Egenhofen:Hoffen auf die Anerkennung

Lesezeit: 4 min

Gregor Grill vermehrt Saatgut. Ob er gut genug gearbeitet hat, legt eine Landesbehörde nach einer peniblen Prüfung fest

Von Ingrid Hügenell, Egenhofen

Wer Getreide anbauen und am Ende auch verkaufen will, kann nicht einfach irgendwelche Körner auf seinen Acker streuen. Er braucht zertifiziertes Saatgut einer bestimmten Sorte. So soll die Qualität des Anbaus und der erzeugten Lebensmittel gesichert werden. Gut möglich, dass ein Landwirt Weizen- oder Triticalesaatgut kauft, das Gregor Grill auf seinem Betrieb vermehrt hat. Wenn es zugelassen wird, was nicht immer der Fall ist.

115 Tonnen Winterweizen als Saatgut hat der Landwirtschaftsmeister und Agrarbetriebswirt heuer geerntet, und 65 Doppelzentner Triticale. Damit ist der 46-Jährige zufrieden. "Die Erntezeit ist die schönste Zeit. Du siehst, was du geschaffen hast", sagt er. "Das ist es, was mir an der Landwirtschaft gefällt und was mich fasziniert." Ein wichtiger Zweig seines Betriebs ist die Saatgutvermehrung. Doch noch ist unklar, ob er das Getreide, das er im Auftrag der Baywa vermehrt, tatsächlich als Saatgut verkaufen kann.

Am Rande des kleinen Dorfs Dürabuch, das zu Egenhofen gehört, steht eine große Anlage zur Aufbereitung von Getreide und anderen Körnern wie Raps. Gregor Grills Vater hat sie Mitte der Siebzigerjahre errichtet, das meiste ist aus Holz und wirkt mit den Rohren und Trichtern auf den ersten Blick wie eine Mühle. Doch die Körner werden nur gereinigt, nicht gemahlen.

Aus dem Hänger, mit dem sie vom Feld auf den Hof kommen, werden Getreide oder Rapssamen direkt in die Schüttgasse abgelassen. Von dort transportiert sie ein Elevator, ein geschlossener, senkrechter Aufzug, in Metallbechern 15 Meter nach oben. Aus der Höhe des Dachs fallen die Körner in die Reinigungsanlage. Zunächst werden taube, leichte Körner und Spreu abgesaugt, dann Steine abgesiebt, mit einem feineren Sieb halbe Körner und sogenannte Schmachtkörner, die nicht richtig gewachsen sind. Die Siebe kann Grill wechseln, je nachdem, was gerade gereinigt wird. Für Getreide verwendet er Siebe mit länglichen Öffnungen, für die kleinen, schwarzen Rapskörner solche mit runden Löchern. Schmachtkorn und halbe Körner nennt Grill "Hennawoazn", er verkauft diesen Weizen als Hühnerfutter.

Was als Saatgut verkauft werden soll, durchläuft die Reinigungsanlage dreimal. Anschließend schickt Grill eine Probe an die Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising. Die Kontrolleure der Landesbehörde prüfen die Reinheit der Probe, sie untersuchen die Keimfähigkeit und die Sortierung, also ob in der Probe wirklich nur die Körner von Weizen oder Triticale sind und ob sie alle etwa gleich groß sind. Wenn alles passt, bekommt die Charge die Anerkennung als Saatgut und kann als solches verkauft werden.

Um zu prüfen, ob Unkrautsamen in der Probe sind, "klaubt jemand 500 Gramm Getreide von Hand auseinander", erklärt Grill. Besonders gefürchtet sei die Verunreinigung mit Flug-Hafer, einem nahen Verwandten des vom Menschen genutzten Saat-Hafers, der sich stark ausbreiten kann. Wenn auch nur ein Flug-Hafer-Korn in der Probe gefunden werde, erhalte der Landwirt keinen Anerkennungsbescheid, sagt Grill. Amtliche Kontrolleure besichtigten unterm Jahr auch die Felder, berichtet der Landwirt, und wenn sie dort auch nur eine einzige Flug-Hafer-Pflanze fänden, führe das zur Aberkennung. Konventionelle Saatgutvermehrer wie Grill gehen deshalb mit Herbiziden gegen den Flug-Hafer vor. Gegen Pilzbefall werden Fungizide eingesetzt. Im ökologischen Landbau müsse man extrem hohen Aufwand bei der Aufbereitung des Saatguts treiben und das Unkraut mechanisch bekämpfen. Denn Qualität und Sortenreinheit gelte es auch dort zu sichern.

Beim Weizen müssen im Labor in zehn Tagen 95 Prozent aller Körner keimen, beim Triticale 85 Prozent. Voriges Jahr hat Grill die Anerkennung nicht erhalten. Seine Körner haben nicht gut genug gekeimt, sie waren wenige Prozentpunkte unter der geforderten Keimzahl. Das Triticale war plötzlich nur noch Tierfutter, statt 33 Euro pro Doppelzentner bekam Grill nur 16. "Das tut schon weh. Aber das ist das unternehmerische Risiko", sagt er und zuckt die Schultern. Beim Weizen traf es zum Glück nicht die ganze Ernte, eine Charge konnte er als Saatgut verkaufen. Zwei Drittel gingen als Mahlweizen an eine Mühle, für 19 Euro statt 26, immerhin. Grill vermutet, dass er zu aggressiv gedroschen und dabei zu oft der empfindlichen Keim geschädigt wurde. Heuer hat er deshalb den riesigen Mähdrescher so eingestellt, dass er vorsichtiger drischt. Anfang September wird er wissen, ob das geklappt hat und er seine Körner als Saatgut verkaufen kann.

Die gehen dann an die Baywa, die Grill mit der Saatgutvermehrung betraut hat. Dort werden sie mit Pflanzenschutzmitteln gebeizt und schließlich an die Landwirte verkauft, die schon im Oktober den Winterweizen oder nächstes Frühjahr Sommertriticale anbauen wollen.

Gezüchtet wird das Saatgut bei spezialisierten Züchtern immer wieder neu. "Das sind große Unternehmen. 50 bis 60 Sorten werden gezüchtet, bevor eine dabei ist, die angebaut werden kann", erklärt Grill. Mehrere Jahre dauert das. Auch Firmen wie Monsanto züchten Saatgut, das beispielsweise unempfindlich ist gegen Herbizide, die die Firma ebenfalls herstellt. Saatgutvermehrer, auch für Erbsen, Grassamen oder Ackerbohnen, gebe es drei oder vier im Landkreis, berichtet Grill, früher seien es mehr gewesen. Den Zuschlag, den sie von der Baywa bekommen, handeln sie gemeinsam jedes Jahr neu aus.

Grill baut auf seinem Hof auch Raps an, außerdem Brauweizen, den er an Mälzereien verkauft, und Mahlweizen zum Backen sowie Mais, Soja und Zuckerrüben. Er hat eine kleine Mühle gefunden, die ihm etwas von seinem Weizen separat mahlt und abfüllt, so dass er in seinem Hofladen Mehl verkaufen kann, das garantiert von seinen Feldern stammt. Der Raps, der von Aussaat bis Ernte fast ein Jahr auf dem Feld steht, geht zum Teil in eine Ölmühle. Die ganzen Körner werden aber auch in Rapskissen gefüllt, die man im Hofladen kaufen kann, und die in der Ergotherapie eingesetzt werden.

Die kleinen schwarzen Rapskörner können für die Ergotherapie oder für Rapskissen verwendet werden, die man im Hofladen kaufen kann. Das meiste bringt Grill aber in die Ölmühle. (Foto: Carmen Voxbrunner)
© SZ vom 17.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: