Digital:Stadträte wollen auch online tagen

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Brucks OB soll sich für die erforderliche Änderung der Gemeindeordnung einsetzen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Lockdown und abendliche Ausgangssperre ändern nichts daran, dass Stadt- und Gemeinderäte persönlich an Sitzungen teilnehmen müssen. Denn eine Abstimmung per Videokonferenz sieht die bayerische Gemeindeordnung auch in Krisen nicht vor. Noch jedenfalls, denn ginge es nach einer Mehrheit im Brucker Stadtrat, dann müsste die Gemeindeordnung zumindest in Pandemiezeiten mehr Raum lassen. Die Politiker haben am Dienstag einen Antrag der ÖDP-Fraktion befürwortet und Oberbürgermeister Erich Raff (CSU) beauftragt, sich für die Änderung des Regelwerks einzusetzen. Auf eine von Alexa Zierl (ÖDP) ebenfalls geforderte Petition an den Landtag, mit der den Forderungen Nachdruck verliehen werden sollte, wird verzichtet. Abweichende Meinungen wurden in Teilen der CSU, der Grünen, der Freien Wähler und der FDP laut.

Die Stadtverwaltung hatte den Vorstoß grundsätzlich positiv aufgenommen, vor allem mit Blick auf Sitzungsabsagen der zurückliegenden Monate, die mit der Pandemie begründet worden waren. Verwaltungschef Roland Klehr hatte aber bereits vor der Sitzung am Dienstag auf die gültige Rechtslage verwiesen, die wenig Spielraum lässt. Dieser zufolge ist eine Online-Schalte keine rechtssichere und damit zulässige Alternative zu Präsenzveranstaltungen. Bislang gilt das als Grauzone mit vielen Unbekannten. Was tun, wenn etwa die Internetverbindung mitten in der Abstimmung zusammenbricht? Ist es sinnvoll, unsichere private Rechner zuzulassen? Und wie ist das mit dem Datenschutz?

Mit Blick auf die vielen offenen Fragen empfahl die Verwaltung, den Weg über kommunale Organisationen wie Städte- oder Gemeindetag zu wählen und diese zu bitten, sich für die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen einzusetzen.

Bis es so weit ist, gilt Artikel 47 der Bayerischen Gemeindeordnung. Er besagt, dass ein Stadt- oder Gemeinderat "Entscheidungen nur in Sitzungen fassen kann und nur die persönlich anwesenden Gemeinde- beziehungsweise Stadtratsmitglieder stimmberechtigt sind". Baden-Württemberg freilich hat gezeigt, wie es gehen kann und in seiner Gemeindeordnung jüngst einen zusätzlichen Paragrafen eingefügt. Der erlaubt es, "Sitzungen des Gemeinderats auch ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum abzuhalten, "sofern eine Beratung und Beschlussfassung durch zeitgleiche Übertragung von Bild und Ton mittels geeigneter technischer Hilfsmittel, insbesondere in Form einer Videokonferenz, möglich ist".

Wie die Erfolgsaussichten des Fürstenfeldbrucker Vorstoßes einzuschätzen sind, ist offen. Zumal ein Gesetzentwurf der FDP von April 2020, der die Zulassung von Umlaufbeschlüssen und Videokonferenzen ermöglichen wollte, vom bayerischen Landtag abgelehnt wurde. Antragstellerin Alexa Zierl hält die Sache jedenfalls rein technisch für machbar und würde sich wünschen, dass die bayerische Digitalministerin Judith Gerlach den Kommunen ein landesweit einheitliches Online-Portal an die Hand gibt - analog zur Lernplattform Mebis, die auf die Bedürfnisse der Schulen zugeschnitten ist und nach Zierls eigener Erfahrung besser ist als ihr Ruf.

Für Bruck wäre eine Video-Schalte echtes Neuland. In den vergangenen Jahren hatten sich Alexa Zierl, Florian Weber (Die Partei) und Andreas Rothenberger, Referent für Bürgerbeteiligung (BBV), vergeblich stark gemacht für einen öffentlichen Livestream aus dem Sitzungssaal oder zumindest einen nachträglich abhörbaren Podcast

© SZ vom 28.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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