "Endlich konnte auch ich selbst wieder zur Ruhe kommen und mich erholen, weil ich wusste, dass meine Kinder in guten Händen sind."

Alexandra Kepurra ist Einsatzleiterin der gemeinnützigen Gesellschaft für München und Olching. (Foto: privat/oh)

In Bayern gibt es ein Netz aus 22 Familienpflegewerken, die Teil des katholischen bayerischen Frauenbundes sind. Als solcher orientieren sie sich am Leitsatz von Ellen Ammann, die den Verbund 1911 gegründet hat. Ammann befand, dass soziale Arbeit nicht im "Dilettantentum" enden dürfe, denn sie sei elementar für den Menschen. Dementsprechend sind es ausgebildete Fachkräfte, die zum Einsatz kommen. Die Intensität der Betreuung hängt mit der Situation zusammen. Manchmal gehe es darum die Einkäufe zu erledigen, ein anderes Mal die Kinderbetreuung zu übernehmen, beim Putzen zu unterstützen oder in besonders schweren Fällen auch alle Bereiche abzudecken.

14 Mitarbeiterinnen betreuen 30 Familien - nicht nur in Olching und München

Die 14 Mitarbeiterinnen kümmern sich momentan um 30 Familien - nicht nur in Olching und München. "Wir sind eigentlich stark unterbesetzt. Die Nachfrage ist so hoch, dass wir eigentlich zehn zusätzlich bräuchten", erläutert Kepurra. Die Familienpflege sei heute noch genauso wichtig wie vor 50 Jahren, sagt sie. "Vielleicht sogar noch wichtiger." Die erhöhte Nachfrage nach ihrem Hilfsangebot erklärt sie sich auch durch gestiegene Zuwanderung. Viele der Familien seien neu in Deutschland und haben noch kein etabliertes soziales Netz aus Verwandten und Freunden. "Familien rufen an und erzählen, sie seien komplett allein."

Das Familienpflegewerk wird unter anderem von Krankenkassen, Pflegekassen und Jugendämtern finanziert. Allerdings nicht kostendeckend. "Deswegen sind wir immer noch auf Spenden und Zuschüsse angewiesen", sagt Kepurra. Zudem mangele es an Nachwuchs. Die schlechte Bezahlung mache den Job für Neueinsteigende unattraktiv, und natürlich sei es ein herausfordernder Beruf. Man tauche ein in den Alltag einer Familie, lerne die Kinder kennen und baue mit ihnen eine Beziehung auf Zeit auf. Die Vielschichtigkeit des Berufs sei aber auch bereichernd. Mitarbeiterinnen erzählen immer wieder, dass sie sich freuen, mit wie viel Dankbarkeit die Familien ihnen begegnen", berichtet die Leiterin.

Kunze-Nigg findet, dass der Beruf der Familienpflegerin mehr Wertschätzung verdiene. Es handele sich keineswegs um eine "kostenlose Haushaltshilfe", sondern um eine Fachkraft, die als solche anerkannt werden sollte. Sie ist ihrer Familienhelferin sehr dankbar. Aus der Zusammenarbeit entwickelte sich eine Freundschaft, und bis heute ist die Helferin wichtige Bezugsperson für ihre jetzt fünfjährigen Zwillinge.

Der Frauenchor der Münchner Polizei gibt an diesem Sonntag, 5. Februar, ein Benefizkonzert zu Gunsten des Familienpflegewerks Olching. Das Konzert beginnt um 18 Uhr in der Kirche Sankt Peter und Paul in Olching. Der Eintritt ist frei. Aufgeführt wird "Adiemus - Songs of Sanctuary" des walisischen Komponisten Karl Jenkins. Zudem liest Schauspielerin Monika Baumgartner.

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