Flüchtlinge in Eichenau:"Menschenunwürdige Unterkunft"

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Die Situation ukrainischer Geflüchteter war Thema in der Eichenauer Friesenhalle. (Foto: Günther Reger)

Eichenaus Bürgermeister Münster kritisiert, wie ukrainische Geflüchtete in der Budriohalle untergebracht sind.

Von Johanna Haas, Eichenau

Die Feldbetten sind 80 Zentimeter breit und 200 Zentimeter lang - nicht viel Platz zum Schlafen für die 88 Ukrainerinnen und Ukrainer, die in der Budriohalle in Eichenau Bett an Bett zusammenleben. Eine "menschenunwürdige Unterkunft" nennt Bürgermeister Peter Münster (FDP) in der Friesenhalle die Wohnsituation am Samstagabend beim Dialog über die Situation der Geflüchteten . Neben den drei Bürgermeistern, Mitgliederns des Asylhelferkreises und des Freundeskreises Wischgorod sowie dem Partnerschaftsreferenten Claus Guttenthaler (FW) sind viele Bürger gekommen, um die aktuelle Situation zu besprechen und Antworten zu bekommen. Denn viele von ihnen haben Ukrainer bei sich aufgenommen, fühlen sich von den Behörden und der Gemeinde jedoch im Stich gelassen.

Ibrahim El-Mahgary vom Asylhelferkreis berichtet, die Asylhelfer unterstützten momentan 300 bis 400 Geflüchtete aus vielen Ländern - vom Asylantrag bis hin zum Lernen der Sprache. Derzeit unterrichteten 45 Lernhelfer 56 Schüler aus der Ukraine - im Pfarrhaus und in der Volkshochschule. Noch während El-Mahgary erzählt, melden sich die ersten Besucher. "Ich habe das Gefühl, es gibt kaum Deutschkurse", sagt eine Frau, die eine kleine Familie bei sich aufgenommen hat. Die Gäste um sie herum nicken zustimmend.

Das sieht Katharina Eckert anders. Sie ist Lehrerin und gibt drei Mal die Woche Deutschunterricht für die Geflüchteten. Aber auch sie ärgert sich: "Zwar bekommen die Menschen in der Halle Deutschunterricht, aber den Bewohnern wäre es wichtig, dass die Kinder mal raus kommen, in die Schule gehen", sagt Eckert. Es sollen Willkommensklassen organisiert werden, jedoch nur dienstags und freitags für jeweils eine Schulstunde. "Da kann die Mutter dann einmal um die Schule laufen und das war's. Das ist viel zu wenig! Sie müssen mal aus dieser Halle raus", appelliert die Lehrerin an Bürgermeister Münster.

Flüchtlingslager: Auch in Hallen - hier in Eichenau - müssen Flüchtlinge aus der Ukraine im Frühjahr 2022 untergebracht werden. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Deutschlehrerin erzählt von grauenhaften Zuständen, die Stimmung gehe rapide bergab. "Die Kinder sind traumatisiert, erschrecken sich, wenn eine Tür zufällt." Sie habe es noch nicht übers Herz gebracht, den Menschen in der Halle zu sagen, dass ihre Kinder nur zwei Stunden in die Schule gehen dürfen, sagt Eckert weiter. Bürgermeister Münster erklärt, die Schulen und auch das Landratsamt weigerten sich, Schüler aufzunehmen. "Wir setzen uns nächste Woche zusammen, okay?", schlägt er vor.

Helferkreis und Freundeskreis Wischgorod hätten dasselbe Problem: fehlende Koordination, berichten El-Mahgary und Freundeskreis-Vorsitzende Susanne Gropp-Stadler. Nun gebe es für jedes Gebiet Verantwortliche - für Dolmetscher, Behörden, Deutschkurse, Studium und Arbeit. Die Kontaktdaten der Ansprechpartner könne man auf der Internetseite www.freundeskreis-wischgorod.de finden. Dass es organisatorische Probleme gibt, findet Gropp-Stadler nicht verwunderlich. "Ursprünglich wurde unser Verein zum Austausch von Jugendlichen zwischen Wischgorod und Eichenau gegründet", sagt sie. "Dann kam der Krieg und plötzlich hatte ich 860 Mails und 300 Anrufe, ob wir Menschen helfen können zu fliehen und ob sie bei uns wohnen können." Das habe alle Beteiligten vor große Herausforderungen gestellt. Doch in Eichenau gebe es viele Helfer.

Zweiter Bürgermeister Josef Spiess (CSU) sagt, er unterstütze die Geflüchteten, wo er könne. "Eigentlich bin ich nebenberuflich in der Budriohalle beschäftigt. Die Menschen da sehen mich öfter als meine eigene Frau." Die Stimmung nehme er ganz anders wahr als Lehrerin Katharina Eckert. "Da sind dann mal so kleine Unstimmigkeiten wie: Wieso hat der schon einen Koffer und ich nicht? Aber an sich ist die Stimmung gut", sagt der zweite Bürgermeister. Ob das wirklich so ist, könnten nur die Geflüchteten selbst sagen - von denen allerdings am Samstagabend keiner zu Wort kommt.

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