Schule:Fachoberschüler wollen Vielfalt leben

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Couragiert gegen Rassismus (von links) Ron Otto, Simon Riedl, Thomas Mingos, Thea Hähle, Wolfgang Winter und Reinhard Wilhelm (beide Germeringer Tafel), Muhamed Krasniqi, Jürgen Vath und Stephanie Weiser (Foto: Til Wiesbeck)

Umfragen zeigen, wie sich Diskriminierung an der FOS Germering auswirkt. Jetzt ist die Schule Teil des Netzwerks "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".

Von Til Antonie Wiesbeck, Germering

"Ich war immer die Außenseiterin. Ich habe so viel ... nicht Hass, aber schon Kritik aus der Klasse bekommen", berichtet eine Schülerin in einer Sprachaufzeichnung. Damals habe sie noch nicht gewusst, dass sie Autismus habe. Eine weibliche Stimme erzählt, sie habe sich mit ihrer ersten Freundin immer umgeschaut, bevor sie sich küssten: "Wer könnte uns sehen?" Eine dritte Schülerin wird in einem Seniorenheim sexuell belästigt und beschreibt ihre Angst, es zu melden. Diese Erfahrungen zeigen, was Ausgrenzung und Diskriminierung anrichten können. Die Fachoberschule (FOS) Germering möchte dem etwas entgegensetzen: 72 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben dafür gestimmt, wie mehr als 4000 weitere Schulen Teil des Netzwerks "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" zu werden.

Dieses Bekenntnis ist nun auch sichtbar. Es gibt den Titel samt Urkunde, und es gibt ein Schild, das auf diesen mehrheitlich gewünschten Anspruch hinweist. Die Germeringer FOS sei divers, sagt Schülersprecherin Thea Hähle vor 250 Gästen in der Turnhalle der Realschule Unterpfaffenhofen. Hähle moderiert die Veranstaltung gemeinsam mit Lehrerin Lisa Da Silva Joao Lieberum. Divers heißt, dass, wie eine Umfrage unter mehr als 200 Teilnehmenden ergab, dass elf Prozent der Schülerinnen und Schüler muslimisch ist. Unter den 61 Prozent, die erklären, christlich zu sein, sind katholische, evangelische und orthodoxe Menschen. Andere gehören dem Hinduismus an. Neben heterosexuellen besuchen auch queere, homo-, bi- und asexuelle Menschen die FOS Germering. "Wir alle haben verschiedene Herausforderungen", erklärt Hähle. Einige Schüler haben zum Beispiel auch eine Lese-Rechtschreibstörung, ADHS oder Autismus. 70 Prozent der Befragten geben an, schon am eigenen Leib Diskriminierung erfahren zu haben. Dabei sind Mobbing, Sexismus und Rassismus die Formen, die die Befragten am meisten beobachten. Einige nennen auch Antisemitismus, Islamophobie und Ableismus, also die Diskriminierung wegen körperlicher oder psychischen Beeinträchtigung oder wegen Lernschwierigkeiten. "Es macht krank - psychisch und physisch", mahnt Da Silva Joao Lieberum.

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Deshalb setzt sich die FOS Germering aktiv gegen Diskriminierung und für soziale Gerechtigkeit ein, zum Beispiel mit Vorträgen des jüdischen Shoah-Überlebenden Abba Naor, Benefizveranstaltungen für Not leidende Menschen und der Kauf-Eins-Mehr-Aktion, bei der Schülerinnen im Mai Sachspenden für die Germeringer Tafel sammelten. Laut deren Leiter Wolfgang Winter hat die erfolgreiche Aktion gezeigt, dass Engagement Spaß machen kann. Die Germeringer Tafel übernimmt im Rahmen des Projektes die Patenschaft für die Schule, soll sie also in ihrem Engagement unterstützen.

"Glaubst du wirklich, ein aufgehängtes Schild macht die Welt besser?", bekomme Ron Otto, Regionalkoordinator des Netzwerks für Oberbayern, von manchen zu hören. Schild und Urkunde seien keine Garantie, sondern ein "Versprechen zum Aufbruch". Schulleiter Jürgen Vath versteht den Titel als Verpflichtung für die Gegenwart und Zukunft: "Nun liegt es an uns allen, dem Anspruch auch weiterhin gerecht zu werden."

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