Emmering/München:Acht Jahre Freiheitsstrafe wegen Tötung des Bruders

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Schwurgericht verurteilt 30 Jahre alten Emmeringer, der betrunken und unter Drogen mit einer Machete auf den Älteren losging

Von Ariane Lindenbach, Emmering/München

Acht Jahre Freiheitsstrafe, davon zwei im Gefängnis und mindestens zwei in einer Entziehungsanstalt, muss der 30-jährigen Robert K. aus Emmering verbüßen, der im Oktober vorigen Jahres seinen Bruder in der gemeinsamen Wohnung mit einer Machete und mindestens zwölf Stichen getötet hat. Das Schwurgericht München wertete die Tat am Donnerstag als Totschlag. Es berücksichtigte, dass es zu der Tat eine lange Vorgeschichte gab und an dem Abend, es war K.'s 30. Geburtstag, beide alkoholisiert waren und unter Drogen standen.

Außerdem wird dem Angeklagten angerechnet, dass er die Tat von Anfang eingeräumt und am letzten Prozesstag zudem gestanden hat, dass sein Bruder ihn nicht angegriffen hatte, wie er zunächst behauptet hatte. "Sie haben sich selber durch Ihr Verhalten deutlich eine Strafmilderung erworben", erklärt die Staatsanwältin deshalb in ihrem Plädoyer. Diese Version passe auch viel besser zu den Indizien: K. hatte keine Angriffsspuren.

Unstrittig ist außerdem, dass die Vorgeschichte der Brüder eine große Rolle spielt. "Es ist wirklich aus einer familiären Situation heraus entstanden", ist die Anklägerin überzeugt. Weil die Eltern erst kürzlich verstorben waren, erst die Mutter, kurz danach der Vater, und der große Bruder offenbar alleine nicht klarkam, kehrte der Angeklagte zu ihm zurück. Zeugen beschrieben ihn als ordentlich und zuverlässig. Derweil herrschte in der Wohnung in Emmering unter dem Einfluss des Älteren zunehmend Unordnung; im Gerichtssaal fällt das Wort "Chaoswohnung". Beide konsumieren schon jung Alkohol, Haschisch und Kokain. Beide haben ein Faible für Waffen. Doch während der Angeklagte seine Lehre beendete, hat sein älterer Bruder die Ausbildung abgebrochen.

"Er war der aggressivere der beiden", sagt Rechtsanwalt Günter Reisinger über den Getöteten und verweist auf häufige Besuche der Polizei. "Das Gericht geht davon aus, dass sich die beiden zumindest nicht viel geschenkt haben", erklärt der Vorsitzende des Schwurgerichts, Thomas Bott. Die Richter gehen aber auch davon aus - ebenso wie die Staatsanwältin -, dass K. an jenem Abend von seinem Bruder provoziert wurde und dieser ebenfalls eine Machete in der Hand hielt. Die zwölf bis 13 Stiche, die durch den Körper bis auf den Parkettboden drangen, erklärt Bott unter Berücksichtigung des psychiatrischen Gutachtens und des Gesamtbildes, das während der vier Prozesstage entstanden ist, folgendermaßen: "Da ist die Wut durchgebrochen."

"Ich gehe nicht davon aus, dass der Getötete in dem Moment etwas getan hat, was ungewöhnlich war", lautet die Einschätzung der Staatsanwältin. "Es war halt in dieser Nacht das eine Mal zu viel." Der Verteidiger beschreibt es als "ein Ohnmachtsgefühl", das sich irgendwo aufstaue. Wie er unterstreicht, habe sein Mandant sein Leben bis zur Rückkehr zum Bruder ganz gut im Griff gehabt, doch von da an, "wurden die Probleme immer mehr". Er erklärt die Tötung, insbesondere die Vielzahl der Stiche, an die sich sein Mandant nicht erinnern kann, mit Wurt und Verzweiflung.

Die Prozessbeteiligten hatten sich vor den Plädoyers auf einen Strafrahmen von 7,5 bis 8,5 Jahren geeinigt; für Totschlag reichen die Strafen von fünf bis 15 Jahren Freiheitsstrafe. Außerdem verständigten sie sich darauf, dass der Angeklagte nach zwei Jahren Haft in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird. Also beantragen Anklägerin und Verteidiger je acht Jahren Freiheitsstrafe. Weil die Untersuchungshaft mitzählt, bedeutet das für Robert K., dass er noch 14 Monate im Gefängnis verbüßen muss. Sollte die Therapie danach gut anschlagen, könnte die Strafe bereits nach der Hälfte zur Bewährungs ausgesetzt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 06.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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