Digital:Ein Fest nach jeder Katastrophe

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Karin Wimmer-Billeter (links) moderiert das online übertragene Gespräch mit der ehemaligen Bibliotheksleiterin Barbara Staude. Screenshot: Franziska Schmitt (Foto: Franziska Schmitt, oh)

Ehemalige Bibliotheksleiterin Barbara Staude berichtet im Erzählcafé

Von Franziska Schmitt, Fürstenfeldbruck

Ein chinesisches Sprichwort lautet: Eine gute Sache kann auch eine schlechte Sache sein, eine Schlechte auch eine Gute. Letzteres bewies die Stadtbibliothek in der Aumühle in den vergangenen 30 Jahren einige Male. Jede noch so kleine oder große Katastrophe bot am Ende einen Grund für ein Fest mit reichlich kulturellem Angebot. Im Erzählcafé am vergangenen Wochenende berichtete die ehemalige Bibliotheksleiterin Barbara Staude, 74, von ihren Erlebnissen mit "Feuer, Ratten und Romanen" aus ihrer Zeit in der Stadtbibliothek.

Gemeinsam mit Bibliotheksleiterin Diana Rupprecht und Moderatorin Karin Wimmer-Billeter begrüßten sie die 30 Teilnehmer einer Videokonferenz. "Unmögliches möglich machen", sagte Staude, das sei für die Bibliothek nicht Neues. Eigentlich habe das Erzählcafé bereits im Frühjahr anlässlich des 30. Jubiläums stattfinden sollen. Nun sei es digital möglich. Die Chatfunktion des Programms wurde für Fragen genutzt, aber auch um Erinnerungen zu teilen. Mit Kaffee und Kuchen, wie es nun mal zum Erzählcafé gehört, musste sich zu Hause jeder zwischendrin selbst versorgen. Als Staude Bibliotheksleiterin wurde, standen die Bücher in Kisten verpackt im Rathaus. So waren nicht nur die Räume in der Philipp-Weiß-Straße neu, sondern auch die jährliche Kunstausstellung und Vorlesungen, die Staude ins Leben rief. Dies habe sie sich selbst als Ziel gesteckt, verriet Staude. Auch das Sortiment habe sie erweitert. Zuvor habe die Bücherei hauptsächlich Klassiker und Sachbücher geführt.

Neben Staudes Ambitionen hat auch der damalige Stadtrat die Entwicklung der Stadtbibliothek zu einem kulturellen Zentrum vorangetrieben. Die Entscheidung für die Aumühle 1985 als neuen Standort habe das vielfältige kulturelle Angebot erst ermöglicht, so Staude. Auch bei der Umstellung auf EDV und Bestandserweiterung habe sie auf die Unterstützung der Kommunalpolitik zählen können.

Die erste Katastrophe ereignete sich 1989, als das frisch sanierte Gebäude eines Nachts in Flammen stand. Der Turm brannte komplett nieder. Auch der Mitteltrakt war durch den Brand stark beschädigt worden. Auf der Krisensitzung beim Bürgermeister habe sie damals in ratlose Gesichter geblickt, erinnerte sich Staude. Zunächst sei unklar gewesen, ob eine Renovierung überhaupt möglich sei. Am Ende war es jedoch Glück im Unglück. Bereits ein Jahr später konnte die Bibliothek Teile der Aumühle beziehen. Um dies gebührend zu feiern, gab es eine Woche lang Konzerte und Vorlesungen in der Bibliothek. Die Einweihung des Turmes folgte drei Jahre später.

Anlass zur nächste Krisensitzung gaben Pfingsthochwasser und Ratten 1999. Das Lesecafé habe damals 60 Zentimeter unter Wasser gestanden, erzählt Staude. Der Bibliotheksbetrieb sei durch Stromausfall und Rattenplage komplett lahmgelegt gewesen. Trocknungsgeräte mussten aufgestellt werden. Danach seien Kammerjäger und Desinfektor gerufen worden. Die Feinreinigung habe das Bibliotheksteam dann selbst übernommen. Am Ende sei die Mühe mit einem Fest zur Wiedereröffnung belohnt worden.

Langweilig sei ihr in der Aumühle nie geworden, sagt Staude. Immer wieder seien sie auf neue Ideen für Veranstaltungen gekommen. Auch für die Zukunft wünsche sie der Bibliothek Teamgeist und Kreativität. Das habe in der Vergangenheit vieles möglich gemacht.

© SZ vom 27.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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