Musik:Singen als Raum der Begegnung

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"Kommt, lasst uns singen!" lautet die Aufforderung des Inklusionschores "Oh Happy Day" für den Workshop im Emmeringer Pfarrheim. (Foto: Jana Islinger)

Der Inklusionschor "Oh Happy Day" bringt für einen Workshop im Rahmen der Kreiskulturtage Menschen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen zusammen.

Von Matthias Weigand, Emmering

"A-na-tu-pen-da Mwo-kozi" ertönt es schon von Weitem aus dem Pfarrheim in Emmering. Nach wenigen Takten muss Chorleiterin Alexandra Fischer die 70 anwesenden Sängerinnen und Sänger aber unterbrechen. Der Einsatz stimmt noch nicht und sie singt erneut die Melodie vor. "Anatupenda" bedeute "Er liebt uns". Und "Mwokozi" sei der Erlöser, erklärt Fischer den Text des Liedes "Anatupenda", das aus Tansania stammt. Schon geht es weiter für den Inklusionschor "Oh Happy Day - inklusiv mit Herz", der Interessierte an diesem Nachmittag zum gemeinsamen Workshop unter dem Motto "Kommt, lasst uns singen!" eingeladen hat.

"Barrierefreiheit soll es nicht nur in Bus und Bahn geben, sondern auch in der Freizeit, Kultur und im Arbeitsleben. Wir wollen als Modell dienen, dass es in anderen Bereichen auch klappen kann", beschreibt der Vereinsvorsitzende Hans Eller das Ziel des Inklusionschores. "Oh Happy Day" wurde 2014 unter der Trägerschaft der Caritas gegründet. Mit der Zeit wuchs der Chor auf mehr als 150 Mitglieder an und schuf neben einer Kindergruppe auch ein Projekt mit Geflüchteten. Als die Caritas 2020 verkündete, die Gruppe aufzulösen, gründeten einige Sängerinnen und Sänger einen eigenen Verein.

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Der "Oh-Happy-Day-Chor - inklusiv mit Herz" kann dank Spenden von SZ-Leserinnen und -Lesern eine eigene Ausrüstung anschaffen. Diese will er nun bei einem Auftritt in Emmering präsentieren.

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Im Raum singen Menschen mit unterschiedlichen Lebenshintergründen zusammen. Ob Kinder, Senioren, Menschen im Rollstuhl oder Menschen mit und ohne Behinderung, alle dürfen sich mittendrin fühlen. Es wird sich zur Musik bewegt, getanzt und darüber gelacht, wenn ein Ton einmal nicht sitzt. "In den Werkstätten gibt es auch Musik und Bands, aber da sind Menschen mit Behinderung immer nur in ihrer eigenen Blase. Aber hier im Chor kommen auch Menschen ohne Behinderung mit ihnen in Kontakt, was sonst ja nicht so der Fall ist", sagt Anne Rasmussen. Sie war seit der Gründung jahrelang im Chor aktiv und schaut heute nach längerer Pause wieder vorbei.

"Ich kann gar nicht so gut singen. Aber hier habe ich mich gleich getraut richtig loszulegen", sagt sie. Das Umfeld des Inklusionschores war für Rasmussen nichts Neues, denn sie arbeitet als Tanztherapeutin mit Menschen mit Behinderung. Eller hingegen hatte bis zum Eintritt in die Singgemeinschaft kaum Kontakt zu Menschen mit Behinderung. "Es braucht schon eine Gewöhnung aneinander. Doch durch das Musizieren lernt man viel schneller die Bedürfnisse des Anderen und lernt sich besser kennen", sagt er.

Der Chor gibt im Laufe des Jahres regelmäßig Konzerte. Vor jedem Auftritt gibt es sechs Workshops, in denen die Lieder einstudiert werden. Heute ist es bereits der dritte für das nächste Konzert am 15. Juni in der St. Josef Kirche in Holzkirchen. Gesungen werden dabei hauptsächlich Spiritual und Gospel-Songs, aber auch Klassiker wie "Imagine" und natürlich darf das Lied "Oh Happy Day" nicht fehlen, nach dem der Chor benannt ist. In der Songliste ist auch "Miteinander", den der Pianist des Chores Manfred Herrmann selbst geschrieben hat.

Niedrige Hürden

Die Hürden, um mitzumachen sind niedrig. Es wird keine musikalische Vorerfahrung benötigt. Fischer geht immer wieder durch die Reihen und hilft, die richtige Melodie zu finden. "Wir haben Menschen mit Behinderung dabei, die können gar nicht singen. Aber die singen im Geiste mit. Teilhabe steht immer im Vordergrund", sagt der Vereinsvorsitzende. Für das Engagement des Vereines wurde "Oh, Happy Day" 2022 mit dem Bürgerpreis des Bayerischen Landtags ausgezeichnet.

Thomas Rosner ist heute zum ersten Mal dabei. "Mir macht das Singen richtig Spaß. Ich habe auch gleich beschlossen, Mitglied im Verein zu werden", sagt er. Den Tag über sei gleich ein Gefühl des Miteinanders zu spüren gewesen. Inklusion sei für ihn ein Herzensthema, denn in seiner Arbeit als Personalchef habe er auch beruflich damit zu tun. Der Workshop ist Teil der Kreiskulturtage im Landkreis, die noch bis 20. Mai dauern. Dieses Jahr stehen sie unter dem Motto "Begegnung" - passend zu einem Inklusionschor.

Neben der Teilhabe für Menschen mit Behinderung profitieren nach Rasmussen vor allem Menschen ohne Behinderung von solch einer Begegnung. "Einen liebevollen Umgang kann man hier lernen. Und dass es in unserer hektischen Welt mal nicht alles so schnell gehen muss und nicht immer nur Leistung im Vordergrund steht. Ich merke im Umgang mit Menschen mit Behinderung, wie viel ruhiger und entspannter ich werde", sagt sie.

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