Jubiläum:Auf den Spuren Leonard Bernsteins

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Zum 200. Mal findet am Sonntag eine Eleven-eleven-Matinee in Olching statt. Nicht nur der Beginn um 11.11 Uhr ist ein Alleinstellungsmerkmal der Musikreihe geblieben.

Von Klaus Mohr, Olching

Am kommenden Sonntag findet im KOM die 200. Eleven-eleven-Matinee statt, und zwar in der Besetzung mit Barockvioline (Christoph Mayer) und Barockharfe (Johanna Seitz). Das Programm trägt den Titel "John, come kiss me now!" und verspricht "Spirit & Pleasure goes Folk". Dass dieses Jubiläum gefeiert werden kann, hängt mit einer künstlerischen Idee zusammen, die quasi von Tel Aviv ins oberbayerische Olching transferiert wurde: Wenn ein renommierter Künstler vor Ort lebt, der selbst an der Umsetzung in Israel beteiligt war, dann ist der Weg nicht weit. Michael Schopper, als Bassbariton auf Opernbühnen, bei Oratorien und als Liedsänger höchst aktiv, war als Künstler bei den vom Dirigenten und Komponisten Leonard Bernstein in den Siebzigerjahren initiierten Eleven-eleven-Matineen in Tel Aviv dabei.

Die Grundidee, breite musikalische Bildung dadurch zu ermöglichen, dass sich Künstler zusammenfinden, die aus Begeisterung gemeinsam Konzerte geben, wurde auch in Olching zur tragenden Säule. Schopper kennt durch seine rege Konzerttätigkeit eine große Zahl an ausgezeichneten Musikern, die er, dem Vorbild von Leonard Bernstein folgend, für die Sache begeisterte.

In Olching war zwar schon lange Bedarf, aber keine Heimat für kulturelle Veranstaltungen vorhanden. Im Jahr 2000 wurde aus einem Gebäude mit Rossstall die Kulturwerkstatt am Olchinger Mühlbach (KOM), ab 2002 fanden Sanierungsarbeiten unter dem Architekten und damaligen Kreisheimatpfleger Alexander Zeh statt. Als im Frühjahr 2004 nach sehr sensibler Restaurierung das KOM eröffnet wurde, waren zwar Räume da, aber noch wenige konzeptionelle Ideen. Michael Schopper wurde zum unermüdlichen Motor - und realisierte mit einem treuen Team Konzerte, die im Landkreis einmalig sind: Der Termin zur Matineezeit jeweils am Sonntag um 11.11 Uhr war und ist von keiner anderen Konzertreihe im Landkreis belegt. Der Grundgedanke, keinen Eintritt zu verlangen, sondern auf Spenden zu vertrauen, senkte für den einen oder anderen Olchinger sicher die Hemmschwelle für einen Besuch - und war zugleich ein sozialer Akt. Möglich wurde das, weil statt regulärer Gagen das freundschaftliche Zusammentreffen der Musiker im Vordergrund stand.

Michael Schopper transferierte die Idee der Eleven-eleven-Matinee von Tel Aviv nach Olching. (Foto: Johannes Simon)

Die erste Matinee fand im Februar 2005 mit dem Pianisten Michael Leslie und Beethoven-Sonaten statt. Durchschnittlich einmal im Monat wurde fortan eine Matinee veranstaltet, die Corona-Jahre ausgenommen. Und selbst da hielt man den Kontakt zum Publikum, indem die Verantwortlichen schnell auf Live-Stream-Konzerte umschalteten, immer zur gewohnten Zeit um 11.11 Uhr. Die Matineen haben unterschiedlichste Besetzungen und Programme mit einem Schwerpunkt auf Musik in historischer Aufführungspraxis. Und sie sind von Beginn bis zum heutigen Tag ausgezeichnet besucht.

Die Pianistin Varvara Manukyan spielte vor einem Jahr im KOM. Das Konzert wurde im Livestream übertragen. Im Vordergrund ist die Technik dafür zu sehen. (Foto: Leonhard Simon)

Als Mitstreiterin der ersten Stunde hat Gabriele Frank großen Anteil am Erfolg, über lange Jahre von ihrem Mann tatkräftig unterstützt. Seit 2017 ist zudem die Blockflötistin Tatiana Flickinger wesentlich in alle künstlerischen Entscheidungen einbezogen - und setzt beeindruckend fort, was Michael Schopper begonnen hat. Der Erfolg ist hier nicht zufällig, sondern das Ergebnis konsequenter konzeptioneller Arbeit. Sicher gibt es auch bei der Jubiläumsmatinee am Sonntag Prosecco, Parmesan und Grissini sowie die Künstler "zum Anfassen" - alles lieb gewonnene Markenzeichen dieser Konzertreihe.

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